Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Von wegen Übermacht
Köln und Hamburg müssten in der 2. Liga längst enteilt sein – doch sie machen zu wenig aus den finanziellen Mitteln.
DÜSSELDORF Der 1. FC Köln ist Tabellenführer der Zweiten Bundesliga. Diese Nachricht dürfte nach 25 Spieltagen im Unterhaus niemanden überraschen. Und auch der Hamburger SV als Zweitplatzierter ist in den meisten Saisonprognosen so hinterlegt. Was allerdings durchaus beachtenswert ist: Die haushohen Favoriten im Kampf um den Aufstieg mühen sich gehöriger, als man das von ihnen erwartet hätte bei den finanziellen Mitteln. Die Domstädter haben laut „Bild“einen Gesamtetat von 75,2 Millionen Euro zur Verfügung, der des HSV liegt bei 53,2 Millionen Euro. Zum Vergleich: Union Berlin, aktuell Dritter, muss mit 18,68 Millionen Euro haushalten. Fortuna Düsseldorf hat in der Bundesliga dagegen nur bescheidene 65 Millionen Euro (30 Millionen für Spieler) und damit den kleinsten Etat zur Verfügung.
Bei Köln sollen anfänglich 23 Millionen Euro für den Kader bereitgestellt worden sein. Offenbar mit noch etwas Luft nach oben – in der Winterpause war noch so viel Kleingeld übrig, dass man den verlorenen Sohn Antony Modeste aus China zurück an den Rhein transferieren konnte. Wohlgemerkt ist der Angriff mit Simon Terodde (bislang 26 Treffer) und Jhon Córdoba (12) nicht gerade eine Problemzone beim „Effzeh“. Timo Horn im Tor, Nationalverteidiger Jonas Hector und, und, und. Im Verhältnis zu den vorhandenen Arbeitskräften und ihren herausragenden Fähigkeiten hat Trainer Markus Anfang bislang erschreckend wenig Profit daraus machen können. Köln ist mit 51 Punkten bescheiden auf Kurs, der Abstand zum Relegationsplatz beträgt indes nur vier Zähler, bei einem Sieg im Nachholspiel gegen den MSV Duisburg (war am Samstag, 16. März, wegen Unbespielbarkeit des Platzes in der MSV-Arena abgesagt worden) könnte er schon etwas stabiler aussehen. Beim 1. FC Köln hat man selbst aber mit deutlich klareren Verhältnissen gerechnet.
So richtig haben die taktischen Vorgaben von Anfang, der in der Saison zuvor Holstein Kiel fast in die Bundesliga geführt hätte, noch nicht gezündet. Immer wieder hat der 44-jährige gebürtige Kölner mit Störgeräuschen zu kämpfen. Mal wird in den Medien darüber spekuliert, es gebe Disharmonien zwischen Anfang und Geschäftsführer Armin Veh, mal soll Anfang sich mit Teilen der Mannschaft verkracht haben, weil er innerhalb der Mannschaft ein paar Spione eingesetzt habe, die ihn mit Informationen aus dem Innenleben füttern. Die unmittelbar Betroffenen versicherten freilich, an den Behauptungen sei nichts dran. Ganz so harmonisch schunkelt man sich dann aber doch nicht Richtung Wiederaufstieg. Werner Spinner (früher Vorstand der Bayer-AG) ist unlängst als Präsident zurückgetreten, nach einer formidablen Schlammschlacht hinter den Kulissen. Der 70-Jährige soll in einer internen WhatsApp-Gruppe angeregt haben, entweder Anfang, oder die Geschäftsführung um Veh (Sport) und Alexander Wehrle (kaufmännisch) rauszuschmeißen.
Beim HSV ist alles wie immer. Investor Klaus-Michael Kühne genehmigt sich absolute Narrenfreiheit und weiß, wie man auch die kleinste Aufbruchstimmung wieder in Grund und Boden redet. Nun hat er sich mit einem eher düsteren Wortbeitrag Gehör verschafft: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, einer der beiden ersten Plätze erreicht wird“, sagt der 81-Jährige im „NDR“. Am Samstag hatte sich der HSV mit der 2:3-Niederlage gegen Darmstadt 98 nach Zwei-Tore-Führung einen schweren Patzer geleistet. „Ich glaube an den dritten Platz. Der HSV ist Spezialist in Relegationsspielen. Ich hoffe, dass sie sich da durchsetzen.“Immerhin hat Kühne großzügig angekündigt: Im Falle des Bundesliga-Aufstiegs würde er dem finanziell angeschlagenen Klub neues Kapital zur Verfügung stellen. Es ist noch ganz viel Geld im Spiel.