Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Er fügte Farbflecke­n zu Kompositio­nen

Der Künstler Hermann-Josef Kuhna ist 73-jährig gestorben. Sein bekanntest­es Werk sind die bunten Mauern am Burgplatz.

- VON BERTRAM MÜLLER UND ARNE LIEB

Bekannt wurde Hermann-Josef Kuhna mit einem Werk, das zumindest von seiner Größe her nicht typisch für ihn ist: Das 320 Quadratmet­er füllende Wandgemäld­e „Rivertime“am Unteren Rheinwerft in Düsseldorf. Viele Jahre setzte er damit auf der Mauer am Burgplatz ein künstleris­ches Zeichen inmitten des Altstadt-Trubels, bis die Acrylfarbe verblasste und Schmierere­ien die Farbkompos­ition bis zur Unkenntlic­hkeit entstellt hatten. Kuhna erlebte im vorigen Jahr noch, dass sein langer Kampf für eine Wiederhers­tellung Erfolg hatte und das Werk für 260.000 Euro saniert wurde. Jetzt ist der Künstler 73-jährig gestorben.

„Rivertime“erstrahlt heute in zweiter Fassung, denn Kuhna hatte dazugelern­t: dass Acryl nicht das richtige Material für diesen Ort war und gegen Angriffe geschützt werden müsse. Er ersetzte die Farbtupfer durch Keramikele­mente, ließ sie durch einen Rahmen aus Edelstahl einfassen und versah sie mit einem Überzug gegen Graffiti.

Sein eigentlich­es Metier war zeitlebens die Malerei, von vornherein eine bestimmte Art. Auf Leinwänden fügte er Farbflecke­n und Tupfer jeweils zu einer Kompositio­n, die wie ein Mosaik wirkt. Wer lange genug auf ein solches scheinbar ungegenstä­ndliches Bild schaute, konnte daraus auch Figürliche­s lesen. Manchmal sprangen einem Konturen sogar ins Auge. Der frühere Documenta-Chef Manfred Schneckenb­urger entdeckte zum Beispiel in drei „Evas“von Kuhna Rundungen, die sich „bei viel sinnlicher Fantasie“auf einer Mittelachs­e erkennen lassen. Aus anderen Flecken-Bildern treten Landschaft­en hervor, zum Beispiel Rügen.

Die Mosaiktech­nik bringt es mit sich, dass sich in Kuhnas Werk auf dem Grat zwischen Gegenständ­lichkeit und Abstraktio­n Farben nicht überlappen und mischen. Wer aber ein paar Schritte zurücktrit­t, wird erkennen, wie sehr sie doch eine Kompositio­n ergeben.

Kuhnas Leben und seine künstleris­che Laufbahn lesen sich gleicherma­ßen bruchlos. Er kam am Silvestert­ag des Jahres 1944 in Thüringen zur Welt, studierte an der Kunstakade­mie Düsseldorf und übernahm 1979 eine Professur an der Kunstakade­mie Münster. Viele Jahre stellte er überwiegen­d im Rheinland aus, dann entdeckte ihn auch das Aus- land. Er hatte seine Fleckentec­hnik früh entwickelt und dann immer wieder variiert. Sein Interesse an Vincent van Gogh und seine Begeisteru­ng für Fossilien begleitete­n ihn dabei.

Kuhna war bis zuletzt produktiv. Sein Atelier und seine Wohnung befanden sich seit 1980 in einem ehemaligen Fabrikgebä­ude an der Kölner Straße am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of. Das Atelier hatte er nach einem großen Brand vor sieben Jahren neu einrichten müssen, einige mit Firnis getränkte Lappen hatten sich nach den Erkenntnis­sen der Ermittler in der Nacht selbst entzündet. Kuhna rettete sich in den Hinterhof.

Der Düsseldorf­er Galerist Alexander Fils berichtet, er habe noch vor einigen Tagen mit dem Künstler über eine neue Edition gesprochen. Hermann-Josef Kuhna, der vor zwei Jahren eine Ausstellun­g in Fils’ Galerie im Stilwerk bestritten hatte, habe von einer bevorstehe­nden Ausstellun­gsreihe in den USA berichtet und habe für 2020 eine große Ausstellun­g in Düsseldorf geplant. Kuhna sei positiver Dinge und schaffensf­reudig gewesen, sagt Fils. „Die Nachricht von seinem Tod ist ein ziemlicher Schock für uns.“

Nicht jeder fand Kuhnas Malerei so spannend wie er selbst. Sogar sein späterer Sammler Willi Kemp gestand, dass er, als er den Bildern erstmals begegnete, nichts mit ihnen habe anfangen können. Über die Jahrzehnte aber hat sich Hermann-Josef Kuhna mit seinem beharrlich­en Glauben an die Kraft der puzzlearti­g zusammenge­setzten Farben einen Platz in der Geschichte der modernen Kunst erstritten. Und mit „Rivertime“am Rhein hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany