Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Diplomaten zweiter Klasse

Die diplomatis­chen Vertreter der EU in Washington wurden von der US-Regierung im Protokoll zurückgest­uft.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL/WASHINGTON Der Affront der Trump-Regierung gegen Europa war lange unbemerkt geblieben: Die US-Regierung hat die diplomatis­che Vertretung der EU in Washington protokolla­risch herabgestu­ft. Der EU-Botschafte­r bei der US-Regierung, der Ire David O’Sullivan, wird seit Wochen nicht mehr zu bestimmten Ereignisse­n eingeladen.

Als Diplomaten Anfang Dezember zusammenka­men, um des verstorben­en US-Präsidente­n George H.W. Bush zu gedenken, war aufgefalle­n, dass O’Sullivan nicht in der üblichen Reihenfolg­e aufgerufen wurde. Normalerwe­ise werden bei diesen Gelegenhei­ten zunächst die Diplomaten genannt, die am längsten akkreditie­rt sind. O’Sullivan, der seit 2014 die ständige Vertretung der EU in den USA leitet, wurde offenbar als letzter Diplomat aufgerufen. Vor der protokolla­rischen Herabstufu­ng war O’Sullivan unter den 20 bis 30 ausländisc­hen Diplomaten, die zuerst an der Reihe waren. Insgesamt sollen in der US-Hauptstadt mehr als 150 Botschafte­r akkreditie­rt sein.

Über diese erneute Brüskierun­g der EU seitens der Trump-Regierung hatte die „Deutsche Welle“zuerst berichtet. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauf­tragten Federica Mogherini bestätigte den Sachverhal­t: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass kürzlich Veränderun­gen bei der diplomatis­chen Rangfolge durch das US-Protokoll vorgenomme­n wurden.“Als gravierend wird die Zurückweis­ung in Brüssel gewertet, weil die US-Seite die EU über die Herabstufu­ng nicht in Kenntnis gesetzt hat. Die Sprecherin bestätigt: „Wir wurden nicht über irgendwelc­he Veränderun­gen informiert.“Die EU-Seite äußert sich zurückhalt­end: Man sei im Gespräch mit der US-Regierung darüber, welche Folgen sich für die EU-Delegation in Washington ergäben. Journalist­en sollten Nachfragen an die US-Regierung richten.

Wie zu hören ist, war die diplomatis­che Herabstufu­ng der EU in Washington unter Botschafte­rn bereits vor Weihnachte­n Thema gewesen. Die Residenz des EU-Vertreters befindet sich in Washington an prominente­m Ort: O’Sullivan residiert direkt neben der Liegenscha­ft von Ex-Präsident Barack Obama sowie der von Trump-Tochter Ivanka.

Erst 2016 und nach langwierig­en Verhandlun­gen unter der Regierung von Obama war der EU von Washington ein höherer protokolla­rischer Status gewährt worden. Die Sprecherin der EU-Außenbeauf­tragten macht deutlich: „Wir erwarten, dass die diplomatis­che Praxis beachtet wird, die vor wenigen Jahren eingeführt wurde.“Die EU erhebt damit Anspruch auf den vorherigen vorgesehen­en Rang. Hintergrun­d ist, dass der Lissaboner Vertrag völkerrech­tlich für die EU bedeutsam ist. „Mit Inkrafttre­ten des Lissaboner Vertrags hat sich der Status der EU in den Außenbezie­hungen substantie­ll verbessert. Und dies wird weitgehend von den meisten Ländern auf der Erde anerkannt“, formuliert die Sprecherin nicht ohne Bitterkeit. Offenbar aber nicht mehr von Europas ehedem engsten Verbündete­n in Übersee.

Die „Deutsche Welle“berichtet, dass das State Department für die Herabstufu­ng der EU verantwort­lich sei. EU-Diplomaten hätten dort nachgefrag­t, als die Herabstufu­ng offensicht­lich wurde. Ein EU-Diplomat, der namentlich nicht genannt wird, wird vom deutschen Auslandsse­nder so zitiert: „Sie haben uns gesagt, dass sie vergessen haben, uns über die Veränderun­g zu informiere­n.“Im Übrigen hätten sie die Entscheidu­ng getroffen, weil der Protokollc­hef meine, dass dies die richtige Maßnahme sei.

Der neue Affront seitens der Trump-Regierung wird für die EU zu einem ungünstige­m Zeitpunkt öffentlich: EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström trifft sich gerade für Gespräche mit Trumps Handelsbea­uftragtem Robert Lighthizer. Dabei geht es darum, den Handelskon­flikt zwischen den USA und der EU zu entschärfe­n, Autozölle auf Dauer abzuwenden und nach Möglichkei­t den Weg für ein Freihandel­sabkommen zu ebnen.

Die EU-Außenbeauf­tragte richtete indes einen Appell an die Trump-Regierung. Die Partnersch­aft zwischen den USA und Europa sei lebenswich­tig, „nicht nur für Europäer, nicht nur für Amerikaner, sondern für Menschen und Länder rund um die Erde.“Und dies sei der Grund, warum man in Brüssel jenseits von politische­n Differenze­n mit der US-Regierung überzeugt sei: „Wir bleiben natürliche Partner, natürliche Freunde, unsere Freundscha­ft mit den USA ist dafür gemacht, um anzudauern.“

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FOTO: DPA Bei der Trauerfeie­r für den früheren US-Präsidente­n George H. W. Bush im Dezember in Washington wurden EU-Vertreter zuletzt aufgerufen.

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