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Hier forscht NRW an Mitteln gegen Corona
Mehr als 80 Unternehmen suchen weltweit nach Impfstoffen und Medikamenten. Nordrhein-Westfalen liefert vor allem zu.
DÜSSELDORF Die Welt sucht ein Gegenmittel. Der Wettlauf um die Entwicklung eines Impfstoffs oder eines Medikaments gegen das neue Coronavirus ist einzigartig. Und der Bedarf ist groß. Denn mit den bisherigen Eindämmungsmaßnahmen werden wir das Virus weder in absehbarer Zeit ausrotten noch eine Herdenimmunität herbeiführen, bei der ein Großteil eine Infektion durchgemacht hat und erst einmal immun ist. Wenn Bund und Länder bei ihrer Strategie bleiben, ist ein Impfstoff oder ein Medikament der einzige Weg aus der Krise. In Deutschland ist die Tübinger Firma Curevac vergleichsweise weit bei der Impfstoffentwicklung. Doch es gibt noch viele weitere Unternehmen, die sich beteiligen. Ein Blick nach NRW.
Lead Discovery Center
Das Unternehmen arbeitet eng mit verschiedenen Instituten und Pharmaunternehmen an der Erforschung von Medikamenten gegen das neuartige Coronavirus. Dabei liegt der Fokus auf der frühen Wirkstoffentwicklung. So prüft das Lead Discovery Center chemische Moleküle auf deren Wirkung im menschlichen und tierischen Organismus. Die untersuchten Substanzen finden sich dann später in einem Medikament, das ein Pharmaunternehmen herstellt. Bereits seit 2015 läuft zum Beispiel ein Projekt zur Entwicklung einer Arznei, die die zelluläre Müllabfuhr (Autophagie) ankurbelt, damit diese besser gegen einen Corona-Erreger ankommt.
Bayer
Der Pharmariese will nach der Zulassung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus bei der Produktion des Mittels aushelfen. Zurzeit halte das Unternehmen schon Kapazitäten vor, um diese bei Bedarf teilweise umwidmen zu können, sagte Unternehmenschef Werner Baumann vergangene Woche im Podcast des Journalisten Gabor Steingart. Jüngsten Studienergebnissen zufolge könnte der Wirkstoff Chloroquin gegen das Coronavirus helfen. Er findet sich in dem Malaria-Medikament Resochin von Bayer. Das Medikament muss allerdings noch klinische Studien durchlaufen, um das Verhältnis von Nutzen und Risiko zu klären.
Am Dienstag kündigte Bayer dazu ein Forschungsprogramm mit dem kanadischen Population Health Research Institute an.
Taconic Biosciences
Entwickelt werden dort sogenannte Mausmodelle, die auch für die Forschung an Covid-19 eingesetzt werden. In der Wissenschaft bilden Mausmodelle eine wichtige Grundlage. Die Mäuse werden genetisch so verändert, dass ihnen zum Beispiel ein bestimmtes Protein fehlt oder dieses ausgeschaltet ist. Anschließend infiziert man die Tiere mit dem jeweiligen Erreger und untersucht, wie der Organismus reagiert. Die Pharmaunternehmen oder Unikliniken bestellen solche transgenen Mäuse, um mit ihnen selbst zu forschen.
Cevec Pharmaceuticals
Das Unternehmen stellt Technologien zur Herstellung von Impfstoffen
bereit. Ein Fokus liegt hier auf adenoviralen Vektoren. Das sind harmlose Viruspartikel, die in der Gentechnik dafür verwendet werden, genetisches Material in Zellen einzuschleusen. Cevec Pharmaceuticals stellt dafür ein Produktionssystem zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Unternehmen adenovirale Vektoren entwickeln können. Derlei modifizierte Viren sind ein wichtiger Bestandteil in der Impfstoffforschung.
AiCuris
Eine Alternative zu neuen Medikamenten, deren Entwicklung mehrere Jahre beansprucht, bilden bereits bestehende Arzneien, die zwar nicht gegen das neue Coronavirus entwickelt worden sind, aber dennoch dagegen wirken. „Ich würde sagen, da schauen im Moment alle im Keller nach, ob sie nicht zufällig etwas im Angebot haben“, beschrieb jüngst Holger Zimmermann, wissenschaftlicher Geschäftsführer von AiCuris, im „Remscheider General-Anzeiger“die Aktivitäten der Pharmaindustrie. AiCuris schließt Zimmermann dabei nicht aus. Das Unternehmen habe schließlich Medikamente gegen Viren wie das humane Cytomegalovirus, das Herpes-simplex-Virus, das Hepatitis-B-Virus und gegen Adenoviren entwickelt.
Syntab Therapeutics
Mit einer firmeneigenen Plattform entwickelt Syntab Therapeutics antivirale Wirkstoffkandidaten selbst oder in Kooperation mit Partnerunternehmen. Spezialisiert ist das Unternehmen aus Würselen eigentlich auf die Herstellung synthetischer Immun-Onkologika, mit deren Hilfe das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen Krebs mobilisiert wird.
Qiagen
Das Hildener Biotech-Unternehmen entwickelt zwar keine Wirkstoffe, produziert aber seit Jahren Tests auf Krankheiten wie Tuberkulose. Im März brachte Qiagen einen Schnelltest auf das Coronavirus auf den Markt, der einen Nasennebenhöhlen-Abstrich genetisch untersucht. Der Test liefert binnen einer Stunde ein Ergebnis und kostet etwa 100 Dollar. Daneben liefert Qiagen Reagenzien für Tests anderer Hersteller. Dazu hat es die Produktion in Hilden auf einen Dreischichtbetrieb an sieben Tagen in der Woche umgestellt. Es stellt Reagenzien für sieben Millionen Tests pro Monat her.