Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Entfremdung wird beschleunigt
Die DFL hat ja nun häufig genug betont, wie finster entschlossen sie die Bundesliga-Saison an ihr Ende bringen will – nicht zuletzt als sie die Mönchengladbacher gegen die eigenen Quarantäne-Bestimmungen verstoßen ließ. Die DFL ist aber nur die Interessenvertretung aller Klubs. Deshalb ist es ganz offensichtlich der erklärte Wille der Vereine, die Spielzeit abzuwickeln. Das hat allein wirtschaftliche Gründe. Die Profiligen spielen nun unter Laborbedingungen, wie unter einer großen Käseglocke. Fans haben aus begründeter Angst vor Ansteckungen keinen Zutritt zu den Veranstaltungen. Und das Ganze hat mit dem gelegentlich so zauberhaften Vergnügen, den der Zirkus Profifußball in besten Momenten entfalten kann, nichts mehr zu tun.
Auch wenn die Fans gegen die Künstlichkeit des Produkts protestieren, ziehen die Vereine ihr Konzept bis in den Sommer durch.
Das trägt zunehmend zur Entfremdung zwischen dem Betrieb Profifußball und den Anhängern bei - und da sind nicht nur die organisierten Fans gemeint. Einige Funktionäre haben das sogar erkannt. Aber sie beugen sich trotzdem den wirtschaftlichen Zwängen. Dadurch wird der Abstand zur Basis noch größer. Wer sagt, der Fußball werde nach dieser Geisterspielzeit ein anderer sein, hat völlig Recht. Der Profifußball ist endgültig nur noch ein Produkt.
Der Meister wird erst im August gekürt
Der insgesamt zweite und dritte positive Corona-Fall bei Dynamo Dresden hat das gesamte Team in die zweiwöchige Quarantäne und die ursprünglichen DFL-Ansetzungen in die Tonne befördert. Die ersten beiden Zweitliga-Spieltage: schon zerstückelt. Dresdens Spiele gegen Hannover 96 und Greuther Fürth sind abgesagt. Wenn die Dresdner am 23. Mai aus der Quarantäne kommen, ist der nächste Spieltag eigentlich für den 26. oder 27. Mai angesetzt. Dass die Tabellenletzten drei Tage nach dem Ende ihrer Ausgansgsperre einen Kaltstart hinlegen sollen, ist zu bezweifeln. Das Ergebnis: Wettbewerbsverzerrung, Unmut, Chaos.
Es wird nicht die letzte Spielverschiebung bleiben, die die 36 Profi-Klubs und die DFL erleben werden, sollten sich erneut Teammitglieder oder Profis mit dem Coronavirus infizieren. Zwar sind Englische Wochen bis zum geplanten Saisonende am 27./28. Juni für diese Fälle reserviert, doch die Termine werden nicht zu halten sein, wenn Mannschaften nicht ausschließlich Englische Wochen zugemutet werden sollen. Doch das Motto für die kommenden Wochen ist klar: Die Saison wird zu Ende gespielt – falls notwendig im Juli oder im August. Man wird den August dringend brauchen.
ELISABETH HUTHER
Fußballfreude, als wäre nichts gewesen
Nichts ist derzeit normalauch nicht beim Neustart der Bundesliga. Statt volle Stadien gibt es Geisterspiele, statt Fan-Jubel wird man die Schreie der Spieler hören. Und dennoch wird es sein, als wäre nichts gewesen. Und das ist gut so. Das Gefühl für Spieler und Fans wird ein neues sein. Sie werden sich aber schnell daran gewöhnen. Wie immer wird es um die Big Points in Abstiegs- und Titelkampf gehen, um Sieg und Niederlage.
Coronavirus hin oder her, die Spieler werden genauso hart in den Zweikampf gehen, genauso aufs Tor stürmen wie vorher. Das macht das Spiel auch und vor allem aus – nicht nur die Stimmung im Stadion. Durch die verkürzte Trainingsphase wird dem einen oder anderen dazu vielleicht die Luft fehlen, aber auch über die Schiedsrichter wird wie immer geschimpft werden. Topspieler, die wegen eines positiven Coronatests ausfallen, werden gegen die Stars der Zukunft ausgetauscht – wie bei einer Verletzung auch. So rutscht Schalke dann noch aus den Europapokal-Rängen, Fortuna schafft dafür den Klassenerhalt, weil bei Augsburg und Paderborn adäquater Ersatz für die Coronainfizierten fehlt. Die Umstände mögen andere sein, das Spiel aber bleibt, was es ist: Fußball.
CHRISTINA RENTMEISTER