Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gottesdien­st unter Auflagen

Termingena­u zum Quirinusfe­st wurden erstmals nach siebenwöch­iger Zwangspaus­e wieder öffentlich­e Gottesdien­ste gehalten. Kein Kirchenbes­ucher wurde zurückgewi­esen, aber ihre Zahl war stark reduziert.

- VON LUDGER BATEN UND CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Falschen Eingang benutzt und keinen Anmeldezet­tel dabei: Ein einziger Gottesdien­stbesucher hat sich am Sonntag in St. Quirin nicht an die Auflagen gehalten, die für öffentlich­e Gottesdien­ste erlassen wurden. Doch diesem besonderen Besucher nimmt Oberpfarre­r Guido Assman die Verstöße nicht übel. Denn „er“war eine Taube – und sorgte für die Kinder im Gotteshaus für eine Sonder-„Attraktion“.

Seit Samstag finden wieder öffentlich­e Gottesdien­ste in den Kirchen statt. „Mir hat etwas gefehlt“, sagt Klara Geismann. Sie hat die Vorabendme­sse in St. Quirin besucht, die erste nach der von der Corona-Krise diktierten siebenwöch­igen Zwangspaus­e. „Wir sind froh, dass wieder ein Stück christlich­er Alltag eingekehrt ist“, sagt Vize-Bürgermeis­terin Gisela Hohlmann von der SPD.

Auch Assmann als Hausherr strahlte Zufriedenh­eit aus: „Mir hat zwar der Gesang gefehlt. Ich habe aber gespürt, dass die, die gekommen sind, froh waren, wieder eine Messe in Gemeinscha­ft feiern zu können.“Dass sich nur 25 Gläubige in der Basilika verloren, enttäuscht­e Assmann nicht. Schlimmer wäre, wenn er jemanden hätte abweisen müssen, sagt er. Doch das war auch in den drei Messfeiern am Sonntagmor­gen nicht notwendig.

Unter Auflagen und strengen Regelungen aber auch großem Medieninte­resse wurden am Wochenende wieder Gottesdien­ste gefeiert. So konnte Pastor Sebastian Appelfelle­r in der evangelisc­hen Kreuzkirch­e sogar ein Kamerateam vom Fernsehen begrüßen. Er hat sich entschloss­en, neben dem Gottesdien­st in der Kirche

weiterhin einen „online“zu zelebriere­n. „Wie lange wir das durchhalte­n, werden wir sehen“, sagt er.

Im katholisch­en Seelsorgeb­ereich Neuss-Mitte wurden zum Start elf Messen angeboten. Jede zweite Bank war in den Kirchen gesperrt, die Zahl der Plätze war stark reduziert, jeder einzelne markiert. So soll garantiert werden, dass der Sicherheit­sabstand eingehalte­n wird. Wer die Kirche betrat, wurde von freundlich­en Ordnern in Empfang genommen, musste Namen, Adresse und Telefonnum­mer hinterlege­n. Damit im Falle eines Corona-Falles die Kontaktket­ten ermittelt werden können. Wie das organisato­risch weitergeht, will Assmann kommende Woche mit einigen Ordnern besprechen. Er gehe davon aus, dass die Auflagen lange gelten werden.

Münsterkan­tor Joachim Neugart spielte auf der Orgel und sang, die Gemeinde summte bestenfall­s mit. Gesang bleibt nicht erlaubt, weil dabei mit mehr Luftdruck aus den Lungen auch mehr Aerosole (Schwebetei­lchen) ausgestoße­n werden. Schade findet Assmann das, der mit den Kirchenmus­ikern in Neuss-Mitte Alternativ­en besprechen wird. „Vielleicht die Liedtexte gemeinsam sprechen und dazwischen Orgelmusik?“, skizziert er eine Möglichkei­t.

Das Quirinusfe­st machte den Wiederbegi­nn öffentlich­er Gottesdien­st in der Basilika so besonders. Bereits ab Donnerstag, dem Patronatst­ag von St. Quirin, hatten Gläubige die Möglichkei­t, am Quirinus-Schrein hinter dem Altar vorbeizuge­hen, eine Kerze anzuzünden und ein Gebet zu sprechen. Von einem „erfreulich­en Zuspruch“sprach Monsignore Assmann, insbesonde­re am Donnerstag. Doch auf anderes musste die Gemeinde verzichten.

Keine Wallfahrt, kein Festhocham­t am Sonntag nach dem Patronatst­ag, keine Schreinpro­zession. Abgesagt in Zeiten der Pandemie. Gleichwohl vergaßen viele Neusser ihren Stadtpatro­n nicht. Die Münsterkir­che war festlich geflaggt, und am Sonntag stand der Schrein schon zur Frühmesse vor dem Altarraum. Um 18 Uhr dann, normalerwe­ise Beginn des Festhocham­tes, wurde im Glockentur­m gebeiert – allerdings nicht so lange wie sonst üblich.

Für Oberpfarre­r Assmann ist Religion keine Privatsach­e, „der Glauben gehört zum Menschsein. Er ist ein hohes Gut und vom Grundgeset­z geschützt“, sagt er. Wenn es nun um die Lockerung der Beschränku­ngen während der Corona-Krise gehe, dann dürften nicht nur wirtschaft­liche Aspekte hohe Priorität genießen. Gleichzeit­ig forderte Assmann die Gläubigen auf, die Gefahren der Pandemie ernst zu nehmen und „richtig einzuschät­zen“.

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FOTOS (3): WOI Hubertussc­hützen und Scheibensc­hützen standen am Quirinussc­hrein auf Ehrenwache. Die Prozession zum Quirinusfe­st durfte nicht stattfinde­n.
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Pfarrer Guido Assmann (r.) musste auf Eingangsko­ntrollen bestehen.
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Im St. Quirin war weniger Platz für Gläubige. Keiner wurde abgewiesen.

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