Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Jogis Boygroup macht Eindruck
Thomas Müller (29) ist auch in diesen Tagen ein gefragter Mann, denn er liefert ziemlich zuverlässig, was man sich von ihm erhofft – vor den TV-Kameras. Dort brilliert er in seiner stärksten Rolle: als Thomas Müller. Der Berufsfußballer Müller dagegen ist in die Jahre gekommen. Das Unberechenbare. Das Leichte. Das Besondere. Es war einmal. Müller ist Symbol einer überaus erfolgreichen Spielgemeinschaft, deren beste Zeit in der Vergangenheit liegt. Gegen Frankreich kam er nur zu einem Kurzeinsatz.
Vielleicht hat er damit seine Rolle gefunden. Seit Jahren läuft er seiner Form hinterher, als Typ für ein Mannschaftsgebilde ist er aber immer noch wertvoll. Wie einst Lukas Podolski im Spätherbst seiner Karriere, könnte nun auch Müller die wichtige Aufgabe zuteil werden, den Übergang zu moderieren. Denn die Zukunft hat unüberhörbar an die Tür geklopft. Vertreten durch Leroy Sané, Timo Werner, Thilo Kehrer, Niklas Süle und Serge Gnabry.
Junge, hungrige Spieler, die in ihren Vereinen nicht alle Stammspieler sind, weshalb Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff vor überzogenen Erwartungen warnt. „Wir müssen Geduld haben“, sagt er. „Ich bin stolz, wie die jungen Spieler das angenommen und ein gutes Spiel gemacht haben. Es ist ein Umbruch da. Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Weg gut weitergehen werden.“
Gnabry (23) vom FC Bayern München. Werner (22) von RB Leipzig. Sané (22) von Manchester City. Schier unbegreiflich, wie schwer sich Löw zumindest in zwei Fällen (Sané und Gnabry) getan hat, ihnen tragende Aufgaben zu geben. Und sie haben abgeliefert. Gewiss war das zum Teil zu verspielt, nicht kaltschnäuzig genug. Doch die Anlage ist unverkennbar. Da wächst etwas Großes heran. „Ich denke, dass wir in keinster Weise schlechter waren als Frankreich. Wir haben das Spiel gut gestaltet“, findet Gnabry. „Dann war es schwer. Wenn wir die Konter besser ausspielen, können wir sogar 2:0 in Führung gehen.“
Die Jungen, sie übernehmen Verantwortung. Und es gibt durchaus Anlass zur Hoffnung, dass die „Boygroup“Zuwachs bekommt und zum echten Männergesangverein wird. Nico Schulz (25) und Niklas Süle (23) haben Eindruck hinterlassen, und natürlich Matthias Ginter, (24). Der Profi von Borussia Mönchengladbach hat sich als Sachbearbeiter und nicht (wie andere) als Selbstdarsteller in der Defensive mit sehr starken Darbietungen empfohlen. Bliebe noch Julian Draxler. Der wäre zu gerne Anführer dieser neuen Generation. Dummerweise halten seine sportlichen Qualitäten bislang noch nicht mit seinem Ego Schritt. Aber auch das kann ja werden. Er ist schließlich auch erst 25.