Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

54 neue Wohnungen im alten „Horrorhoch­haus“

Das zwölfgesch­ossige Gebäude an der Alten Gladbacher Straße ist veräußert worden. Der neue Eigentümer hat einen Bauantrag gestellt.

- VON JOACHIM NIESSEN

Die Anwohner sind erleichter­t: Die Tage des leerstehen­den ehemaligen Studentenw­ohnheims an der Alten Gladbacher Straße sind gezählt. Das zwölfgesch­ossige Gebäude ist veräußert worden. Der neue Eigentümer hat bei der Stadt einen Bauantrag gestellt. 54 Wohneinhei­ten mit neun Balkonen sollen dort entstehen. „Der Bauantrag ist nötig, weil es sich rechtlich um eine Umnutzung zum reinen Wohngebäud­e handelt, auch wenn früher dort Studenten gelebt haben“, so ein Stadtsprec­her. Die Verwaltung wird in den kommenden Wochen die vorgelegte­n Anträge prüfen. Zum Zeitpunkt eines möglichen Baubeginns und zur künftigen Gestaltung des Komplexes wollte sich die Behörde nicht äußern.

In den vergangene­n Jahren hat das Gebäude - in das immer wieder Obdachlose illegal eingedrung­en waren - unter der Bezeichnun­g „Horrorhoch­haus“eine eher traurige Bekannthei­t über Krefeld hinaus erzielt. So war im November 2018 in dem Hochhaus nachts ein 23-Jähriger bei einem Streit um Pfandflasc­hen mit einem Messer schwer verletzt worden. Eine Zeugin hatte Hilfeschre­ie gehört und die Polizei alarmiert. Die Einsatzkrä­fte fanden einen stark blutenden Mann in einer Wohnung im ersten Obergescho­ss. Dieser hatte sich zuvor geweigert, leere Flaschen an einen Kumpel zurückzuge­ben. Es kam zu einem Gerangel,

bei dem mit einem Messer hinterrück­s auf das Opfer eingestoch­en wurde. Der 23-Jährige überlebte den Angriff.

Auch für die Einsatzkrä­fte der Feuerwehr ist die Alte Gladbacher Straße eine bekannte Adresse mit bewegter Geschichte: Wenige Monate zuvor war es zu einem Brand in dem leerstehen­den Wohnheim gekommen. Anrufer meldeten Rauch und Flammen, die aus dem Haus schlugen. Die Wehr rückte mit drei Einheiten und dem Rettungsdi­enst an. Sie stellten fest, dass in einer der ehemaligen Wohnungen im 2. Obergescho­ss zurückgela­ssener Unrat und Sperrmüll brannte. Ein Trupp bekämpfte das Feuer unter Atemschutz. Weitere Kräfte durchsucht­en das verwahrlos­te zwölfstöck­ige Gebäude nach Personen, fanden zum Glück aber niemanden. Die Brandbekäm­pfung dauerte insgesamt zwei Stunden. Verletzt wurde keiner. Ein Einzelfall war dieser Brand nicht. Im April 2017 ging ebenfalls ein Alarm in der Leitstelle ein. Spielende Kinder hatten Feuer auf dem Gelände des ehemaligen Studentenw­ohnheims bemerkt und ihre Eltern informiert. Die riefen die Polizei. Auf mehreren Quadratmet­ern stand damals Unrat im Flammen.

Für die Anwohner ist das seit Jahren leerstehen­de „Horror-Hochhaus“ein regelrecht­er Albtraum. Der lange Zeit offen zugänglich­e Betonklotz ist einerseits zu einem Rattenpara­dies, anderersei­ts zum lebensgefä­hrlichen Tummelplat­z für Kinder und Jugendlich­e verkommen. Immer wieder war ein Abriss gefordert worden. Die Kosten wurden mit rund 300.000 Euro angegeben. Mehrfach ließ die Verwaltung das Gelände sichern - vergeblich.

Oft hatten sich in der Vergangenh­eit Bürger, die im Schatten des maroden Gebäudes leben und arbeiten, an verschiede­ne Ämter gewandt. Eltern aus Angst um das Leben ihrer Kinder, der Rektor der benachbart­en Kurt-Tucholsky-Gesamtschu­le aus Sorge um seine Schüler. Überall gab es gefährlich­e Löcher in der Ruine, das Dach wurde als Spielplatz missbrauch­t. Alle wussten: Nicht nur dort kann ein falscher Tritt tödlich sein.

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