Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Der eskalierte Lufthansa-Konflikt
Die Ufo bestreikt am Sonntag für fünf Stunden die Standorte Frankfurt und München. Der Konzern zeigte sich zuversichtlich, trotzdem alle Flüge anbieten zu können. Es könnte aber nur der Auftakt für eine Streikwelle sein.
DÜSSELDORF Wenn Gewerkschafter und Arbeitgeber übereinander öffentlich reden, dann bemühen sie gerne das Bild der Sozialpartnerschaft. Blickt man auf den Konflikt bei der Lufthansa, fällt es recht schwer, das Wort Partnerschaft überhaupt in den Mund zu nehmen. Das Tischtuch zwischen der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo) und der Kranich-Linie ist zerschnitten. Seit Monaten liefern sie sich einen auch mit juristischen Bandagen ausgetragenen Konflikt, den es so in der Wirtschaftslandschaft nur selten gibt. Und der steuert auf einen neuen Höhepunkt zu.
Leidtragende könnten an diesem Wochenende Lufthansa-Passagiere sein, die von München oder Frankfurt fliegen wollen. Die Ufo teilte am Montag mit, alle Mitglieder und Kabinenbeschäftigte der Lufthansa an den beiden Standorten seien für Sonntag dazu aufgerufen, sich an dem Ausstand zu beteiligen. Dieser solle um 6 Uhr beginnen und bis 11 Uhr dauern. „Wir bedauern diesen Schritt sehr, doch sehen wir keinen anderen Weg mehr, als auf diese Weise unserer Tarifforderung Nachdruck zu verleihen“, heißt es in dem Streikaufruf. Es bedürfe eines spürbaren und geschlossenen Zeichens für die Zukunft der Kabinenarbeitsplätze, hieß es weiter.
Die Gewerkschaft fordert unter anderem eine rückwirkende Lohnerhöhung um 1,8 Prozent zum Juli. Der Tarifvertrag soll nur eine extrem kurze Laufzeit bis zum Jahresende haben. Dann will sie erneut über höhere Löhne reden. Problem nur: Das Lufthansa-Management weigert sich, die Ufo überhaupt als Gesprächspartner zu akzeptieren: „Sowohl die Gewerkschaftseigenschaft der Ufo als auch die Vertretungsbefugnis des Ufo-Vorstands sind nach wie vor ungeklärt“, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. „Vor diesem Hintergrund sind Streikaufrufe und Streiks aus unserer Sicht rechtswidrig und auch Verhandlungen mit Ufo sind weiterhin nicht möglich.“Die Lufthansa lässt derzeit in einem Statusverfahren vor dem hessischen Landesarbeitsgericht die Tariffähigkeit der Ufo prüfen. Der erste Verhandlungstermin ist allerdings erst für den 30. April 2020 angesetzt.
Hintergrund für diese Haltung ist ein vorangegangener interner Machtkampf im Ufo-Vorstand, der unter anderem eine Reihe von Nachnominierungen nötig machte. Die Lufthansa bezweifelt, dass diese rechtmäßig erfolgten. Zeitweilig wurde zudem gegen einige Vorstandsmitglieder wegen zu viel gezahlter Gehälter ermittelt. „Unser klares Ziel ist es, am 20. Oktober unser volles Flugprogramm aufrechtzuerhalten“, sagte die Konzern-Sprecherin. „Wir prüfen, ob wir rechtliche Schritte wegen des angekündigten Streiks unternehmen.“
Die Gewerkschaft zeigte sich davon unbeeindruckt und attackierte ihrerseits die Konzernführung. Ufo-Vize Daniel Flohr sprach in einer Videobotschaft von einem Gesprächsembargo, das die Lufthansa gegen die Ufo verhängt habe und das auch für alle Tochtergesellschaften gelte. Flohr bezichtigte die Lufthansa, Mitarbeitern mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu drohen, sollten sich diese an den Streiks beteiligen. „Der Konzern führt seit Jahren einen Machtkampf gegen die Spartengewerkschaften in seinem Hause.“
Der Ufo-Tarifvorstand attackiert auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Diese wolle die Ufo aus dem Unternehmen drängen, lautet sein Vorwurf. Mit dem Streik am Sonntag will es die Ufo im Übrigen nicht bewenden lassen. Weitere Aufrufe seien ab jetzt jederzeit möglich. Die Tarifkommissionen würden über Urabstimmungen beraten, um zu unbefristeten Streiks im gesamten Konzern aufzurufen. Es droht, ungemütlich zu werden.