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Untersuchungsausschuss zu Lügde soll kommen
Aus der Anklageschrift geht hervor, wie heimtückisch der Haupttäter vorgegangen ist. So soll er über Ebay Opfer gesucht haben.
DÜSSELDORF/LÜGDE SPD und Grüne im NRW-Landtag nehmen den weitgehenden Abschluss der Ermittlungen im Fall Lügde zum Anlass, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu fordern, der sich mit den Polizeipannen beschäftigen soll. „Wir warten nur noch die Zulassung der Anklage durch das Gericht ab“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Zuvor hatte seine Fraktion einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Hinter vorgehaltener Hand räumen Oppositionspolitiker ein, dass das Warten auf die Zulassung der Anklage ein Vorwand ist: Die AfD hat nämlich längst einen ähnlichen Antrag auf den Weg gebracht, der am Mittwoch im Plenum verhandelt wird. SPD und Grüne kooperieren nicht mit der AfD und wollen deren Antrag deshalb ablehnen. Kutschatys offizielle Begründung: „Bevor das Gericht die Anklage zulässt, sind immer noch Nachermittlungen möglich.“Ein PUA könne sich nur mit Themen beschäftigen, die bis zum Zeitpunkt der Antragsstellung bekannt seien. Man müsse ausschließen, dass danach weitere Details bekannt würden. Der Prozess soll am 27. Juni beginnen.
Der Hauptbeschuldigte soll noch heimtückischer vorgegangen sein als bekannt. Das geht aus Details der 64-seitigen Anklageschrift gegen zwei Angeklagte hervor, über die „Spiegel Online“berichtet. Danach soll Andreas V. einige Opfer über die Onlineplattform Ebay gefunden haben, indem er dort bei Alleinerziehenden nach Spielkameraden für seine Pflegetochter gesucht hatte.
Dem 56-Jährigen wird laut Anklage in 293 Fällen sexueller Missbrauch von Kindern, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und der massenhafte Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. Es geht um 22 minderjährige Opfer. Am häufigsten missbrauchte er die Pflegetochter, die ihm vom Jugendamt Hameln-Pyrmont auf Wunsch der Mutter anvertraut worden war. An dem Mädchen soll er sich in 132 Fällen vergangen haben.
Der Hauptbeschuldigte soll die Kinder mit körperlicher und psychischer Gewalt gefügig gemacht haben. So drohte er laut dem Medienbericht einem Mädchen an, dass er ihren „Liebsten“etwas antun werde, wenn es den Missbrauch weitererzähle. Ein anderes Kind schüchterte er damit ein, dass „Geister“es holen würden, wenn es nicht schweige. Anderen Kindern sagte er, sie müssten „draußen schlafen“, wenn sie seinen Wünschen nicht nachkämen. Um die Mädchen nach dem Missbrauch zu besänftigen, belohnte er sie Kleidung und Armbändern.
V. ging aber auch mit großer Brutalität vor. So soll er laut Anklage ignoriert haben, wenn Kinder weinten oder sagten, er solle aufhören. Ein Mädchen soll festgehalten worden sein, um es gefügig zu machen. Zugefügte Schmerzen soll er ignoriert haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm zudem vor, Kinder dazu gezwungen zu haben, sich mit ihm Kinderpornos anzusehen. Die Anklage spricht von einer narzisstisch-dissozialen Persönlichkeit. Die Staatsanwaltschaft regt an, ihn nach der Haftstrafe, die sich auf maximal 15 Jahre belaufen kann, auch noch in Sicherheitsverwahrung zu nehmen. Es gäbe eine hohe Wiederholungsgefahr, nachdem V. sich so lange an Kindern vergangen hatte.