Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
400 DPD-Mitarbeiter in Quarantäne
Wegen zahlreicher Corona-Fälle hat der Paketzulieferer seinen Standort in Hückelhoven geschlossen. Laut dem Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) sind bereits 80 von 400 Beschäftigten positiv getestet.
HÜCKELHOVEN Im Paketzentrum von DPD in Hückelhoven gibt es einen Coronavirus-Ausbruch. 80 der rund 400 Mitarbeiter am Standort im Gewerbegebiet Baal wurden positiv getestet. Etwa 340 der Proben seien ausgewertet worden, sagte Landrat Stephan Pusch (CDU) am Samstag. Die noch ausstehenden Testergebnisse sollen am Montag vorliegen.
Der Kreis Heinsberg gilt als Epizentrum der Pandemie in Deutschland, nachdem sich bei einer Karnevalssitzung in Gangelt Mitte Februar mehrere Menschen mit dem Coronavirus infiziert hatten. Dass der Ausbruch im Hückelhovener Paketzentrum ähnliche Folgen haben könnte wie in Coesfeld, wo sich zahlreiche Mitarbeiter eines Schlachtbetriebs von Westfleisch infiziert hatten und daraufhin Lockerungen verschoben wurden, glaubt Pusch nicht: „Wir gehen von einem lokalen Geschehen aus.“Der Krisenstab werde am Montag das Vorgehen besprechen.
Die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner liegt nach der
Auflistung des Ministeriums vom Sonntag bei 24,4 (Samstag: 13,4). Die von Bund und Ländern vereinbarte Grenze für die Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen beträgt 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Landrat Pusch ging am Samstag nicht davon aus, dass die Grenze überschritten werde. Mindestens 27 der positiv Getesteten wohnen seinen Angaben zufolge im Kreis Heinsberg. Die Infektionen werden nach Wohnort erfasst. So ist es auch zu erklären, dass die Zahlen im Kreis Borken gestiegen sind, weil dort Arbeiter von Westfleisch untergebracht sind.
Dem Gesundheitsamt des Kreises Heinsberg war in den vergangenen Tagen aufgefallen, dass sich die Zahl der Verdachtsfälle aus dem Paketzentrum in Hückelhoven häuften. „Daraufhin wurde in Absprache mit der Geschäftsführung ein mobiles Testzentrum dort aufgebaut, und wir haben eine Reihentestung vorgenommen“, sagte Pusch. Als deutlich wurde, dass sich mehrere Mitarbeiter infiziert hatten, wurde der Standort geschlossen. Alle Mitarbeiter befänden sich in Quarantäne, auch diejenigen, deren Testergebnis negativ ausgefallen sei. Der Krisenstab werde sich nun in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt darauf konzentrieren, die Infektionsketten nachzuvollziehen und die Kontaktpersonen zu ermitteln, um eine weitere Ausbreitung einzudämmen.
Wie das Unternehmen DPD mitteilte, seien alle dort tätigen Arbeitskräfte – also auch Zusteller und Mitarbeiter des Hallenunternehmers – vorübergehend von ihren Tätigkeiten
und Aufgaben innerhalb des Depotgeländes entbunden.In Kürze würden dort umfangreiche Reinigungsund Desinfektionsarbeiten stattfinden. Die Zustellung und Abholung von Paketen im Zustellgebiet von Hückelhoven werde durch benachbarte DPD-Standorte sichergestellt.
Mitarbeiter des Kreises sind zurzeit dabei zu prüfen, ob möglicherweise mehrere Mitarbeiter des Paketzentrums in Sammelunterkünften untergebracht waren. „Darüber haben wir allerdings bislang keine Erkenntnisse“, sagte Pusch. Außerdem wird geprüft, wie es zu dem Corona-Ausbruch in dem Paketzentrum kommen konnte. Nach ersten Erkenntnissen seien den Verantwortlichen aber keine Vorwürfe zu machen, erklärt Landrat Pusch.
Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte, es sei über den Ausbruch informiert und stehe in Kontakt mit den Behörden vor Ort. Man werde das Landeszentrum Gesundheit bitten, den Sachverhalt ebenfalls aufzuklären und entsprechendes Zahlenmaterial zur Verfügung zu stellen. Weitere Maßnahmen würden, wenn nötig, veranlasst.
Die Opposition sieht einen Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und dem Ausbruch: „Die Vorfälle in Heinsberg zeigen, wie in einem Brennglas, dass in verschiedenen Branchen die Arbeitsund Lebensbedingungen so nicht mehr vertretbar sind“, sagte der Grünen-Fraktionsvize Mehrdad Mostofizadeh. „Nach den schweren Verstößen im Umfeld des Fleischbetriebes in Coesfeld macht auch – leider nicht unerwartet – die Paketbranche negativ auf sich aufmerksam.“
Es werde zudem deutlich, dass die Zahl der 50 Neuinfizierungen als Auslöser für einen zwangsläufigen Lockdown, ein politischer Kompromiss gewesen sei, der nicht zwangsläufig auch ein fachlich vertretbarer sei. „Auch wenn eine höhere Zahl, wie in Heinsberg betroffen ist, muss jede Gesundheitsbehörde unabhängig davon umgehend handeln.“Dazu gehöre, dass die Umgebung des Ausbruchs schnell und umfassend durch Testungen durchleuchtet werden müsse und darauf aufbauend Kontaktbeschränkungen ausgesprochen und das Ausbruchsgeschehen schnell unter Kontrolle gebracht werde, so Mostofizadeh.