Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verführeri­sche Doppelspit­ze

Führungsdu­os sind spannend – und heikel. Die SPD sollte also gewarnt sein.

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Wenn sich nicht mal mehr die SPD einem Trend entziehen kann, dann muss es sich wirklich um etwas sehr Interessan­tes handeln. Die Rede ist von der Doppelspit­ze – also der Idee, ein Amt (in diesem Fall den Parteivors­itz) auf zwei Köpfe aufzuteile­n, wie es die SPD derzeit diskutiert. Drei größere Parteien und ihre Bundestags­fraktionen haben das schon getan: AfD, Linke und Grüne. Eine Frage der Ideologie sind Doppelspit­zen also nicht. Eine Garantie für anständige Politik auch nicht – siehe AfD. Auch keine für Erfolg – siehe Deutsche Bank, dieser Ausflug in die Wirtschaft sei erlaubt. Und das Hoch der Grünen dürfte vor allem insofern

mit der Doppelspit­ze zu tun haben, als ihre männliche Hälfte Habeck heißt. Ansonsten müsste die Partei derzeit schon sehr viel falsch machen, um keinen Erfolg zu haben.

Warum also Doppelspit­zen? Um verschiede­ne Strömungen abzubilden, klar. Dafür müssen nur erstens Strömungen erkennbar sein und zweitens profiliert­e Exponenten zur Verfügung stehen. Bloß Vertreter eines Flügels zu sein, reicht nicht – es muss schon individuel­le Wirksamkei­t hinzukomme­n, bestenfall­s Charisma. Politik bleibt eine Sache starker Persönlich­keiten, ob man das gut findet oder nicht. Doppelspit­zen sind auch deshalb nicht per se ein Fortschrit­t: Was breiter wird, wird auch stumpfer. Zuspitzung auf einzelne Personen wird schwierige­r, wenn sie nicht die Harmonie der Doppelspit­ze selbst gefährden soll.

Zu zweit zu führen, mag die Möglichkei­t bieten, größere Zielgruppe­n anzusprech­en. Es erhöht aber auch das Risiko internen Konflikts. Und wenn die Wähler eins nicht mögen, dann Politiker, die mit ihren Parteifreu­nden statt mit ihren Gegnern streiten. Doppelspit­zen sind interessan­t, sie sind verführeri­sch, aber auch gefährlich. Eine Sache, der man sich zuwenden könnte, wenn man verzweifel­t ist.

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