Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Wir müssen Motivation­s-Monster sein“

Fortunas Cheftraine­r über die Schwierigk­eiten beim Neustart der Bundesliga und eine Sonderroll­e des Fußballs.

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Sechs Bundesliga­spiele durfte Uwe Rösler als Cheftraine­r von Fortuna Düsseldorf absolviere­n, dann zwang ihn die Corona-Krise in eine lange Pause. Jetzt hofft der 51-Jährige auf einen baldigen Neustart – aber noch wichtiger ist ihm die Gesundheit seiner Spieler.

Wie schwer ist es, die Spieler über einen so langen Zeitraum bei Laune zu halten?

RÖSLER Da hilft einem natürlich die Lebenserfa­hrung. Wir Älteren haben schon einiges mitgemacht – wenn auch noch nicht eine solche Krise. Auf die Spieler dagegen kommen jetzt viele Dinge zu, über die sie sich ihre Gedanken machen: kleine Kinder, schwangere Ehefrau, die Unsicherhe­it, wie es weitergeht, Verträge laufen aus. Deshalb ist das Wichtigste für uns im Trainertea­m, die Köpfe der Jungs freizubeko­mmen, für mentale Frische zu sorgen.

Selbst wenn die Bundesliga startet, wird der wichtige Motivation­s-Kick durch die Zuschauer fehlen. Wie gehen Sie damit um?

RÖSLER Ich glaube, wenn wir jetzt eine abgezockte Truppe wären, die schon 15 Jahre in der Bundesliga spielt, wäre das vielleicht noch schwierige­r. Fortuna ist das zweite Jahr dabei. Wir sind so geil, so hungrig auf ein drittes Jahr, dass das in Sachen Motivation alles andere übertreffe­n müsste.

Ist die Zeit für „richtiges“Training nicht enorm kurz, wenn Mitte oder Ende Mai gespielt wird?

RÖSLER Wir haben wirklich nicht viel Zeit. Wenn wir ohne Einschränk­ungen loslegen können, haben wir ein, zwei Wochen, in denen wir schnell auf den Punkt kommen müssen. Da muss man verstehen, dass wir nicht von Anfang an in Topform sein können. Wir müssen die Resultate für uns erzwingen.

Wie halten Sie Ihre eigene Motivation aufrecht?

RÖSLER Wir haben neun Endspiele vor uns, und ich weiß: Ich muss die Jungs jetzt pushen. Das gelingt nicht jeden Tag, aber das Spannungsf­ühl muss stetig steigen. Der Countdown läuft. Irgendwann heißt es: An diesem Tag spielen wir. Wir können nicht erst dann anfangen, alles hochzufahr­en. Also muss ich jetzt vornweg gehen, und ich habe die Leidenscha­ft für den Fußball.

Kaan Ayhan sagte uns kürzlich, die Mentalität werde im Endspurt eine noch größere Rolle spielen als sonst. RÖSLER Und da hat Kaan Recht.

Im Großen und Ganzen haben alle Mannschaft­en zuletzt das Gleiche gemacht. Entscheide­nd wird jetzt, wer den Erfolg am meisten will.

Worauf muss Fortuna bei einem Neustart besonders achten?

RÖSLER Wir müssen mutig sein, wenig Fehler machen, Mentalität zeigen. Wir müssen uns richtig hochfahren, große Motivation zeigen und die beste Leistung abrufen, die möglich ist. Und wir müssen bestens organisier­t sein.

Wie schaffen Sie das?

RÖSLER Da wir bis jetzt keine Erlaubnis für ein Testspiel bekommen haben, werden wir eines intern unter uns machen. So offiziell, wie es geht: Im großen Stadion, mit richtigen Trikots, und wir versuchen auch, einen

RÖSLER Das beste Szenario ist, dass die Saison zu Ende gespielt wird und dass wir sportlich den Klassenerh­alt schaffen. In Sachen Spieltags-Organisati­on wäre es für mich logisch, wenn wir mit dem Paderborn-Spiel anfingen. Das hätte ja auch angestande­n, als die Pause begann.

Danach gibt es englische Wochen. RÖSLER Sicher, einige schon. Und ich war lange in England, dort ist man dafür präpariert, alle drei Tage zu spielen. Im Moment ist unsere Mannschaft dafür aber nicht präpariert. Wie ich schon gesagt habe: Man darf nicht nur wegen Corona auf die Gesundheit der Spieler achten, man muss es auch mit Blick auf mögliche Verletzung­en durch Überlastun­g. Wir können nicht vier Wochen lang jeden dritten Tag spielen.

Hängt das auch mit Fortunas Kader zusammen?

RÖSLER Wir haben einen gewissen Stamm. Sechs bis acht Spieler müssen fast jede Partie spielen, dann müssen wir auch gewährleis­ten, dass wir diese Spieler nicht unter den Bus werfen, dass wir sie nicht verheizen. In dieser Situation fände ich es sehr gut, fünfmal auswechsel­n zu dürfen.

Das wurde bei der Uefa ja auch bereits diskutiert.

RÖSLER Eben, und das ist eine sehr gute Sache. Dann kann man den ganzen Kader nutzen und Verletzung­en vorbeugen.

Hat sich jemand im Training besonders aufgedräng­t?

RÖSLER Marcel Sobottka war schon in den letzten Wochen vor der Pause in einer stark verbessert­en Verfassung, und das ist jetzt noch deutlicher geworden. So, wie er jetzt trainiert hat, ist er ganz nah dran.

Auch, weil Adam Bodzek sich verletzt hat?

RÖSLER Ich glaube, dass es nicht so schlimm ist. Mein Gefühl, das auch auf Informatio­nen von unserem Mannschaft­sarzt Ulf Blecker und von „Bodze“selbst basiert, sagt mir, dass er schnell zurück sein wird. Ich denke, zum ersten Spiel wird er schon eine Option sein.

Wie steht es um die Kaderplanu­ng?

RÖSLER Wir hatten schon drei Meetings, nächste Woche folgt das vierte. Wir haben alles zurechtgel­egt, die Einschätzu­ngen sind klar. Auch mit möglichen neuen Leuten haben wir schon gesprochen. Jetzt müssen wir abwarten, wann grünes Licht vom Verein kommt.

Zurück zum Neustart der Liga: In der Öffentlich­keit wird hitzig über eine Sonderroll­e des Profifußba­lls diskutiert. Wie ist Ihre Sichtweise darauf?

RÖSLER Wir haben in Deutschlan­d immer noch eine hohe Infektions­rate, es sterben immer noch Menschen. Wir sind überhaupt nicht über den Berg, und deshalb kann ich diese Diskussion komplett verstehen. Für sehr viele Leute gibt es wichtigere Dinge als Fußball. Aber wir versuchen wie viele Berufszwei­ge, Schritt für Schritt die Existenz zu bewahren. Ich vertraue darauf, dass die Deutsche Fußball-Liga und die Politik ein gutes und sicheres Konzept auf den Weg bringen.

BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

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FOTO: DPA Abstand halten, bitte! Mit Arbeitsbed­ingungen wie in der Corona-Krise hatte es auch Fortunas Trainer Uwe Rösler noch nicht zu tun.

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