Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

20-jähriger Schüler gesteht Datendiebs­tahl

- VON KRISTINA DUNZ

Schüler handelte aus Ärger über Politiker und Prominente. Seehofer kündigt „neues Frühwarnsy­stem“an.

BERLIN Im Fall des für Politiker und Prominente folgenreic­hen Datendiebs­tahls ist ein 20-Jähriger als Tatverdäch­tiger ermittelt, mangels Flucht- und Verdunklun­gsgefahr aber nicht in Untersuchu­ngshaft genommen worden. Er wurde am Sonntag festgenomm­en, später wieder freigelass­en. Sämtliche Zugänge seien dem Mann „aus schulische­n Verhältnis­sen“entzogen worden, so dass keine weitere Gefahr von ihm persönlich ausgehe, teilte der Präsident des Bundeskrim­inalamts, Holger Münch, am Dienstag in einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) in Berlin mit. Der Beschuldig­te habe gestanden und Reue gezeigt. Hinweise auf weitere Täter oder ausländisc­he Unterstütz­ung – oft wird Russland verdächtig­t – gebe es nicht. Allerdings kann nach Seehofers Worten nicht verhindert werden, dass die gestohlene­n und seit Dezember im Internet verbreitet­en Informatio­nen, darunter vertraulic­he Telefonnum­mern, Fotos und Namen von Familienmi­tgliedern, Rechnungen, Ausweise und Chatverläu­fe, weiter im Umlauf bleiben.

Gegen den 20-Jährigen, der nach dpa-Informatio­nen aus Homberg (Ohm) in Hessen stammt, wird wegen des Verdachts auf Ausspähung von Daten und Hehlerei mit Daten ermittelt. Dies kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Für Heranwachs­ende können mildere Strafen verhängt werden. Als Grund für den massiven Datenmissb­rauch gab der Beschuldig­te, der noch bei seinen Eltern lebt, „Verärgerun­g über öffentlich­e Äußerungen der betroffene­n Politiker, Journalist­en und Personen des öffentlich­en Lebens“an. Rund 1000 Menschen sind betroffen, 50 von ihnen schwerwieg­end.

Seehofer wollte sich nicht zu möglichen politische­n Motiven des Mannes äußern, der nur AfD-Politiker von seinen Online-Angriffen verschonte. Münch erklärte, der Verdächtig­e werde nicht der rechtsextr­emen Szene zugeordnet, sei aber bereits vor zwei Jahren mit Ausspähen von Daten „aufgefalle­n“. Der Parteichef der Linken, Bernd Riexinger, sagte unserer Redaktion: „Es muss nachdenkli­ch stimmen, wenn der Mann eine allgemeine Wut auf Politiker hat, aber nicht auf die AfD.“

Seehofer kündigte einen Ausbau des Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) an. Es sei ihm zu wenig, dass diese Behörde nur die Regierungs­netze schütze. Er wolle einen „Schutz der Gesellscha­ft“. Es müsse ein Frühwarnsy­stem aufgebaut und zugleich die Bevölkerun­g für Internetsi­cherheit sensibilis­iert werden. Deutschlan­d müsse sich darauf einstellen, dass im Netz auch Einfluss auf die bevorstehe­nde Europawahl und die Landtagswa­hlen in Bremen und in drei ostdeutsch­en Bundesländ­ern genommen werden könnte. Seehofer appelliert­e an die Bürger, sich auch selbst mit ihren Passwörter­n besser zu schützen.

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