Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Römerstätten auf dem Weg zum Welterbe
Der Niedergermanische Limes soll Weltkulturerbe werden. Im Januar 2020 soll der Antrag eingereicht werden. NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach stellte am Montag in Xanten den aktuellen Stand der Planungen vor.
Läuft alles nach Plan, beherbergt die Stadt Krefeld ab Juli 2021 ein Unesco-Weltkulturerbe. Denn der Niedergermanische Limes – die etwa 385 Kilometer lange frühere Grenze des Römischen Reichs entlang des Rheins von Remagen in Rheinland-Pfalz, über Nordrhein-Westfalen bis Katwijk an der niederländischen Nordseeküste – soll auf die Liste der bedeutendsten Kulturdenkmäler aufgenommen werden. Den Stand der Vorbereitungen präsentierten NRW-Heimatministerin
„Unter den in Nordrhein-Westfalen einzutragenden Römerstätten nimmt das Lager von Krefeld-Gellep eine Schlüsselposition ein.“
Ina Scharrenbach (CDU), Experten vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) und Wissenschaftler am Montag vor Vertretern einiger Anrainer-Kommunen im Archäologischen Park Xanten.
„Damit würde die Lücke zwischen dem Hadrianswall in Großbritannien und dem Obergermanisch-Raetischen Limes an der Donau geschlossen werden, die bereits den Welterbe-Status besitzen. Zudem hätte Nordrhein-Westfalen damit sein sechstes Weltkulturerbe“, sagte Ministerin Scharrenbach. Diese Denkmäler seien wichtige Orte regionaler Identität und würden durch den Status als Welterbe allen Bürgern zugänglich gemacht.
Nicht nur Xanten, sondern insgesamt 19 Kommunen entlang der linken Rheinseite, darunter Bonn, Köln, Neuss, Krefeld, aber auch Wesel und Kalkar, würden dann Teile des Weltkulturerbes beherbergen. Unter den in Nordrhein-Westfalen einzutragenden Römerstätten nimmt das Lager von Krefeld-Gellep eine Schlüsselposition ein. Es bestand vom ersten bis fünften Jahrhundert nach Christus fast ununterbrochen an derselben Stelle.
Seit 2005 gibt es die Idee, den ehemaligen Grenzwall in die Liste aufnehmen zu lassen. Und in den vergangenen Jahren sind viele Forschungen angestellt worden, um die Idee auch wissenschaftlich zu untermauern. Denn die Unesco stellt Bedingungen. „Die Bodendenkmäler müssen einen sogenannten außergewöhnlichen universellen Wert vorweisen“, erklärte Sebastian Sommer, der Vorsitzende der Deutschen Limes-Kommission. Ob dieser Wert besteht, werde anhand von zehn Kriterien überprüft, von denen mindestens eines erfüllt sein muss. Zudem müssen Echtheit und Unversehrtheit der Bodendenkmäler gegeben sein. Bis Ende 2019 werden nun alle wesentlichen Informationen aus den 19 in NRW beteiligten Städten und Gemeinden im offiziellen Nominierungsantrag eingebunden. Die Einreichung ist für Januar 2020 bei der Unesco in Paris geplant. Neben dem Kölner Dom, der Zeche Zollverein und anderen Orten wäre der „Niedergermanische Limes“die Xanten Alpen Rheinberg Moers Krefeld
Duisburg Essen
sechste Unesco-Welterbe-Stätte in Nordrhein-Westfalen.
Das Welterbe-Projekt „Die Grenzen des Römischen Reiches“umfasst die Grenzlinie und Militäreinrichtungen zur Zeit der Blüte des Römischen Reiches, etwa in der Zeit von 100 bis 200 nach Christus. Ziel ist es, die gesamte Grenzlinie vorerst in Europa als Welterbe einzutragen. Abschnitte in Deutschland und Großbritannien sind bereits Welterbe. Der gut 385 Kilometer lange Niedergermanische Limes-Abschnitt bestand von 15 vor Christus bis etwa 450 nach Christus. Dabei markierte der Rhein als „nasser Limes“die Grenze mit zahlreichen Kastellen und Legionslagern. Nach der Bataverschlacht im Jahr 69 nach Christus am Feldlager in Krefeld-Gellep mit rund 12 000 römischen Soldaten bauten die Römer 70/71 dort ihr erstes festes Kastell. An diesem Militärstandort hielten sie bis zum Ende des Römischen Reiches am Rhein im fünften Jahrhundert fest. Auf Holz-Erde-Konstruktionen folgten später Befestigungen aus Stein.
Sommer weiß, worauf es im Vorfeld der Antragstellung bei der Unesco ankommt, denn er begleitete schon die Aufnahme des auch in Bayern gelegenen Obergermanisch-Raetischen Limes auf die Kulturerbe-Liste. Und er erklärte, dass die Wissenschaft den Limes mit seinen einzelnen Abschnitten zwar bereits unter dem Titel „Frontiers of the Roman Empire“als Einheit sieht, die Bewertungskommission aber letztlich darauf achte, ob für jeden Limes-Teil der außergewöhnliche universelle Wert vorliege.
Und um diesen nachzuweisen, wurde in den vergangenen Jahren viel geforscht. Steve Bödecker vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege stellte vor, wie durch moderne wissenschaftliche Methoden einige neue Fundorte entdeckt wurden, die viel zum Verständnis römischer Geschichte auf heutigem Bundesgebiet beigetragen hätten. „So wurde beispielsweise Alpen-Drüpt Teil der ,Limes-Familie’.“Auf 143 Seiten wurden die Forschungsergebnisse nun erstmals in einer Broschüre zusammengetragen.
Auch das Archäologische Museum Krefeld bereitet sich bereits seit einigen Jahren durch Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und Bildungsprojekte auf die Bewerbung als Unesco-Welterbe-Stätte vor. „Ziel ist es, das entlang der Limesroute spannende, aufeinander aufbauende Geschichten erzählten werden, die den Besuchern und Besucherinnen die Lebenswelt an der Außengrenze des Römischen Reichs vermitteln. Es bleibt in den kommenden Monaten vor der Antragsstellung noch viel zu tun“, sagt Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin der Archäologischen Museum Krefeld. Dabei sollen Menschen jeden Alters mit dem Thema Welterbe und Römer in Krefeld vertraut gemacht werden.
Im Archäologischen Museum Krefeld sei nach der Anerkennung ein Themenschwerpunkt „Migration und Mobilität“vorgesehen. „Die Unesco-Welterbe-Stätten sind wichtige Bildungsstätten, an denen vor allem Kinder und Jugendliche den interkulturellen Zugang zu ihrer regionalen, nationalen und zur gemeinsamen europäischen Geschichte erleben können“, so Morscheiser.
Die kommenden Monate bis zur Antragstellung werden nun darüber entscheiden, ob auch in Krefeld demnächst eine Weltkulturerbe-Stätte zu bestaunen ist.