Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Im FFT rumpelt Nirvana
Das Forum Freies Theater zeigt „The Future Was Us“. Die Performance möchte Parallelen zwischen dem Grunge der heute legendären Band Nirvana und der HipHop-Kultur ziehen. Dazu gibt es reichlich Livemusik.
Das ist eines dieser Stücke, für das sie das gesamte Publikum auf die Bühne bitten. Schlimmer Verdacht darum gleich zu Beginn: Mitmach-Theater!
Sie haben zwei, drei Mikrofone im Raum verteilt, und jeder weiß, es könnte sein, dass man eins davon gleich vors Gesicht gehalten bekommt. Es wird dann aber gar nicht mal so schlimm. Es gibt Bier aus einem Kühlschrank, man darf für die Flasche zahlen, was man will, und wer mag, nimmt sich am besten gleich eins. Macht vielleicht auch lockerer.
In den FFT-Kammerspielen feierte nun ein Abend der Choreographen und Performer Montserrat Gardó Castillo und Petr Hastik Premiere, „The Future Was Us“heißt die Konzert-Performance, die sie gemeinsam mit dem Musiker Teppei Ozawa auf die Bühne bringen. Sie wollen untersuchen, ob es Parallelen zwischen der Musik ihrer Jugend – dem Grunge der Band Nirvana – und dem zuletzt populären Trap gibt, einem Subgenre des HipHop. In beiden Kulturen etwa sind Do-It-Yourself-Konzepte weit verbreitet, das Selbermachen. Viele Trap-Künstler sind in den vergangenen Jahren berühmt geworden, als sie ihre Eigenproduktionen ins Internet stellten.
Ihren Aktionsradius haben Castillo, Hastik und Ozawa nach den Idealen des Punk ausgerichtet, worin Grunge wurzelte. Die Distanz zwischen Publikum und Musikern – die Performer treten zu Beginn als Band auf – ist auf ein Minimum reduziert, alle sind ja gemeinsam auf der Bühne. Man soll sich auf Augenhöhe begegnen.
Sie spielen „About A Girl“vom Nirvana-Album „Bleach“, und es rumpelt so schön wie bei dem Konzert einer Schulband im Pausenkeller. Dem Gegenteil von Könnerschaft wohnt zuweilen ja ein ganz eigener Zauber inne.
Tatsächlich sind diese wiederkehrenden Rockkonzert-Situationen die schönsten eines sonst recht strukturlosen Abends. In diesen Momenten kreieren sie eine Atmosphäre, auch weil das Publikum die Songs in- und auswendig kennt. Zwischendurch werden sie denn sogar von Freiwilligen als Karaoke-Versionen dargeboten, und während über die Bildschirme von Röhrenfernsehern die Songtexte flimmern, kann man
sich die Frage stellen, was sie einem heute eigentlich noch sagen. „Here we are now, entertain us.“Aus den desillusionierten Jugendlichen von einst sind ja längst Arbeitnehmer und Theatergänger geworden, und Nirvana-T-Shirts gibt es im Supermarkt. Außenseitertum – vorbei.
Ist denn nun Trap der neue Grunge? Richtig weiter bringt einen der Abend in dieser Frage nicht.
Es werden zwar ab und an die für Trap typischen basslastigen Beats eingespielt, und es gibt viele weitere Unterbrechungen zwischen den Nirvana-Blöcken, in denen es nicht um die Band geht. Verschränkt wird das eine mit dem anderen aber kaum. Allein die Kleidung der drei Performer verweist jederzeit auf die Gegenwart. Während sie die 30 Jahre alten Songs spielen, tragen sie Klamotten der Marken Gucci, Supreme und vom Fußballverein Paris Saint-Germain. Mode, die man auch aus Rap-Videoclips kennt. Nirvanas Kurt Cobain hätte sowas sicher nicht getragen.