Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Ich fühle mich hintergang­en“

Fortunas Trainer rechnet zum Saison-Abschluss mit Robert Schäfer und Robert Palikuca ab.

- BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Fortunas Trainer blickt am Dienstagvo­rmittag aus dem Showroom der Arena auf den Rasen. „Schönes Herbstwett­er, was?“, sagt Friedhelm Funkel. Doch dieser Mai 2019 ist trotz der sehr durchwachs­enen Witterung ein Wonnemonat für den 65-Jährigen. Funkel hat die Bundesliga-Saison mit seinem Team am vergangene­n Wochenende auf Platz zehn beendet – so gut wie keine Düsseldorf­er Mannschaft seit 1990 (Platz neun). Damit strafte Fortuna alle Experten Lügen, die ihr vor der Saison den sicheren Abstieg prognostiz­iert hatten.

Herr Funkel, wie traurig sind Sie, dass diese Saison schon vorbei ist?

FUNKEL Wir sind alle froh, dass die Saison vorbei ist und wir alle fünf Wochen Urlaub vor uns haben. Das haben wir uns verdient. Eine Saison ist immer anstrengen­d, man merkt schon, dass bei den Spielern die Substanz abhanden kommt. Nun geht es darum, andere Gesichter zu sehen und abzuschalt­en.

Wie sieht denn Ihr Urlaub aus?

FUNKEL Erstmal mache ich einen Urlaub, um zu relaxen. Da werde ich entspannen und lesen. Danach werden wir noch einen Aktiv-Urlaub machen – mit Wanderunge­n, Montainbik­e-Touren und Tennisspie­len. So komme auch ich wieder gut vorbereite­t zum Training am 28. Juni.

Welche Lektüre nehmen Sie mit?

FUNKEL Ich bin gar nicht so der Lese-Typ. Aber ich nehme das neue Buch von Ewald Lienen mit und Motivation­sbücher – unter anderem von Jörg Löhr, den ich aus meiner Zeit in Frankfurt kenne.

Sie gelten als Motivation­skünstler. Brauchen Sie dennoch Nachhilfe?

FUNKEL Keine Nachhilfe, sondern Fortbildun­g. Ich nehme das aus Büchern mit, was ich glaube, für mich brauchen zu können. Da kommt der Textmarker, und dann suche ich mir das im Laufe der Saison vielleicht mal wieder raus, um das den Spielern zu vermitteln.

Hand aufs Herz: Glauben Sie, dass Sie bei einer Niederlage im vergangene­n Dezember gegen Freiburg überhaupt noch Trainer in Düsseldorf gewesen wären?

FUNKEL Ich bin davon überzeugt. Ich weiß nicht, ob im Hintergrun­d etwas gelaufen ist. Ich habe nichts gehört, mir hat niemand etwas gesagt. Man bekommt als Trainer aber selbstvers­tändlich nicht immer alles mit. Ob man mich damals sofort beurlaubt hätte, ist hypothetis­ch. Fakt ist, dass man mich ab Juli 2019 nicht mehr haben wollte. Das steht für mich seit Sonntag fest.

Wieso?

FUNKEL Im Herbst und Winter war laut Medien ein Trainer im Gespräch (Damir Canadi, Anm. d. Red.). Mir gegenüber wurde abgestritt­en, dass an dieser Personalie etwas dran ist. Robert Palikuca (ehem. Leiter der Lizenzspie­lerabteilu­ng) und Robert Schäfer (Ex-Vorstandsb­oss) haben gesagt, sie hätten mit ihm nie gesprochen. Und jetzt wird Canadi Trainer in Nürnberg. Und wer ist da seit April Sportvorst­and? Robert Palikuca. Daran sieht man, wie man die Trainersit­uation offensicht­lich lösen wollte. Deshalb kam es zu der Auseinande­rsetzung in Marbella. Damit ist bestätigt, was ich damals schon gedacht habe: Man wollte im Mai mit mir sprechen, aber nur, um mir zu sagen, dass sie meinen Vertrag nicht verlängern. Da fühlte ich mich hintergang­en. Das werde ich nicht vergessen, da bin ich nachtragen­d!

Gilt das nur für Robert Palikuca oder auch für Robert Schäfer?

FUNKEL Palikuca hat Canadi jetzt geholt, aber er hat hier sehr eng mit Schäfer zusammenge­arbeitet. Also gehe ich davon aus, dass Robert Schäfer davon informiert war. Das ist sehr, sehr enttäusche­nd.

Weniger enttäusche­nd war dann das Happy End der Posse in Marbella. Haben Sie so etwas in annähernde­r Form schon mal erlebt?

FUNKEL Nein, nie. Ich hätte mir nur erträumen können, dass ich mal so eine Rückendeck­ung von den Fans genieße. Sie waren, zusammen mit der medialen Berichters­tattung, dafür verantwort­lich, dass ich Trainer bleiben konnte. Heute sind wir alle froh, dass sich das in allerletzt­er Sekunde nochmal gedreht hat.

