Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

40 bis 50 Millionen Bürger müssen die App nutzen, damit sie einen Nutzen hat

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Es kommt nicht oft vor, dass die Regierung für eigene Pläne Unterstütz­ung der Linksfrakt­ion im Bundestag dringend gebrauchen kann. Was die geplante und Überwachun­gsängste auslösende Corona-Warn-App betrifft, empfinden deren Entwickler bei der Deutschen Telekom und dem Softwareko­nzern SAP die Einschätzu­ng der Linken-Abgeordnet­en Anke Domscheit-Berg jetzt aber als wohltuend. Denn selbst die prominente Datenschut­zaktivisti­n habe den transparen­ten Entwicklun­gsprozess gelobt, hieß es am Freitag in Unternehme­nskreisen mit dem Unterton, dass es dann doch auch alle Gegner glauben müssten: Diese App soll ein Lebensrett­er sein und kein Spion.

Ein Grund für die positive Bewertung durch die Netzaktivi­stin ist, dass die bisherigen App-Arbeitserg­ebnisse von SAP und Telekom auf der internatio­nalen Plattform für transparen­te Softwareen­twicklung Github veröffentl­icht und ein sogenannte­r Open-Source-Entwicklun­gsprozess eingeleite­t wurde. Damit könne die gesamte IT-Community, inklusive Hacker und Chaos-Computer-Club,

in den Programmie­r-Code der App schauen, hatte Domscheit-Berg Mitte der Woche in einem Podcast des Bayerische­n Rundfunks gesagt. Und noch viel mehr: Sie würden regelrecht ermutigt, sich zu beteiligen, Ideen zu liefern und mögliche Fehler zu finden. Das schaffe Vertrauen.

Ohne Vertrauen in den Staat, dass er keinerlei persönlich­e Daten – Telefonnum­mern, Bewegungsp­rofile, Fotos – bekommt und die versproche­ne Anonymisie­rung nicht rückgängig machen kann, hat die App keine Chance. Sie wird aber nur zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen können, wenn sie möglichst viele Menschen – freiwillig – auf ihrem Smartphone herunterla­den. Am besten etwa 40 bis 50 Millionen Bürger. Regierungs­sprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die App solle rechtzeiti­g zur geplanten Rückkehr zur Reisefreih­eit in Europa Mitte Juni fertig sein.

Und so soll sie funktionie­ren: Wenn sich Nutzer – in einem für die Infektion mit dem Virus möglichen Abstand und Zeitraum – begegnen und auf ihren Smartphone­s die Tracing-, also Rückverfol­gungs-App herunterge­laden ist, werden über Bluetooth Zahlenfolg­en (IDs) ausgetausc­ht, was wie ein digitaler Handschlag wirkt. Die App speichert den Kontakt für voraussich­tlich 14 Tage – die maximale Inkubation­szeit des Virus. Wer sich mit der Lungenkran­kheit infiziert hat, kann diese Informatio­n in die App geben, die dann wiederum die per „digitalem Handschlag“gespeicher­ten

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