Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Altweiber ist der bessere Feiertag
Anders als Berlin braucht NRW keinen arbeitsfreien Weltfrauentag mehr.
In Berlin ist der Weltfrauentag zum ersten Mal ein Feiertag. Ironischerweise profitieren davon mehr Männer, weil die Männererwerbsquote höher ist. Hier in NRW haben wir dafür den Altweiberdonnerstag. Der kommt zwar auch den Männern zugute, aber immerhin symbolisch werden die Verhältnisse für eine Weile tatsächlich umgekehrt. Manch einem gefällt der Brauch offenbar nicht so gut – in der Landesregierung nahm die Reisetätigkeit über Altweiber sprunghaft zu.
An dem jecken Tag gab es auch Neuigkeiten: Die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen sei geschrumpft. Frauen verdienen laut Studie gar nicht mehr so viel weniger als Männer. An diesem Aschermittwoch hilft ein nüchterner Blick auf die Zahlen. Die unbereinigte Gehaltslücke liegt in Deutschland weiterhin bei 21 Prozent und ist damit die zweithöchste der EU. Nun rechneten aber die Wirtschaftsforscher des IW Faktoren wie Teilzeitquote, geringere Berufserfahrung der Frauen und Einfluss der Branche heraus. Und kommen dann auf eine bereinigte Gehaltslücke von nur noch 5,8 Prozent.
Also alles bestens? Nein. Erstens: Mit 5,8 Prozent ist der Unterschied noch immer deutlich. Zweitens: Die Ungleichheit ist nicht geringer – sie findet nur auf anderer Ebene statt: Es sind Frauen, die auf Vollzeit verzichten, weil sie keine Kinderbetreuung haben. In Berufen, die überwiegend Frauen ausüben, wird systematisch schlechter bezahlt. Und weniger Berufserfahrung haben sie, weil sie es sind, die wegen der Kinder aussetzen. Dass Deutschland bei der bereinigten Gehaltslücke deutlich über dem EUSchnitt liegt und bei der unbereinigten deutlich darunter, zeigt damit vor allem eines: Die hartnäckige strukturelle, also tief in der Gesellschaft verwurzelte Ungleichheit, ist hier größer als in vielen anderen EU-Staaten.