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Warum Europas Riesenjet scheitert
Der halbstaatliche Konzern Airbus spekulierte mit dem A380 auf ein Riesengeschäft. Doch die Airlines setzen lieber auf kleinere Maschinen für mehr Direktflüge.
DÜSSELDORF/TOULOUSE Europas Luftfahrtindustrie hat ihre bisher größte Wette verloren: Airbus hat am Donnerstag verkündet, den Bau des größten Passagierflugzeuges der Welt, Airbus A380, ab dem Jahr 2021 einzustellen. „Sie hatten den weltweiten Bedarf für sehr große Langstreckenjets mit mehr als 1500 Maschinen viel zu optimistisch eingeschätzt“, sagt der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. Er erinnert daran, dass sein früherer Arbeitgeber Boeing vor 25 Jahren realistischere Prognosen abgab: „Wir hatten damals gesagt, dass die Welt nicht einmal 1000 Langstreckenjets mit 500 Plätzen oder mehr braucht. Das reichte, um die Flotte der Boeing 747 noch viele Jahre zu verkaufen und zu betreiben, aber es reichte nicht aus, um viele hundert A380 auch noch unterzubringen.“
Die Aktie von Airbus sprang wegen des Ausstiegs um weitere vier Prozent nach oben, nachdem sie seit Dezember 20 Prozent gewonnen hatte. Die Börse hatte erwartet, dass der verlustreiche Bau eingestellt wird. 2018 lieferte Airbus nicht einmal 20 A380 aus, nun werden noch 14 Maschinen an den größten Abnehmer Emirates geliefert. Bisher wurden nur rund 250 Jets verkauft.
Hauptgrund des Scheiterns ist, dass Langstreckenflüge viel mehr, als von Airbus erwartet, mit kleineren Maschinen wie der Boeing 777 oder dem Airbus A350 abgewickelt werden. Diese Jets brauchen weniger Kerosin und erlauben auch gut ausgelastete Direktflüge auf nicht ganz so großen Routen wie zwischen Düsseldorf und Singapur. „Der Airbus A380 ist ein faszinierendes Flugzeug“, sagt Lufthansa-Chef Carsten Spohr. „Es hat sich allerdings gezeigt, dass ein profitabler Einsatz der A380 nur auf extrem nachgefragten Strecken möglich ist.“Lufthansa bestellte nur 14 Jets. Eingesetzt werden sie beispielsweise auf den Rennstrecken von Frankfurt nach New York, San Francisco, Washington, Singapur, Delhi und Shanghai.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat klare Perspektiven für die Beschäftigten gefordert. „Airbus muss nun schnell Gespräche mit den Sozialpartnern bezüglich der rund 1000 in Deutschland betroffenen Stellen aufnehmen“, teilte das Ministerium mit. Der Bund ist ebenso wie Frankreichs Staat mit elf Prozent an Airbus beteiligt.
Politiker von CDU, SPD, Grünen und FDP lehnten ein Einmischen der Politik ab. „Wir brauchen keinen Aktionismus an den Tag zu legen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion 509 Sitze im Bundestag, Joachim Pfeiffer. Airbus habe große Verkaufserfolge mit anderen Jets. Die Emirates etwa kaufen im Gegenzug für Streichungen beim A380 deutlich mehr Langstreckenjets A330 und A350, die Kurzstreckenjets A320 haben weltweit sehr hohe Nachfrage. „Ich gehe davon aus, dass es bei Airbus nun zu Umschichtungen kommen wird und die Arbeitsplatzverluste so begrenzt werden können“, sagte Pfeiffer.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte den Flugzeugbauer auf, die Produktion schnell auf modernere Technologien auszurichten. „Das Aus des A380 kann eine Chance sein, sich auf andere Produkte zu konzentrieren und zukunftsfähige Technologie nach vorne zu stellen“, sagte Hofreiter unserer Redaktion. „Ich erwarte, dass die Konzernspitze die anstehende Modernisierung jetzt auch mutig anpackt und den Konzern auf einen zukunftsfesten Kurs bringt“, so der Grünen-Politiker. Er plädiert insbesondere dafür, dass das Unternehmen noch mehr auf sehr leichte Werkstoffe setzt, um den Spritverbrauch zu senken.
Das Ende des A380 ist auch eine Niederlage für die europäische Politik. Die Idee für den Riesenflieger als Konkurrenz zur Boeing 747 hatte zwar das Management von Airbus in Toulouse, aber als 2005 die erste Maschine auf das Rollfeld rollte, ließen sich auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Großbritanniens Premierminister Tony Blair feiern. Ein Drittel der Entwicklungskosten in Höhe von 15 Milliarden Euro wurde mit staatlichen Darlehen finanziert. Branchenexperten befürchten, dass rund eine Milliarde Euro verfallen könnte.