Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Anleger können individuellen Risikoschutz selbst konstruieren
Mit einer kleinen Versicherungsprämie können sich vorsichtige Anleger gegen größere Aktienkursverluste absichern, ohne dabei auf die Renditechancen dieser Assetklasse verzichten zu müssen. In diesem Herbst dürften sich die Vorurteile vieler Sparer mal wieder eindrucksvoll bestätigt haben. Die Aktienmärkte sind unberechenbar, und größere
Korrekturen können niemals ausgeschlossen werden. Lässt sich über den ersten Punkt trefflich streiten, ist der zweite Aspekt sicherlich uneingeschränkt richtig. Gleichzeitig stellen Aktien langfristig
betrachtet aber eine äußerst chancenreiche Anlageklasse dar. Statt auf dieses Ertragspotenzial grundsätzlich zu verzichten, sollten sich aufgeschlossene Anleger deshalb lieber mit wirkungsvollen Absicherungsstrategien auseinandersetzen, wie Christine Romar von der Citigroup meint. Dabei spielt die Derivateexpertin unter anderem darauf an, dass sich durch die clevere Kombination von Discount-Zertifikaten und Put-Optionsscheinen „individuelle Risikoschutz-Investments“konstruieren lassen, mit denen Anleger den maximalen Verlust nicht nur klar vorhersehen, sondern auch individuell steuern können.
„Hierzu wird zunächst ein Discount-Zertifikat beispielsweise auf den Euro Stoxx 50 mit einem Cap deutlich oberhalb des aktuellen Indexniveaus erworben“, erklärt Romar. „Gleichzeitig kauft der Anleger dieselbe Anzahl an Put-Optionsscheinen (Bezugsverhältnis beachten) auf den ausgewählten Basiswert – und zwar mit identischer Fälligkeit. Der Basispreis des Verkaufsoptionsscheins sollte dabei in der Nähe des aktuellen Basiswertkurses liegen.“Steigt der Preis des Underlyings bis zur Fälligkeit an, verfällt der Put zwar wertlos, das Discount-Zertifikat vollzieht die positive Indexentwicklung aber nach und baut gleichzeitig den Discount ab. Geht es dagegen nach unten, sorgt der Put dafür, dass sich die Verluste in Grenzen halten.
Was sich auf den ersten Blick etwas kompliziert anhört, lässt sich an einem realen Beispiel leicht veranschaulichen. Bei einem aktuellen Indexstand von knapp 3200 Zählern kostet ein Discounter auf den Euro
Stoxx 50 (Bezugsverhältnis 0,01) mit Cap bei 7000 Punkten und Fälligkeit im Dezember 2019 (WKN CQ8DU4) aktuell 30,66 Euro. Gleichzeitig wird für 2,84 Euro ein Put-Optionsschein (WKN CX9P6A) mit gleicher Fälligkeit und einem Basispreis von 3200 Punkten erworben (Bezugsverhältnis ebenfalls 0,01). Insgesamt müssen somit 33,50 Euro investiert werden.
Zum Bewertungsstichtag am 18.12.2019 ergibt sich nun folgendes Bild: Notiert das wichtigste europäische Aktienmarktbarometer bei 3200 Punkten oder darunter, erhalten Anleger aus ihrer Kombination exakt 32 Euro ausbezahlt. Dabei spielt es keine Rolle, wo der Index genau notiert. Sind es beispielsweise 3000 Punkte, kommen 30 Euro aus dem Discounter und zwei Euro aus dem Put. Bei 2800 Zählern sind es vier Euro aus dem Verkaufsoptionsschein und 28 aus dem Zertifikat, usw. Dank dieser Mindestrückzahlung beträgt der maximale Verlust exakt (33,50-32,00)/33,50=4,5%. Der entsprechende Betrag entspräche bei einer Auto-Vollkaskoversicherung der Selbstbeteiligung, um die Anleger im Schadensfall nicht herumkommen.
Interessant wird es aber oberhalb von 3200 Punkten. Hier verfällt der Put zwar wertlos, der Verlust des Anlegers reduziert sich dank der Rückzahlung aus dem Discount-Zertifikat aber mit jedem zusätzlichen Indexpunkt um einen Cent, bis der Breakeven
bei 3350 Zählern beim Euro Stoxx 50 erreicht ist. Der maximale Auszahlungsbetrag ist durch den Cap des Discounters bei 7000 Indexpunkten vorgegeben. Dieser wohl lediglich theoretische Fall von 70 Euro je Papier hätte die Verdopplung des eingesetzten Kapitals zur Folge. „Gleichwohl wird deutlich, dass das maximale Gewinnpotenzial und der höchstmögliche Verlust in einem sehr asymmetrischen Verhältnis zueinander stehen“, wie Romar anmerkt. „Und genau das ist es, was die Strategie so interessant macht.“Dabei lässt sich die oben angesprochene „Selbstbeteiligung“durch die Wahl eines höheren Basispreises beim Put sogar noch reduzieren. Wird beim Verkaufsoptionsschein beispielsweise ein Strike von 3300 Punkten gewählt (WKN CX9P6E), steigt der Investitionsbetrag zwar auf 34,11 Euro an, was zu einer leichten Erhöhung des Breakeven führt, gleichzeitig reduziert sich das maximale Verlustrisiko aber auf nur noch (34,11-33,00)/34,11=3,3%.
Finanziert wird die Absicherung übrigens durch zwei Komponenten, wie Romar erklärt. Zum einen sei dies der Cap des Discounters, der aufgrund der weiten Entfernung zum aktuellen Indexstand allerdings nur sehr wenig beitragen würde. „Der bedeutendere Punkt ist vielmehr, dass die Anleger mit dem besagten Discount-Zertifikat an der Kursentwicklung des Euro Stoxx 50 und damit einem Kursindex partizipieren. Dividendenzahlungen fließen in dessen Berechnung nicht mit ein und können so über den Discount des Zertifikats zur Finanzierung der Absicherung, also des Put-Optionsscheins, eingesetzt werden.