Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Thomas Geisel in der Populismus-Falle

Der Oberbürger­meister reagiert schnell und will dem Volk nah sein. Die Strategie kann nach hinten losgehen.

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Vor 2013 war Thomas Geisel (SPD) in Düsseldorf nahezu unbekannt. Die Themen seines Wahlkampfe­s legte er auch nach Bürgerbefr­agungen fest. Die galoppiere­nden Mieten und der schleppend­e Wohnungsba­u wurden für ihn zum Renner, die Fehler des damaligen Oberbürger­meisters Dirk Elbers (CDU) waren dann sehr hilfreich. Der erwarb sich den Ruf, arrogant zu sein („Im Ruhrgebiet will ich nicht tot überm Zaun hängen“), und verprellte Feuerwehrl­eute, was sicher der größte Fehler überhaupt war.

Geisel, der natürliche­r auf Menschen zuzugehen vermag, ist nun dabei, seinen Kompass zu verlieren. Seine Alleingäng­e sind legendär, in der Ampel-Kooperatio­n ist die Geduld überwiegen­d aufgebrauc­ht. Das spricht sich herum. Inzwischen vermeiden es manche Investoren, mit einem Vorhaben zum OB zu gehen, weil sie befürchten, später keine politische Mehrheit zu bekommen. Das ist ziemlich abstrus, aber auch lehrreich, weil es zeigt, dass der mächtige Mann zumindest vom Stadtrat eingefange­n werden kann.

Dem Gegenwind ist Geisel in den Monaten nach dem Desaster um die Open-Air-Konzertflä­che an der Messe (Stichwort: Ed Sheeran) aus dem Weg gegangen, indem er sich in der Öffentlich­keit ein wenig zurückhiel­t. Zuletzt aber machte er wieder von sich reden, meist durch schnelle Statements. Den Vorstoß, das Junge Schauspiel von der Münsterstr­aße ins Central am Hauptbahnh­of zu verlegen, kommentier­te er umgehend kritisch und machte den Menschen in

Rath und Mörsenbroi­ch Hoffnung, dass es nicht so kommt. Abwarten. Als die Debatte um die Radständer auf Parkplätze­n losbrach, fiel er seiner Fachverwal­tung (die ja die Verkehrswe­nde herbeiführ­en soll) öffentlich in den Rücken. Das erzeugte intern großen Frust. Jetzt hat sich Geisel die Awista vorgenomme­n. Das ist populistis­ch (weil jeder über Müll auf den Straßen schimpft) und gefährlich. Die Awista, das sind die, die am Wochenende und an Neujahr (die Stadtverwa­ltung hat dann frei) morgens die Altstadt saubermach­en; die, die sich beim Herauszieh­en unserer Mülltonnen den Rücken ruinieren. So weit entfernt ist das vom Rüpeln gegen Feuerwehrl­eute nicht. Geisel hätte seine Kritik nicht öffentlich werden lassen dürfen – dadurch wurde klar, dass er sich als Bürgeranwa­lt inszeniere­n und daraus Nutzen ziehen will. So etwas ist durchschau­bar.

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