Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Seehofer spielt auf Zeit
Der angezählte CSU-Chef dementiert, sich entschieden zu haben, und verweist auf nächste Woche.
BERLIN/MÜNCHEN Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer will sich auch weiterhin nicht festlegen, was einen Termin für seinen Rücktritt angeht, der in seiner Partei allgemein erwartet wird. Als „fette Ente“bezeichnete der Bundesinnenminister am Mittwoch Berichte, er wolle den Bezirksverbandsvorsitzenden der CSU bereits an diesem Wochenende verkünden, das Amt nach dem katastrophalen Abschneiden der Partei bei der Landtagswahl Mitte Oktober niederzulegen. Sein Chef habe sich noch nicht entschieden, versicherte ein Parteisprecher in München.
Bereits am Tag nach der Landtagswahl hatte Seehofer selbst einen Sonderparteitag ins Gespräch gebracht, bei dem es um strategische, inhaltliche und auch personelle Konsequenzen aus dem Abrutschen der CSU auf 37 Prozent gehen solle. Erst aber wollte Seehofer das Aushandeln des Koalitionsvertrages in München und die Bestimmung des Spitzenkandidaten der konservativen EVP-Parteienfamilie für die Europawahl 2019 abwarten.
Das eine bündelte die Kräfte in München, kam aber am Anfang dieser Woche mit den Unterschriften unter den Koalitionsvertrag und der Wiederwahl von Markus Söder als Ministerpräsident zum Ende. Das andere steht an diesem Donnerstag in Helsinki an, und zur Vorbereitung reisten Seehofer wie auch CDU-Chefin Angela Merkel bereits nach Finnland. Die Personalie hat für die CSU-Spitze besondere Bedeutung. Denn neben einer Zusammenführung von Partei- und Regierungsamt in der Hand von Söder war zuletzt in der Debatte um den Parteivorsitz auch eine Doppelspitze aus Söder und dem EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber favorisiert worden. Wenn Weber das Rennen in Helsinki macht, geht es im nächsten Schritt um einen Wahlsieg für die Europäische Volkspartei und in einem zweiten um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten für Weber. Ob aber bei dieser Perspektive die CSU von Brüssel aus geführt werden kann, erscheint vielen Christsozialen als fraglich. Damit hat diese Entscheidung auch Einfluss auf eine Nachfolgeregelung für Seehofer.
Dieser fügte nach den beiden zunächst genannten Schritten noch eine weitere zeitliche Hürde hinzu: Er wolle erst die Kabinettsbildung Anfang der nächsten Woche in München abwarten. Ob er das durchhalten kann oder nicht doch schon am Sonntag mit einer Entscheidung vor die Bezirksvorsitzenden tritt, blieb zunächst ungeklärt.
Formal geht es bei der CSU-Runde am Wochenende um die Aufstellung der Europakandidaten. Doch daneben werden sich die einflussreichen Bezirkschef sicher auch Gedanken um ihre Terminkalender machen. Dort fehlt derzeit noch der Eintrag „Sonderparteitag“. Viele rechnen mit Ende November.