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Bund soll bei Commerzbank aussteigen
Vor zehn Jahren rettete der Staat die Bank vor dem Kollaps. Jetzt fordern Politiker zum wiederholten Mal den Rückzug. Doch der Aktienkurs ist im Keller und damit ein gewinnbringender Anteilsverkauf nicht in Sicht.
FRANKFURT Zehn Jahre nach der Teilverstaatlichung der Commerzbank fordern Politiker den Ausstieg des Staates. Die Beteiligung des Bundes sei kein Dauerzustand, sagte Antje Tillich, finanzpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag, dem „Tagesspiegel“. Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar, plädierte darin für eine „klare Strategie“der Bundesregierung, wie sie sich vollständig aus der Bank zurückziehen könne.
Am 8. Januar 2009 hatte sich der Staat mit einer Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie an dem Geldhaus beteiligt. Die Commerzbank war in der Finanzkrise ins Straucheln geraten; sie hatte Ende August, zwei Wochen vor der Pleite der US-nvestmentbank Lehman Brothers, die Übernahme der Dresdner Bank angekündigt. Um diese Übernahme zu retten, schoss der Staat über den Bankenrettungsfonds Soffin 8,2 Milliarden Euro als stille Einlage zu. Doch das reichte nicht: Anfang Januar war der Kurs der Commerzbank-Aktie bis auf fünf Euro eingebrochen, die Bank stand vor dem Kollaps. Die Bundesregierung wollte aber die Übernahme der Dresdner Bank nicht scheitern lassen. Denn hätte die Commerzbank die nicht gekauft, wäre die Dresdner womöglich von einem staatlichen chinesischen Investo übernommen worden. So schoss der Bund weitere zehn Milliarden Euro zu, 1,8 Milliarden davon dienten zum Erwerb der direkten Beteiligung. Mit der Sperrminorität konnte der Staat somit die Geschicke besser mitbestimmen. Ohne seine Einwilligung ging lange Jahre nichts.
Um diese Stellung trotz Kapitalerhöhung zu halten, kaufte er nach. das Aktienpaket hat ihn inzwischen gut fünf Milliarden Euro gekostet. Aktuell ist der Staat zwar noch größter Aktionär, aber er hält nur noch 15,6 Prozent der Anteile. Denn vor knapp sechs Jahren stieß er einige unter hohen Verlusten ab: heute sind seine verbliebenen Aktien noch 1,2 Milliarden Euro wert.
Die Bank selbst ist noch im Umbau. Immer noch sind zu viele Mitarbeiter an Bord, bis Ende 2020 werden 7300 Stellen gestrichen. Die Bank leidet unter den Niedrigzinsen. Das zeigt sich im Aktienkurs: Der hat sich in den vergangenen drei Monaten mit einem Minus von 28 Prozent deutlich schlechter als der europäische Bankensektor entwickelt, der nur 18 Prozent verlor. Markus Rießelmann, Analyst von Independent Research, führt das auf den Rückgang der langfristigen Kapitalmarktzinsen zurück. Denn die Commerzbank erwirtschaftet die Hälfte ihrer Erträge aus dem Zinsüberschuss. Wegen der schlechten Kursentwicklung musste die Bank im September auch den Dax verlassen und stieg in die zweite Börsenliga ab. Die für sie ungünstige Lage an den Kapitalmärkten dürfte sich wegen der Unsicherheiten durch den Brexit oder die Zukunft Italiens kaum ändern. „Es deutet nichts auf einen für die Commerzbank nötigen langsamen und stetigen Anstieg der langfristigen Kapitalmarktzinsen hin“, sagt Analyst Rießelmann.
Schlechte Aussichten also für den Bund, seine Anteile schon bald gewinnbringend abzustoßen. Immerhin haben zwischenzeitliche Fusionsphantasien mit der Deutschen Bank dem Kurs kurz Auftrieb gegeben. Die Idee gilt an den Börsen immer wieder als reizvoll. Doch weder der Zustand der Commerzbank noch der der Deutschen Bank lassen das zu. „Zwei Kranke schaffen keinen Gesunden“, sagen Analysten. Auch die Bankvorstände wissen, dass sie ihre Häuser erst einmal sanieren müssen. Deshalb sei eine Fusion „bis auf Weiteres“unwahrscheinlich, glaubt auch Analyst Rießelmann. Profitieren können von diesen Gerüchten nur Spekulanten.