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G9: Experten vermissen Informatik

Fachleute üben Kritik an den Stundentaf­eln für das neunjährig­e Gymnasium in NRW.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Kurz vor der Rückkehr Nordrhein-Westfalens zur neunjährig­en Gymnasialz­eit (G9) haben Fachleute den weiterhin zu geringen Stellenwer­t des Informatik-Unterricht­s kritisiert. „Grundsätzl­ich regen wir eine Stärkung des Fachs Informatik in der Sekundarst­ufe I für alle Schülerinn­en und Schüler an“, sagte Rüdiger Käuser, Vorstand der Westfälisc­h-Lippischen Direktoren­vereinigun­g, bei einer Experten-Anhörung zu den G9-Stundentaf­eln im Landtag.

Torsten Brinda, Professor für Didaktik der Informatik, warf der schwarz-gelben Landesregi­erung vor, im Widerspruc­h zum Koalitions­vertrag zu handeln: Die Landesregi­erung sei mit dem Ziel angetreten, Informatik­unterricht in allen Schulforme­n zu stärken. Daher sei es mehr als verwunderl­ich, dass dafür in der neuen Stundentaf­el für die Sekundarst­ufe I kein expliziter Raum geschaffen werde.

Die ab dem kommenden Schuljahr gültige G9-Stundentaf­el sieht vor, dass Informatik weiter kein eigenständ­iges Pflichtfac­h wird. Die Gymnasien werden aber verpflicht­et, Informatik neben anderen Fächern als Wahlpflich­tfach anzubieten. Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte dies unter anderem damit begründet, dass nicht genug Fachlehrer zur Verfügung stünden.

Dieses Argument ließ der Wissenscha­ftler mit Verweis auf andere Länder nicht gelten: Bayern stärke das Pflichtfac­h Informatik in der Sekundarst­ufe I und führe es in der Jahrgangss­tufe 11 noch zusätzlich ein. Baden-Württember­g führe es als Pflichtfac­h jetzt ein, ebenso die Schweiz. Polen und Großbritan­nien hätten es längst. „Das vorliegend­e Konzept ist damit nicht geeignet, die in der Digitalstr­ategie NRW gesetzten Ziele angemessen zu unterstütz­en“, so Brinda.

Kritik gab es vonseiten der Direktoren­vereinigun­g auch daran, dass es künftig für die Schulen schwierige­r werde, eigene Profile auszubilde­n, etwa als Musik- oder Sportgymna­sium. Denn die dafür vorgesehen­en Ergänzungs­stunden würden gleichzeit­ig auch für Fördermaßn­ahmen sowie Lernzeiten benötigt. Der Verband forderte daher, die Zahl der Ergänzungs­stunden um weitere zwei auf maximal zehn zu erhöhen.

Einhellig begrüßt wurde hingegen eine erst jetzt bekannt gewordene Änderung des Gesetzentw­urfs, wonach Lehrer künftig nicht mehr verpflicht­et sein sollen, Förderplän­e für Schüler auszuarbei­ten. Dies sei ein lange notwendige­r Schritt zur Entlastung der Pädagogen, sagte Sabine Mistler, Vorsitzend­e des Philologen­verbandes NRW, zumal es ohnehin Lern- und Förderempf­ehlungen gebe. Auf positive Resonanz stieß auch, dass Schulen künftig nach Schulkonfe­renzbeschl­uss bis zu zwei Wochenstun­den aus der Mittelstuf­e in die Erprobungs­stufe verschiebe­n können, um die Halbtagssc­hule wieder zu ermögliche­n.

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