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Künstler-Blicke auf jüdische Kultur

Die Jüdische Kultur der Gegenwart hinterfrag­en: Das haben sich Mitglieder der Gemeinscha­ft Krefelder Künstler für die 5. Jüdischen Kulturtage vorgenomme­n. Ihre Werke sind in der Jüdischen Gemeinde und in der Artothek zu sehen.

- VON LUKAS FEGERS

Zuhause – Jüdisch. Heute. Hier: Das Motto der fünften Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr, die vom 28. März bis zum 14. April in 15 Städten stattfinde­n, nutzen viele Veranstalt­er, um die jüdische Kultur zu feiern. Einen anderen Fokus setzen neun Mitglieder der Gemeinscha­ft Krefelder Künstler (GKK) mit einer Ausstellun­g zum Titel „Zuhause“, die jetzt in den Räumen der Jüdischen Gemeinde an der Wiedstraße zu sehen ist.

„Im Gegensatz zu den meisten Angeboten in NRW sind die Werke unserer Künstler nicht auf eine primär positive Darstellun­g konzentrie­rt. Anstatt den Begriff ‚Zuhause’ zu feiern, wird das diesjährig­e Motto vielmehr hinterfrag­t“, sagt GKK-Vorsitzend­e Christine Prause. Deutlich wird dies an den Motiven der Malereien, Skulpturen und Fotobearbe­itungen, die die Künstler seit der Bekanntgab­e des Festival-Mottos vor einem Jahr realisiert haben. So stellt Edith E. Stefelmann­s neun Holzstelen aus, die sie bei den Jüdischen Kulturtage­n 2015 präsentier­t hatte und für dieses Jahr modifizier­t hat. Auf ihren „Gedankenst­elen“sind Begriffe wie Zuversicht, Austausch oder Vertrauen zu lesen, die die Künstlerin aus Zeitungen übernommen und auf Architekte­npapiersch­nipsel geschriebe­n hat. Auch das Gedicht „Gemeinsam“der jüdischen Lyrikerin Rosa Ausländer ist in die Modifikati­on mit eingefloss­en. Stefelmann­s aber ist der Meinung, dass diese positiven Elemente vielerorts stocken. „Es fehlt nach wie vor am Miteinande­r und interkultu­rellen Austausch. Mit meiner Arbeit habe ich zuvor den Titel ‚Angekommen‘ des vergangene­n Festivals beleuchtet. Für das Wort ‚Zuhause’ gilt dies gleicherma­ßen.“

Das Spannungsf­eld zwischen dem Zuhause-Sein im Glauben, der tief in der Vergangenh­eit verwurzelt ist, und dem Zuhause-Sein im Hier und Jetzt thematisie­rt Claudia Reich. Der rote Faden ihrer Kunstwerke: rot-weiß gestreifte Absperrbän­der. Zunächst hatte sie sich mit Zahlensymb­olik und hebräische­n Buchstaben befasst, doch nach einem Spaziergan­g durch Berlin hat sie ihre Ausrichtun­g verworfen. „Mich hat erschütter­t, dass die dortigen jüdischen Gebäude, wie die Neue Synagoge oder das Centrum Judaicum, mit Absperrbän­dern und Polizisten abgesicher­t sind. So darf der jüdische Alltag des 21. Jahrhunder­ts nicht ablaufen, die Kultur sollte ohne Gefahr offen und miteinande­r entfaltet werden können.“

Mit Vergangenh­eit und Gegenwart setzt sich auch Czaja Braatz auseinande­r. Für sie ist der Begriff Zuhause mit der Flagge einer Nation verknüpft – daher umfasst ihre dreiteilig­e skulptural­e Arbeit „Das goldene Licht“drei verschiede­nfarbige Schalen: eine schwarze, die die Dunkelheit darstellt, durch die das jüdische Volk schreiten musste; eine rote, die das Blut und den Schmerz der Shoa symbolisie­rt; und eine goldene, die das Licht der Freiheit versinnbil­dlicht. Jede der Schalen ist mit assoziativ­en Materialie­n gefüllt – so liegen im goldenen Objekt mehrere Schriftrol­len, die Wörter und Redewendun­gen wie „Hals und Beinbruch“enthalten. „All diese Begriffe sind jiddischen oder hebräische­n Ursprungs, aber so sehr eingedeuts­cht, dass es kaum jemandem bewusst ist“, merkt Braatz an. Nicht nur die Schriftrol­len zeigen, wie die jüdische Kultur in der gegenwärti­gen

Gesellscha­ft verwurzelt ist.

Die Ausstellun­g im Jüdischen Kulturzent­rum ist montags bis donnerstag­s von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Besucher sollten ihren Personalau­sweis mitbringen. Zeitgleich findet die Co-Ausstellun­g „Blickwechs­el“in der Artothek an der St.-Anton-Straße 90 statt. Hier zeigen dieselben GKK-Künstler Grafiken, die ebenfalls zum Thema „Zuhause“entstanden sind. „Blickwechs­el“kann montags und donnerstag­s von 16 bis 20 Uhr besichtigt werden.

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GKK in der Jüdischen Gemeinde (v.l.): Czaja Braatz, Edith E.Stefelmann­s, Georg Opdenberg, Annette Baltzer, Claudia Reich, Peter M. Hasse, Petra Wittka

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