Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Inflation der Beauftragten
NRW hat schon zehn Landesbeauftragte, bald womöglich elf – zu viele.
Es gibt Gründe, Aufgaben des Regierungshandelns an einen weisungsunabhängigen Experten zu übertragen. Den Datenschutz zum Beispiel. Er ist inhaltlich keinem einzelnen Ministerium zuzuordnen und funktioniert nur, wenn ihn jemand unabhängig von Regierungsinteressen überwacht. Deshalb haben fast alle Bundesländer Landesdatenschutzbeauftragte.
Bei anderen Aufgaben gibt es Gründe, sie gerade nicht auszulagern. Zum Beispiel, wenn die Verantwortung für das Thema einzelnen Ministern zugeordnet werden kann. Etwa der Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Missbrauch. Dafür sind in NRW Innenminister
Herbert Reul (CDU) sowie Kinder- und Familienminister Joachim Stamp (FDP) verantwortlich. Trotzdem prüft die NRW-Regierung laut Deutscher Presse-Agentur nun, ob ein Beauftragter gegen Kindesmissbrauch auf Landesebene nötig ist. Er ist nicht nötig. Nicht, weil die schweren Missbrauchsfälle in Lügde und andernorts nicht wichtig wären. Im Gegenteil. Sie sind sogar so wichtig, dass die zuständigen Minister sich unbedingt persönlich kümmern sollen.
NRW hat heute schon zehn Landesbeauftragte für alles Mögliche. Zuletzt kam mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine Antisemitismusbeauftragte hinzu. Was genau sie gegen den Antisemitismus im Land machen soll und kann, ist weitgehend unklar. Klar ist hingegen, dass der bekannteste aller NRW-Landesbeauftragten, der Brexit-Beauftragte Friedrich Merz (CDU), in dieser Rolle kaum wahrnehmbar ist. Zumal unklar ist, warum dieses Thema nicht beim Wirtschaftsminister liegt. So wie der Schutz der Menschen mit Behinderung und der Patienten beim Gesundheitsund Sozialminister liegen müsste und nicht bei der damit beauftragten Claudia Middendorf.