Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf erhöht Zahl der Corona-Tests

Vermehrt sollen auch Menschen ohne Symptome getestet werden. Damit reagiert die Stadt offenbar auch auf politische­n Druck.

- VON JÖRG JANSSEN, NICOLE LANGE UND ARNE LIEB

DÜSSELDORF Die Stadt Düsseldorf will die tägliche Zahl an Tests auf das Coronaviru­s erhöhen. Vermehrt sollen Abstriche bei Menschen gemacht werden, die keine Symptome für eine Erkrankung an Covid-19 zeigen. Bislang schöpft die Stadt ihre Testkapazi­täten (11.000 Abstriche seit 2. März) bei Weitem nicht aus – was zuletzt auch politisch Thema wurde. 800 Tests könnten pro Tag genommen werden, nur 180 waren es in den letzten 30 Tagen im Durchschni­tt. Die wichtigste­n Antworten:

Wie ist die aktuelle Teststrate­gie?

Wer in Düsseldorf wohnt und mindestens ein Krankheits­symptom aufweist, kann einen Test vereinbare­n. Darüber hinaus betreibt die Stadt in Gemeinscha­ftseinrich­tungen wie Pflegeheim­en und Flüchtling­sunterkünf­ten im Rahmen einer „aktiven Fallfindun­g“Reihentest­ungen – allerdings nur punktuell.

Bald starten zudem wie berichtet zwei Studien, für die viele Menschen ohne Symptome getestet werden: In einer Studie von Universitä­tsklinikum und Stadt wird das Corona-Infektions­risiko bei Kindern und Beschäftig­ten in Kitas untersucht, darüber hinaus planen Uni-Klinik und Stadt eine Studie mit Antikörper­tests, um einer möglichen Dunkelziff­er von an Covid-19-Erkrankten sowie an bereits Genesenen auf die Spur zu kommen. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt Kommunen inzwischen, mehr Menschen ohne Symptome zu testen, um mehr über die Ausbreitun­g des Virus zu erfahren. Darüber hinaus können auch niedergela­ssene Ärzte Tests veranlasse­n, dazu gibt es keine Zahlen.

Können sich auf Wunsch auch Menschen ohne Symptome testen lassen?

Anrufer, die bei der städtische­n Hotline angeben, dass sie kein Krankheits­symptom aufweisen, werden abgewiesen. Ein Mitarbeite­r, der seinen Namen nicht nennen will, berichtet von vielen

Anfragen für vorsorglic­he Tests von Senioren, Supermärkt­en, Drogerien, Handwerksb­etrieben oder besorgten Familien. „Die Kapazitäte­n sind da, aber Testtermin­e dürfen wir nicht vereinbare­n“, beschwert er sich. Von der Stadt heißt es dazu, man folge den Richtlinie­n des Robert-Koch-Instituts. Angesichts der langen Inkubation­szeit von bis zu 14 Tagen seien Tests von Menschen ohne Symptome nur eine Momentaufn­ahme.

Was sagt die Politik?

Die Frage, ob in Düsseldorf genug getestet wird, ist zuletzt zum Politikum geworden – das könnte im Wahlkampf noch zunehmen. Eine zweckgebun­dene Jamaika-Allianz aus CDU, Grünen und FDP beauftragt­e im Gesundheit­sausschuss die Verwaltung kürzlich, zeitnah ein umfassende­s Reihentest-Konzept in allen Bereichen umzusetzen, in denen Menschen besonders gefährdet sind. Die Hoffnung ist, dass Ausbrüche schneller erkannt werden. Andreas-Paul Stieber, CDU-Ratsherr und Vorsitzend­er des Gesundheit­sausschuss­es, fordert die Kapazitäte­n von 800 pro Tag voll auszuschöp­fen: „Die Stadt muss ihre Strategie ändern und endlich bereit sein, jeden zu testen, der das wünscht. Wir schützen damit Leben, indem wir das Risiko unerkannte­r Ansteckung­en mindern.“Auch FDP-Gesundheit­spolitiker­in Christine Rachner verweist auf eine hohe Nachfrage nach Tests, etwa bei Supermarkt­personal: „Man müsste da mehr machen.“

Was wollen die Träger der Alten- und Pflegeheim­e?

Die Stadt hat ein mobiles Test-Team aufgestell­t, das für Reihentest­ungen in Heime kommen kann. Es gibt aber keine Order, dass alle Einrichtun­gen durchgetes­tet werden sollen. Aus dem Rathaus ist zu hören, dass die Träger vieler Heime daran auch kein Interesse zeigten – offenbar aus Sorge, dass sie bei einem positiven Befund viele Mitarbeite­r in Quarantäne schicken müssten. Innerhalb der Liga der Wohlfahrts­verbände, zu der Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Arbeiterwo­hlfahrt (Awo), der Paritätisc­he und die Jüdische Gemeinde gehören, gab es unterschie­dliche Ansichten. So warnte Caritasdir­ektor Henric Peeters wiederholt vor Momentaufn­ahmen, die eine nur scheinbare Sicherheit vortäuscht­en. Dagegen hatten sich die Chefs von Diakonie, DRK und Awo bereits vor zwei Wochen für anlasslose Reihentest­s ausgesproc­hen, „falls diese in regelmäßig­en Abständen wiederholt werden“. Inzwischen befürworte­t auch Peeters solche Tests.

Wie gehen andere Großstädte mit dem Thema um?

Die Gesundheit­sämter der Städte haben einigen Spielraum. Dortmund und Hannover berichten auf Anfrage von einer ähnlichen Strategie wie Düsseldorf. Ganz anders ist der Ansatz in Frankfurt am Main. Dort hatte die Stadtspitz­e bereits Anfang April einen zum Corona-Testmobil umgebauten Linienbus vorgestell­t, der speziell Alten- und Pflegeheim­e ansteuert. Mitarbeite­r und Bewohner sämtlicher 50 Einrichtun­gen sollen getestet werden. „Wir gehen von 8000 Proben aus“, sagt Stadtsprec­her Mirco Overländer. Auch Stuttgart testet schon länger in Pflegeheim­en. Bis Montag wurden 4450 Mitarbeite­r sowie 1238 Bewohner getestet. In Köln wurden bis Freitag rund 93.000 Abstriche verzeichne­t, allerdings viele davon dezentral bei niedergela­ssenen Ärzten. Etwas mehr als drei Prozent waren positiv, in Düsseldorf sind es 8,6 Prozent. In Köln wurden Reihentest­s in Pflegeheim­en gemacht; zudem hat die Stadt ein Konzept für Pool-Testungen in Kitas erarbeitet. Ab der kommenden Woche werden AbstrichTe­ams dort auf freiwillig­er Basis Mitarbeite­r testen.

 ?? FOTO: STADT DÜSSELDORF / UWE SCHAFFMEIS­TER ?? Abstrich für einen Corona-Test mit einem Wattestäbc­hen im Rachenraum: Am Montag, 2. März, nahm das Diagnostik­zentrum im Gesundheit­samt seine Arbeit auf.
FOTO: STADT DÜSSELDORF / UWE SCHAFFMEIS­TER Abstrich für einen Corona-Test mit einem Wattestäbc­hen im Rachenraum: Am Montag, 2. März, nahm das Diagnostik­zentrum im Gesundheit­samt seine Arbeit auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany