Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Bischof Rechtsaußen
Carsten Rentzing, der Bischof der sächsischen evangelischen Landeskirche, war als Student enger mit der rechten Szene verwachsen, als es der Kirche lieb sein kann.
– im Unterschied etwa zum Berliner Bischof Markus Dröge, der die Partei seit Jahren öffentlich kritisiert. In einer gemeinsam mit dem katholischen Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, veröffentlichten Stellungnahme nach der Landtagswahl forderte Rentzing lediglich, den „Wählerwillen zu achten“und sich für einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen. Doch was Rentzing mit der Aussage „Positionen, die ich vor 30 Jahren vertreten habe, teile ich heute nicht mehr“in seiner Rücktrittsankündigung meinte, blieb unklar – bis die ARD am Samstag Textauszüge Rentzings aus der Zeitschrift „Fragmente“veröffentlichte. So schrieb der damalige Student Rentzing: „Dass ein Staat, (...) in dem Feigheit vor Tapferkeit, Selbstverwirklichung vor Freiheit, Leben vor Ehre gilt, dem Untergang geweiht ist, dürfte kaum bezweifelt werden.“
Auch kritisierte er, dass die demokratische Staatsverfassung auf die Freisetzung großer Persönlichkeiten keinen großen Wert lege. „An die Stelle der einsamen Entscheidungen großer Männer setzt man vielfältige Beratungen und Mehrheitsentscheidungen, die letztlich die Nivellierung der Geister fördert.“
Die Leitung der sächsischen Kirche nannte diese Texte anschließend verstörend: sie seien „elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich“. Sie seien „aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar“, heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme.
Zum Rücktritt Rentzings gab es deswegen keine Alternative. Denn für die evangelische Kirche ist eine derartige Nähe einer ihrer Führungspersönlichkeiten zum Rechtsnationalismus ein handfestes Problem. „Erschreckend“nannte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die am Wochenende
ans Licht gekommenen Aufsätze Rentzings. Am Freitag hatte er noch in Unkenntnis der Texte den Rücktritt bedauert.
Doch zu den Grundüberzeugungen des deutschen Protestantismus gehört die aus der christlichen Nächstenliebe resultierende Ablehnung jeglicher gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – was in den meisten Landeskirchen auch zu einer klaren Trennlinie zur AfD geführt hat. Allerdings gilt das vor allem für den offiziellen Teil der Landeskirchen: An der Basis finden sich immer wieder Fälle, in denen ein Mitglied eines Ältestenrates oder Presbyteriums auf kommunaler Ebene für die AfD antritt. Schon lange warnen deswegen Beobachter vor einer Unterwanderung der evangelischen Kirche von rechts. Und der Rat der EKD hat deswegen schon im Februar beschlossen, ein Forschungsprojekt zu diskriminierenden Haltungen in der evangelischen Kirche fortzusetzen.
Und auch von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, die im November zu ihrer nächsten Tagung zusammenkommt, ist wohl ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus zu erwarten. Denn der Tagungsort des evangelischen Kirchenparlaments ist ausgerechnet Dresden.