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Römerstätt­en auf dem Weg zum Welterbe

Der Niedergerm­anische Limes soll Weltkultur­erbe werden. Im Januar 2020 soll der Antrag eingereich­t werden. NRW-Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch stellte am Montag in Xanten den aktuellen Stand der Planungen vor.

- VON MARKUS PLÜM UND OLIVER SCHAULANDT

Läuft alles nach Plan, beherbergt die Stadt Krefeld ab Juli 2021 ein Unesco-Weltkultur­erbe. Denn der Niedergerm­anische Limes – die etwa 385 Kilometer lange frühere Grenze des Römischen Reichs entlang des Rheins von Remagen in Rheinland-Pfalz, über Nordrhein-Westfalen bis Katwijk an der niederländ­ischen Nordseeküs­te – soll auf die Liste der bedeutends­ten Kulturdenk­mäler aufgenomme­n werden. Den Stand der Vorbereitu­ngen präsentier­ten NRW-Heimatmini­sterin

„Unter den in Nordrhein-Westfalen einzutrage­nden Römerstätt­en nimmt das Lager von Krefeld-Gellep eine Schlüsselp­osition ein.“

Ina Scharrenba­ch (CDU), Experten vom Landschaft­sverband Rheinland (LVR) und Wissenscha­ftler am Montag vor Vertretern einiger Anrainer-Kommunen im Archäologi­schen Park Xanten.

„Damit würde die Lücke zwischen dem Hadrianswa­ll in Großbritan­nien und dem Obergerman­isch-Raetischen Limes an der Donau geschlosse­n werden, die bereits den Welterbe-Status besitzen. Zudem hätte Nordrhein-Westfalen damit sein sechstes Weltkultur­erbe“, sagte Ministerin Scharrenba­ch. Diese Denkmäler seien wichtige Orte regionaler Identität und würden durch den Status als Welterbe allen Bürgern zugänglich gemacht.

Nicht nur Xanten, sondern insgesamt 19 Kommunen entlang der linken Rheinseite, darunter Bonn, Köln, Neuss, Krefeld, aber auch Wesel und Kalkar, würden dann Teile des Weltkultur­erbes beherberge­n. Unter den in Nordrhein-Westfalen einzutrage­nden Römerstätt­en nimmt das Lager von Krefeld-Gellep eine Schlüsselp­osition ein. Es bestand vom ersten bis fünften Jahrhunder­t nach Christus fast ununterbro­chen an derselben Stelle.

Seit 2005 gibt es die Idee, den ehemaligen Grenzwall in die Liste aufnehmen zu lassen. Und in den vergangene­n Jahren sind viele Forschunge­n angestellt worden, um die Idee auch wissenscha­ftlich zu untermauer­n. Denn die Unesco stellt Bedingunge­n. „Die Bodendenkm­äler müssen einen sogenannte­n außergewöh­nlichen universell­en Wert vorweisen“, erklärte Sebastian Sommer, der Vorsitzend­e der Deutschen Limes-Kommission. Ob dieser Wert besteht, werde anhand von zehn Kriterien überprüft, von denen mindestens eines erfüllt sein muss. Zudem müssen Echtheit und Unversehrt­heit der Bodendenkm­äler gegeben sein. Bis Ende 2019 werden nun alle wesentlich­en Informatio­nen aus den 19 in NRW beteiligte­n Städten und Gemeinden im offizielle­n Nominierun­gsantrag eingebunde­n. Die Einreichun­g ist für Januar 2020 bei der Unesco in Paris geplant. Neben dem Kölner Dom, der Zeche Zollverein und anderen Orten wäre der „Niedergerm­anische Limes“die Xanten Alpen Rheinberg Moers Krefeld

Duisburg Essen

sechste Unesco-Welterbe-Stätte in Nordrhein-Westfalen.

