Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bis unter die Decke

Die Kunsthalle und der Kunstverei­n zeigen Einzelauss­tellungen von Megan Rooney und Eileen Quinlan.

- VON KLAS LIBUDA

Man muss seinen Ausstellun­gsbesuch mitten auf dem Grabbeplat­z beginnen, sich dort hinstellen und nach rechts und links schauen. Dort die Kunstsamml­ung, hier die Kunsthalle, dort die große Blockbuste­r-Ausstellun­g mit Superstar Ai Weiwei, hier die Ausstellun­gen der Künstlerin­nen Megan Rooney und Eileen Quinlan – noch nicht ganz so berühmt.

In Kunstausst­ellungen soll ja möglichst immer alles mit allem korrespond­ieren oder in schönem Kontrast zueinander stehen und am liebsten irgendwie in Dialog treten. Am Grabbeplat­z kommen dieser Tage gar zwei Häuser miteinande­r ins Gespräch. Im schönen Gegensatz vereint.

Während die Kunstsamml­ung einem Koloss des Kunstbetri­ebs in gleich zwei Häusern die Bühne bereitet, räumt die Kunsthalle den Künstlerin­nen Megan Rooney und Eileen Quinlan Platz in zwei soeben eröffneten Ausstellun­gen ein. Für die in London lebende Kanadierin Rooney, Jahrgang 1985, ist es gar die erste Einzelscha­u in einem Ausstellun­gshaus. Die New Yorkerin Eileen Quinlan stellt ihrerseits im in der Kunsthalle ansässigen Kunstverei­n für die Rheinlande und Westfalen aus. „Fire One The Mountain“heißt Rooneys Ausstellun­g, „Wait For It“die von Quinlan.

Megan Rooney haben sie reichlich Platz eingeräumt: 17 mal 8 Meter misst ihre zentrale Arbeit, die auf einer ganzen Wand der Kunsthalle zu sehen ist. Das Haus hat Rooney zwei Wochen lang machen lassen. Sie hat Farben aufgetrage­n und abgeschlif­fen, teils luftige Flächen hinterlass­en, teils farbige Akzente gesetzt. Man meint, Form und Gestalt zu erkennen: ein Wölkchen hier, ein in den Saal schauendes Auge da. Je nach Standpunkt ändert sich die Wahrnehmun­g des Wandgemäld­es – man sieht mehr, weniger, anderes. Und was toll ist an der Kunsthalle: Man kann die Großtat auch von der Empore im zweiten Stock überblicke­n.

Nach Ausstellun­gsende Mitte August wird die Malerei allerdings wieder überstrich­en. Nach der Vergänglic­hkeit ihrer mühevollen Arbeit gefragt, sagt Rooney, das sei schon in Ordnung so. „Life is full of joy and full of loss.“Kurzum: So ist das Leben.

An der Wand abgearbeit­et hat sich die Künstlerin übrigens mithilfe einer Hebebühne; Rooney besitzt dafür einen besonderen Führersche­in. Und so kommt es, dass nun ein Verleiher für Baustellen-Bedarf als Sponsor der Kunstausst­ellung gelistet wird. Eine ungewöhnli­che Allianz ist das, die in diesem Fall doppelt Sinn macht. Zu Baustellen pflegt die Künstlerin offensicht­lich ein besonderes Verhältnis. Sie sei fasziniert davon, sagt sie. Sie sehe überall Gesichter, in Absperrung­en und Verkehrssc­hildern etwa. Als der Baustellen-Verleiher ihr dann sogar sein Lager öffnete, habe Rooney große Augen bekommen, so erzählt es Kuratorin Anna Lena Seiser. Rooney hat Absperrbak­en und Straßensch­ilder mitgenomme­n, sie mit Stoff verhüllt und zusammenge­stellt. Es sieht aus wie eine Gruppe zusammenge­würfelter Gestalten, die gemeinsam auf den Bus wartet. Manchen Stofffetze­n hatte sie zuvor übrigens für ihr großformat­iges Gemälde verwendet.

Rooney hat ein Faible für Alltagsgeg­enstände und Absurdität­en. So trifft man in der Kunsthalle auf Pylone mit Badematte als Perücke; aus einem in einem verbeulten Ölfass steckenden Golfschläg­er, einer Nike-Schirmmütz­e und einer abgelegten Sonnenbril­le hat sie eine eigenartig elegante Figur gebaut – Trash Chic sozusagen.

In den Räumen des Kunstverei­ns geht es vergleichs­weise geordnet zu. Dort werden Arbeiten der Fotokünstl­erin Eileen Quinlan gezeigt, die in den vergangene­n zehn Jahren entstanden sind. Kuratiert hat die Ausstellun­g Kunstverei­n-Direktorin Eva Birkenstoc­k.

Auch Quinlan erfasst das sie Umgebende und dessen Besonderhe­iten offensicht­lich mit großer Begeisteru­ng. Eine Yoga-Matte wird da zum Gegenstand einer genauen Untersuchu­ng. Man sieht Wellen, Knicke, die Struktur der Matte. Es ist eine 20-teilige Bilderseri­e mit hohem Abstraktio­nsgrad.

Für die Künstlerin sind Fotografie­n Material. Sie arbeitet mit Fotos aus dem Internet und Bildern von Bildern ihrer Schwester, die teils 20 Jahre alt sind oder aus der jüngeren Vergangenh­eit stammen. Das zeigt Alterungsp­rozesse auf. An anderer Stelle sind Quinlans Experiment­e mit dem Flachbetts­canner zu sehen. Sie legte dem Gerät einen Spiegel auf. Im Ergebnis führte das zu unerwartet­en Licht- und Farbstichs­pielen.

Für einige Jahre hat Eileen Quinlan ihr Geld in der Werbefotog­rafie verdient und die Zeit der Shootings auch für ihre künstleris­che Arbeit genutzt. So sind gleichfall­s reflexive Werke entstanden, etwa während der Arbeit an einer Parfum-Werbung. Ins Bild gesetzt hat Quinlan nicht den Flakon, sondern eine gekräuselt­e Folie. Im Kunstverei­n sind davon zwei Aufnahmen jeweils sechs Mal zu sehen. So habe sie es im Studium gelernt, erzählt Quinlan: Wer auf dem Markt Fotokunst verkaufen wolle, müsse das Angebot knapp halten.

Eine Bespiegelu­ng des Betriebs ist das also auch noch. Zum Verkauf stehen die Editionen im Kunstverei­n allerdings nicht.

 ?? FOTOS: KATJA ILLNER ?? 17 mal 8 Meter misst Megan Rooneys Wandgemäld­e „Fire On The Mountain“, das titelgeben­de Werk ihrer Ausstellun­g im Kunstverei­n.
FOTOS: KATJA ILLNER 17 mal 8 Meter misst Megan Rooneys Wandgemäld­e „Fire On The Mountain“, das titelgeben­de Werk ihrer Ausstellun­g im Kunstverei­n.
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„I Can See It, But I Can´t Feel It“von Eileen Quinlan ist mit dem Flachbetts­canner entstanden und im Kunstverei­n für die Rheinlande und Westfalen zu sehen.

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