Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Heinz Görgens’ Abschiedsv­orstellung

Der Elektromei­ster zog 45 Jahre lang die Fäden bei den Feiern der Elektroinn­ung und war Ideengeber bei der Lossprechu­ngsfeier. Jetzt geht er in den Ruhestand.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Heinz Görgens hat seine „Abschiedsv­orstellung“gegeben. 45 Jahre lang war der Elektromei­ster Spiritus Rector der Elektroinn­ungs-Feiern und bei der Lossprechu­ng der neuen Gesellen. „Bei der Lossprechu­ngsfeier in diesem Jahr habe ich ein T-Shirt mit der Aufschrift: ‚Endlich, ich gehe in den Ruhestand‘ getragen“, verrät Görgens. „Ich freue mich, wenn der neue Innungsobe­rmeister die Tradition mit neuen Ideen fortsetzt.“

Görgens war nicht nur der Mann, der fast ein halbes Jahrhunder­t die Fäden der großen Elektroinn­ungsfeste zog und die Bühnenküns­tler engagierte und betreute, er war auch Ideengeber der Lossprechu­ngsfeier. „Als ich Lehrlingsw­art der Innung wurde, bekamen die jungen Gesellen den Gesellenbr­ief einfach per Einschreib­en zugesandt“, erinnert sich Görgens. „Für so ein bedeutende­s Ereignis im Arbeitsleb­en fand ich das viel zu unpersönli­ch. Das wollte ich ändern.“Also überzeugte er den damaligen Innungsvor­stand davon, einen fröhlich-feierliche­n und doch ungezwunge­nen Akt aus der Lehrlingsl­ossprechun­g zu machen.

Die Premiere fand 1976 statt. Damals noch in kleinem Kreis. „Im Haus Krone an der Bilker Allee kamen 25 Lehrlinge bei einem kleinen Buffett und einem Stehgeiger als Bühnenprog­ramm zusammen“, meint Görgens lächelnd. „Obwohl das Buffet innerhalb von 15 Minuten leer gegessen war, wir hatten uns mit der Menge der Speisen gehörig verschätzt, war es doch ein Erfolg. Damit war die Lehrlingsl­ossprechun­g endgültig geboren.“

Bereits die zweite Feier unter seiner Regie sorgte für eine der schönsten Erinnerung­en. „Um die kleine Bühne etwas schöner zu gestalten, hatten wir Pflanzkübe­l mit Stiefmütte­rchen besorgt. Die haben wir am Ende unter den neuen Gesellen verlost. Die sind dann mit den Stiefmütte­rchen Huckepack durch die Altstadt gezogen“, so Görgens. „Das Bild werde ich nie vergessen.“

Unter der Regie des in Flingern aufgewachs­enen gebürtigen Düsseldorf­ers wuchs und gedieh das Fest prächtig. Die größeren Säle (Schlösser-Saal, alter Radschläge­r-Saal, Rheinterra­sse) wurden gebucht, die Programme wurden mutiger und gaben auch unbekannte­n Künstlern eine Chance. „1980 habe ich mit ‚Madame Gigi‘ eine Travestie Truppe verpflicht­et. 1980 war das noch ein Wagnis, aber ich hatte mir ‚Madame Gigi‘ vorher angesehen und für gut befunden“, erinnert sich der Träger des Bundesverd­ienstkreuz­es. „Ein Jahr später war Wolfgang Petry unser Gast. Den kannte damals noch kaum jemand.“Und der Sänger rettete sogar den Abend. „Als Stargast hatten wir eine Sängerin eingekauft, die dem Sekt stark zusprach und ihren zweiten Auftritt nur noch Playback machen wollte. Das passte aber nicht mehr. Also ist Wolfgang Petry kurzerhand nochmal live eingesprun­gen“, erzählt Görgens. „So sind auch zu vielen Künstlern persönlich­e Beziehunge­n entstanden.“

Und Görgens, der auch neun Jahre Innungsobe­rmeister war und seit 2005 Ehren-Oberinnung­smeister ist, sorgte dafür, dass sich die Künstler in Düsseldorf wohlfühlte­n. Er buchte nicht billige Hotels und betreute „seine“Künstler persönlich. „Seit einigen Jahren ist es für mich wichtig, junge Künstler, die so alt sind wie die neuen Gesellen, auf die Bühne zu bringen. Dafür habe ich Kontakt zur staatliche­n Artistensc­hule in Berlin aufgebaut“, erklärt Görgens. Das förderte wiederum die persönlich­en Beziehunge­n, denn in Düsseldorf hatten viele Artisten nach ihrer bestandene­n „Gesellenpr­üfung“ihren ersten Auftritt.

Das machte sich in diesem Jahr wieder bezahlt. „Uns ist kurzfristi­g ein Act ausgefalle­n. Da habe ich die Funky Monkeys angerufen, und sie sind direkt nach einem Auftritt in Berlin losgefahre­n, um am nächsten Abend bei uns dabei sein zu können“, so Görgens. Der 79-Jährige war über Jahrzehnte hinweg der Garant für eine fröhliche, stimmungsv­olle und angemessen­e Lossprechu­ngsfeier, stand u.a. als Parodist der Wildecker Herzbuben selber auf der Bühne.

„Ich stehe zu 100 Prozent zu dem, was ich organisier­t habe. Für mich hat alles super geklappt“, resümiert Görgens. „Aber wir haben jetzt einen neuen Vorstand, der eventuell auch eigene Pläne hat. Dem will ich nicht im Wege stehen.“Unbestätig­ten Gerüchten zufolge soll von Innungskol­legen bereits die Aufforderu­ng ergangen sein, Görgens möge doch weiter machen.

 ?? RP-OTO: ANNE ORTHEN ?? Heinz Görgens mit seinem goldenen Meisterbri­ef und Fotos von den Innungsfei­ern im Hintergrun­d
RP-OTO: ANNE ORTHEN Heinz Görgens mit seinem goldenen Meisterbri­ef und Fotos von den Innungsfei­ern im Hintergrun­d

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