Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Zapfenstreich
Das größte Volksfest der Welt, die Wiesn in München, fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie aus, ebenso der kleine Ableger in Xanten. Die Cranger Kirmes hingegen könnte im Herbst noch stattfinden.
MÜNCHEN/XANTEN Erstmals seit 70 Jahren gibt es in München in diesem Jahr kein Oktoberfest. „Wir sind übereingekommen, dass das Risiko schlicht und einfach zu hoch ist“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) betonte, dass man die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen habe. Doch ohne Impfstoff sei es zu gefährlich, die Ansteckungsgefahr sei zu hoch. Erfahrungen aus Ischgl und dem Kreis Heinsberg zeigten, dass Massen feiernder Menschen ein extremes Risiko darstellten.
Die Nachricht über das Aus für die Münchner Wiesn, die am 19. September begonnen hätte, ist keine Überraschung. Dennoch trifft die Entscheidung besonders die Schausteller hart. Sie fürchten, dass nun weitere Großveranstaltungen auch nach dem 31. August dieses Jahres abgesagt werden könnten. „Die Absage des Oktoberfestes darf kein Indikator sein, andere Volksfeste ab Ende August in Deutschland zwingend und voreilig abzusagen“, warnt der deutsche Schaustellerbund. Die Feste seien für die Schausteller von existenzieller Bedeutung und für die einheimische Bevölkerung zentraler Anker des gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenlebens.
Bundesweit gibt es kein vergleichbar großes Fest wie die Wiesn, bei der die rund sechs Millionen Besucher im vergangenen Jahr rund 442 Millionen Euro für Bier und Speisen sowie Fahrten auf historischen Karussells und ultramodernen Fahrgeschäften ausgaben.
Ebenfalls sehr groß ist der Cannstatter Wasen in Stuttgart, der am 25. September beginnen soll. Aber auch das zweitgrößte Volksfest in Deutschland steht wegen Corona auf der Kippe – erst recht nach der Absage in München. Die Stadt als Veranstalter hat bislang nicht entschieden, sondern berät noch über eine Durchführung oder Absage des Festes. Eine Entscheidung soll Ende April oder Anfang Mai fallen.
In NRW ist die Düsseldorfer Kirmes am Rhein bereits abgesagt worden – jedenfalls in der bekannten Form. Auch die Stadt Bonn hat nun ihren diesjährigen Pützchens Markt abgesagt. Der Jahrmarkt, der jedes Jahr mehr als eine Million Menschen anlockt, sollte vom 11. bis zum 15. September steigen. Die Cranger Kirmes in Herne, das wohl größte Volksfest in NRW, findet nicht wie geplant im August statt, weil bis zum 31. August alle Großveranstaltungen in Deutschland untersagt sind. Sollte sich die Lage in den nächsten Monaten entspannen, könnte es den Rummel allerdings zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres doch noch geben. „Crange kann man nicht einfach absagen. Ob wir einen Ersatztermin finden, hängt aber von vielen Kriterien ab, die wir nicht alle beeinflussen können“, sagt der Oberbürgermeister von Herne, Frank Dudda (SPD). Im Juni wollen sich die Verantwortlichen zusammensetzen und weiter über einen Ausweichtermin beraten.
In NRW wollen viele Organisatoren von kleineren Großveranstaltungen erst einmal offen lassen, ob sie ihre Feste und Feiern nach dem 31. August wie geplant stattfinden lassen – oder eben nicht. Die Betreiber
des Xantener Oktoberfest sind da einen Schritt weiter und haben am Dienstag bekanntgeben, dass die Gaudi in Xanten dieses Jahr ausfällt; bereits gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit fürs nächste Jahr.
Die Absage des Oktoberfestes in München und die unklare Lage für die Cranger Kirmes werden in der Bierbranche als weitere Hiobsbotschaften angesehen. Der Deutsche Brauer-Bund spricht von bundesweit abgesagten Zehntausenden Veranstaltungen und Festen, die eigentlich ein Pfeiler der Branche seien. „Das ist auf Null“, sagte Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Auch der wichtige Pfeiler Gastronomie, mit dem üblicherweise etwa 20 Prozent des gesamten deutschen Bierabsatzes verbunden sind, sei derzeit weggebrochen. (mit dpa)