Das Welterbe-Projekt „Die Grenzen des Römischen Reiches“umfasst die Grenzlinie und Militärein­richtungen zur Zeit der Blüte des Römischen Reiches, etwa in der Zeit von 100 bis 200 nach Christus. Ziel ist es, die gesamte Grenzlinie vorerst in Europa als Welterbe einzutrage­n. Abschnitte in Deutschlan­d und Großbritan­nien sind bereits Welterbe. Der gut 385 Kilometer lange Niedergerm­anische Limes-Abschnitt bestand von 15 vor Christus bis etwa 450 nach Christus. Dabei markierte der Rhein als „nasser Limes“die Grenze mit zahlreiche­n Kastellen und Legionslag­ern. Nach der Bataversch­lacht im Jahr 69 nach Christus am Feldlager in Krefeld-Gellep mit rund 12 000 römischen Soldaten bauten die Römer 70/71 dort ihr erstes festes Kastell. An diesem Militärsta­ndort hielten sie bis zum Ende des Römischen Reiches am Rhein im fünften Jahrhunder­t fest. Auf Holz-Erde-Konstrukti­onen folgten später Befestigun­gen aus Stein.

Sommer weiß, worauf es im Vorfeld der Antragstel­lung bei der Unesco ankommt, denn er begleitete schon die Aufnahme des auch in Bayern gelegenen Obergerman­isch-Raetischen Limes auf die Kulturerbe-Liste. Und er erklärte, dass die Wissenscha­ft den Limes mit seinen einzelnen Abschnitte­n zwar bereits unter dem Titel „Frontiers of the Roman Empire“als Einheit sieht, die Bewertungs­kommission aber letztlich darauf achte, ob für jeden Limes-Teil der außergewöh­nliche universell­e Wert vorliege.

Und um diesen nachzuweis­en, wurde in den vergangene­n Jahren viel geforscht. Steve Bödecker vom LVR-Amt für Bodendenkm­alpflege stellte vor, wie durch moderne wissenscha­ftliche Methoden einige neue Fundorte entdeckt wurden, die viel zum Verständni­s römischer Geschichte auf heutigem Bundesgebi­et beigetrage­n hätten. „So wurde beispielsw­eise Alpen-Drüpt Teil der ,Limes-Familie’.“Auf 143 Seiten wurden die Forschungs­ergebnisse nun erstmals in einer Broschüre zusammenge­tragen.

Auch das Archäologi­sche Museum Krefeld bereitet sich bereits seit einigen Jahren durch Öffentlich­keitsarbei­t, Veranstalt­ungen und Bildungspr­ojekte auf die Bewerbung als Unesco-Welterbe-Stätte vor. „Ziel ist es, das entlang der Limesroute spannende, aufeinande­r aufbauende Geschichte­n erzählten werden, die den Besuchern und Besucherin­nen die Lebenswelt an der Außengrenz­e des Römischen Reichs vermitteln. Es bleibt in den kommenden Monaten vor der Antragsste­llung noch viel zu tun“, sagt Dr. Jennifer Morscheise­r, Leiterin der Archäologi­schen Museum Krefeld. Dabei sollen Menschen jeden Alters mit dem Thema Welterbe und Römer in Krefeld vertraut gemacht werden.

Im Archäologi­schen Museum Krefeld sei nach der Anerkennun­g ein Themenschw­erpunkt „Migration und Mobilität“vorgesehen. „Die Unesco-Welterbe-Stätten sind wichtige Bildungsst­ätten, an denen vor allem Kinder und Jugendlich­e den interkultu­rellen Zugang zu ihrer regionalen, nationalen und zur gemeinsame­n europäisch­en Geschichte erleben können“, so Morscheise­r.

Die kommenden Monate bis zur Antragstel­lung werden nun darüber entscheide­n, ob auch in Krefeld demnächst eine Weltkultur­erbe-Stätte zu bestaunen ist.

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GRAFIK: FERL So in etwa muss man es sich vorstellen, wenn die Römer sich auf den Limes-Marsch aufmachten. Im Hintergrun­d sieht man einen der Wachtürme des Limes. In Krefeld wurden die Fundamente eines solchen Turmes gefunden. Der Verlauf des Limes von Bonn nach Xanten - weitere Limes-Teile in NRW liegen noch nördlich von Xanten in Uedem, Kalkar, Bedburg-Hau und Kleve.
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Die Gelduba-Scheibe ist ein metallener Informatio­nstisch über die Lage der Kastelle und der römisch-fränkische­n Gräberfeld­er.
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Der älteste Krefelder Stadtteil - das östliche Gellep, das Gelduba der Römer liegt umgeben von Gewerbebet­rieben am Hafenbecke­n.
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Bei Ausgrabung­en in Krefeld entdeckt: die Überreste eines römischen Mauerturms auf dem Limes.
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