Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
München leuchtet
Ein Besuch der Museen in der bayerischen Landeshauptstadt lohnt sich. Ein Rundgang durch die neuen Ausstellungen der süddeutschen Metropole.
der Moderne: „Die Irrfahrten des Meese“zeigt einen Künstler, der sich gern als moderner Odysseus stilisiert und als Erlöser und Befreier auftritt. Seit er wegen eines ausgestreckten Arms und vermeintlichen Hitler-Grußes unter Nazi-Verdacht geriet und die Bayreuther Festspiele ihm den Stuhl vor die Tür setzten, war es um den spätpubertären Künstler recht still geworden. Jetzt darf er sich wieder laut austoben, bizarre Spielzeuge vorzeigen und in einem Endlos-Video den tanzenden Berserker geben. Auf einem mit Strichmännchen, Pfeilen und Polit-Phrasen vollgepinselten Bild porträtiert er sich sogar als „Kunstbengel“.
Bevor einem die Kunst das Hirn vernebelt, empfiehlt sich ein Abstecher zum Haus der Kunst und der Besuch einer Ausstellung, die man nicht versäumen sollte: „Für alle Lieben in der Welt“versammelt 200 Werke von Jörg Immendorff. Die Schau schreitet durch Leben und Werk des an ALS erkrankten und 2007 gestorbenen Künstlers, der zuletzt nur noch mit Unterstützung von Assistenten, die seine Bilder nach seinen exakten Vorgaben ausführen mussten, malen konnte.
Wir erleben Immendorff noch einmal als politischen Agitator und sensiblen Beobachter der Zeitläufte, als harten Kerl mit welchem Kern und Grenzgänger zwischen Ost und West. Am Eingang begrüßt uns die Skulptur eines wild gestikulierenden Joseph Beuys, der einen kleinen lustigen Affen spazieren führt: eine liebevoll-ironische Hommage von Immendorff an seinen Düsseldorfer Kunst-Lehrer, mit dem er manchen Streit ausgefochten hat.
Höchste Zeit für eine Erfrischung in der Goldenen Bar: sie ist Kult und mehr als nur einfach ein Café im Haus der Kunst. Mit ihrem morbiden Charme, ihrem fleckigen Mobiliar und ihrer kleinen, aber feinen Karte an Speisen und Getränken ist sie zum Szene-Treffpunkt geworden. Auch nachts. Denn da kann man die Goldene Bar, wenn im Museum längst nächtliche Stille herrscht, über einen Seiteneingang betreten.
Schon Thomas Mann schaute in seiner Novelle „Gladius Dei“auf die Kunstwelt seiner hass-geliebten Wahlheimat und schrieb: „München leuchtete.“Das gilt heute immer noch.