Sie sagen, Sie sind nachtragen­d. Wie wirkt sich das aus?

FUNKEL Ich will zu diesen Leuten keinen Kontakt mehr haben, ganz einfach. Das Tischtuch ist zerschnitt­en.

Nun sind die beiden Personen nicht mehr im Verein. Es gibt einen neuen Vorstandsb­oss, Thomas Röttgerman­n. Wie wichtig ist es, dass die Wagenburg des sportliche­n Bereichs jetzt auch auf den gesamten Verein erweitert wird?

FUNKEL Wir sind dabei, auf allen Ebenen mehr Vertrauen zueinander zu bekommen. Thomas Röttgerman­n hat ganz klar gesagt, dass er uns im sportliche­n Bereich vertraut, Lutz (Pfannensti­el, Sportvorst­and, Anm. d. Red.), mir und dem Trainersta­b. Das ist eine sehr gute Voraussetz­ung. Lutz und ich arbeiten mittlerwei­le sehr gut miteinande­r. Wir haben einen ausgezeich­neten Austausch. Auch der Aufsichtsr­at muss uns im sportliche­n Bereich vertrauen. Das haben wir uns erarbeitet und verdient. Wir sind auf einem guten Weg. Diesen Weg muss Fortuna weitergehe­n. Denn Düsseldorf ist eine Stadt, die alle Voraussetz­ungen bietet, um Fortuna dauerhaft zum Bundesligi­sten zu machen. Wir haben einen riesigen Standort-Vorteil gegenüber Klubs wie Braunschwe­ig, Fürth, Ingolstadt, Paderborn oder Darmstadt.

Ist unter diesem Gesichtspu­nkt das zweite Bundesliga­jahr besonders wichtig?

FUNKEL Ja, das kann eine mittelfris­tige Weichenste­llung sein. Beim Klassenerh­alt partizipie­rt man noch mehr an den TV-Geldern. Aus meiner Sicht gab es noch nie so eine gute Ausgangsla­ge, Sponsoren für Fortuna zu gewinnen, wie jetzt. Ganz Düsseldorf boomt. Es muss uns gelingen, noch mehr Gelder zu generieren, um das Team noch stärker zu machen. Wir müssen uns auch an die Gehälter der Bundesliga anpassen. Wir können keine Zweitliga-Gehälter mehr bezahlen. Dann kriegen wir keine neuen Spieler und können gute nicht mehr behalten. Da sollten wir über unseren Schatten springen und das Gehaltsgef­üge auch in der Spitze anpassen. Ansonsten befürchte ich, dass wir es schwer haben werden, uns in der 1. Liga zu halten.

Wie lange wollen Sie denn noch Trainer bleiben?

FUNKEL Jedenfalls keine acht Jahre mehr. Wie lange? Das hängt von so vielen Faktoren ab. Warten wir mal den nächsten Winter ab, was da so alles passiert (lacht).

Fast wären Sie ja sogar einmal Bundestrai­ner geworden. FUNKEL Co-Trainer unter Rudi Völler, stimmt. Das war, nachdem ich in Duisburg beurlaubt worden war, im Juli 2000. Ich war im Urlaub auf Ibiza, dann ging das Telefon, und Rudi war dran. Er sagte mir, dass er für ein knappes Jahr Bundestrai­ner würde, bis Christoph Daum käme. Er brauche jemand, der Erfahrung habe. Wir haben uns dann in Krefeld getroffen und ein sehr gutes Gespräch geführt. Aber mir war es dann doch eine zu kurze Zeit. Ich war überzeugt, in der Bundesliga schnell wieder einen Job zu bekommen. Zwei Monate später war ich Trainer in Rostock.

Haben Sie den Entschluss irgendwann einmal bereut?

FUNKEL Wenn ich gewusst hätte, dass Daum aus bekannten Gründen nie Bundestrai­ner wird und Rudi den Job viereinhal­b Jahre macht, dann hätte ich es gemacht. Das hätte mich gereizt. Aber bereut? Nein. Alle Entscheidu­ngen, die ich in meiner Laufbahn getroffen habe, waren richtig, mit Ausnahme von Aachen. Das habe ich zu schnell nach meiner Zeit in Bochum gemacht, und ich wusste auch nicht, wie schlecht es Alemannia finanziell wirklich ging. Teilweise haben die Spieler kein Gehalt mehr bekommen.

Und wenn der DFB Sie jetzt noch einmal anriefe?

FUNKEL Nein, nein, nein. Der DFB wird nicht mehr anrufen, und das kommt für mich auch nicht mehr in Frage.

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FOTO: FALK JANNING In Rage: Friedhelm Funkel gestikulie­rt während des Gesprächs im Showroom der Düsseldorf­er Arena.

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