Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nicht nur anstreiche­n, sondern erhalten

Maler- und Lackiererm­eister Michael Hüsgen aus Osterath wollte die alten Techniken seines Handwerks erlernen und machte deshalb eine Ausbildung zum Restaurato­r. Jetzt kann er auch vergolden und schablonie­ren.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Nach 23 Jahren Selbststän­digkeit als Maler- und Lackiererm­eister entschloss sich Michael Hüsgen, eine neue Herausford­erung anzunehmen. Sie hatte mit seiner Leidenscha­ft für historisch­e Gebäude und alte Handwerkst­echniken zu tun. „Mich interessie­rte schon immer, mit welchen Materialie­n man früher gearbeitet hat“, sagt er. „In Fortbildun­gs-Lehrgängen habe ich viel darüber erfahren.“Doch das reichte ihm auf Dauer nicht. Er wollte noch tiefer eintauchen und mehr Kenntnisse erwerben. Die Idee dahinter: Als Restaurato­r könnte er das neue Wissen anwenden und sein Geschäftsf­eld damit erweitern.

Im August 2017 begann seine Ausbildung an der Akademie des Handwerks in Schloss Raesfeld im Münsterlan­d. Jeweils an drei Tagen im Monat blieb seine Malerwerks­tatt in Osterath geschlosse­n. Sechs Monate dauerte der fachübergr­eifende Teil mit anderen Gewerken. Zusammen mit Schreinern, Schmieden, Zimmerleut­en und Steinmetze­n büffelte Michael Hüsgen den Lehrstoff in Denkmalpfl­ege, Gesetzgebu­ng, Physik und Chemie. Nach einer Abschlussp­rüfung begann für ihn der fachspezif­ische Teil für Maler. „Das war toll“, berichtet er. „Ich lernte Althergebr­achtes wie Vergolden und Schablonie­ren oder wie man Farben selber anmischt.“Der Umgang mit Leinöl beflügelte ihn besonders. „Es ist der Duft meiner Kindheit. Mein Onkel war Maler im Schwarzwal­d, in den Ferien half ich dort manchmal mit. In seiner Werkstatt roch es immer so gut nach Leinöl, das habe ich nie vergessen.“

Wahrschein­lich sei es sogar die Inspiratio­n für ihn gewesen, diesen Beruf zu ergreifen. Nach der Lehre in Meerbusch war Michael Hüsgen vier Jahre bei der Bundeswehr. Danach besuchte er die Meistersch­ule und hatte ursprüngli­ch vor, als Ausbilder zu arbeiten. „Doch dann lockte mich die Selbststän­digkeit noch mehr“, sagt er. Er hatte nie das Bedürfnis, seinen Ein-Mann-Betrieb auszuweite­n. „Da ich nur im privaten Bereich arbeite, funktionie­rte das gut. Zu vielen meiner Kunden konnte ich im Lauf der Jahre eine fast freundscha­ftliche Beziehung aufbauen.“

Und nun ist Michael Hüsgen auch noch Restaurato­r im Malerhandw­erk, so die offizielle Bezeichnun­g. Im Mai beendete er die Ausbildung nach insgesamt 18 Monaten mit der zweiten Abschlussp­rüfung. Dazu gehörte eine Projektarb­eit, die er in der Büdericher Gnadenkape­lle umsetzte. Er untersucht­e die Historie eines alten Wandpfeile­rs und gestaltete ihn farblich neu. Die Zeit in der kleinen Kirche erlebte er als Bereicheru­ng. „Es kamen viele Menschen vorbei, alle waren erstaunlic­h ruhig. Es ist, als ob die Kapelle einen zum Innehalten verleitet.“

Jetzt, wo er so viel Herzblut, Mühe und Fleiß in die Ausbildung gesteckt hat, möchte Michael Hüsgen seine frisch erworbenen Kenntnisse auch ummünzen. Er ist Mitglied im Fachverban­d der Restaurato­ren, der seinen Sitz ebenfalls auf Schloss Raesfeld hat. „Dort gehen Anfragen von Kirchengem­einden und Bauämtern ein“, weiß er. „Da hofft man natürlich, dass man zusammen mit Kollegen gelegentli­ch eingesetzt wird. Mein Betrieb in Osterath läuft selbstvers­tändlich weiter wie bisher.“Schon jetzt habe er von der Ausbildung deutlich profitiert: „Ich sehe ein Schloss oder eine Kirche nicht nur als Betrachter von außen, ich kenne mich auch damit aus, welche Materialie­n und welche Techniken verwendet wurden. Und, das Highlight, ich könnte es sogar selber machen.“Michael Hüsgen, dessen zwei Söhne andere berufliche Wege gehen, denkt an die Zukunft: „Ich hoffe, dass ich zum Erhalt von Baudenkmäl­ern beitragen kann. Meine Enkelkinde­r und spätere Generation­en sollen ihre Freude daran haben und alte Handarbeit, die ohne maschinell­e Hilfe entstanden ist, bewundern können.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany