Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mieter können immer öfter nicht zahlen
Die Folgen der Krise schlagen auch auf die Mietverhältnisse in der Stadt durch, was Folgen für beide Vertragsparteien hat.
DÜSSELDORF Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind so massiv, dass mehr und mehr Düsseldorfer ihre Mieten nicht zahlen können. Sowohl der Mieterverein als auch die Interessenvertretung der Vermieter von „Haus und Grund“erkennen den Trend und fürchten sogar eine Verschärfung der Lage.
„Noch kratzen viele Mieter ihre Ersparnisse zusammen, um ihre Wohnungen unter allen Umständen halten zu können, aber die Mittel auch aus den Hilfspaketen sind begrenzt“, sagt Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Mietervereins. Johann Werner Fliescher, Vorstand von Haus und Grund, sieht das genau so. Er weist zudem darauf hin, dass auch Vermieter hart getroffen würden, da sie oft auf die Einnahmen – etwa zusätzlich zur Rente – angewiesen seien. Die Hälfte aller Vermieter in Düsseldorf käme nicht über Mieteinnahmen von 5000 Euro im Jahr hinaus. In einem Beispielfall habe ein Düsseldorfer Vermieter sogar das Pech gehabt, dass die Bewohner zweier Wohnungen in seinem Haus nicht mehr zahlen konnten – und auch noch die Heizung kaputtgegangen sei.
Noch handelt es sich laut Witzke zwar nicht um einen „Flächenbrand“, in den nächsten Monaten werde sich die Lage allerdings verschlechtern, glaubt sein stellvertretender Geschäftsführer Claus Nesemann, da sich die Wirtschaft nur sehr langsam erhole. Schon heute drehten sich ein Drittel der rund 4000 Beratungen pro Monat um Coronafolgen.
„Das Thema fährt jetzt hoch, es ist erst der zweite Monat und die Fälle häufen sich schon“, stimmt Fliescher zu. Dazu passt, dass laut Stadtwerken eine vierstellige Zahl von Kunden um eine Abschlagsanpassung gebeten habe. „In der Regel haben wir dem Wunsch entsprochen“, sagt Sprecher René Schleucher. Auch Stundungen seien vereinbart worden, diese Zahl liege allerdings geringer als bei den Abschlagsanpassungen.
Sowohl Mieterverein als auch Haus und Grund fordern aufgrund der zunehmenden Zahlungsschwierigkeiten einen „Sicher-Wohnen-Fonds“, wie Fliescher ihn nennt. 200 bis 300 Millionen Euro solle das Land aus Sicht von Witzke in die Hand nehmen und in Härtefällen keine Rückzahlung fordern. Für Düsseldorf wären diesen Mittel wichtig, da hier ein besonders hoher Anteil des Einkommens für die Miete aufgewendet werden müsse. Witzke lobt zudem den Hilfsfonds, den die Stadt Düsseldorf für soziale Härtefälle aufgelegt hat.
Uneinig sind sich die beiden Organisationen allerdings in der Frage, ob der Kündigungsschutz verlängert werden sollte. Bis Ende Juni darf Mietern nicht gekündigt werden, wenn sie aufgrund der Pandemie Zahlungsschwierigkeiten haben. Witzke will die Regelung auf drei Monate bis Ende September ausdehnen. Fliescher sieht jedoch nicht, dass damit irgendjemandem geholfen wäre, da den Vermietern weiter wichtige Einnahmen fehlen würden und der Schuldenberg bei den Mietern noch größer werde, da sie die Miete ja nachzahlen müssten.
Tatsächlich kann die Miete nur gestundet werden. Hier werden laut Fliescher und Nesemann unterschiedliche Einigungen zwischen Mietern und Vermietern getroffen. Oft wird ein Teil der Miete weitergezahlt, ein anderer gestundet. Der Mieterverein weist darauf hin, dass es sehr wichtig sei, frühzeitig auf den Vermieter zuzugehen. „Manche ergeben sich da in ihr Schicksal und stecken den Kopf in den Sand“, sagt Nesemann. Er verweist auf einen Vordruck für eine Stundungsvereinbarung auf der Internetseite des Vereins mit 32.000 Mitgliedern. Denn erst nach dieser schriftlichen Einigung sei man als Mieter auf der sicheren Seite. Der Vermieter kann nämlich anzweifeln, dass der finanzielle Engpass coronabedingt ist und trotzdem kündigen. Der Mieter muss dann die nötigen Nachweise erbringen, was laut Nesemann für Selbstständige oft nicht einfach ist.
Noch sei die Kooperationsbereitschaft aber auf beiden Seiten hoch, sagen Haus und Grund sowie der Mieterverein. Witzke erlebe sogar Vermieter, die auf Mieten verzichtet hätten. Nesemann warnt jedoch: „Die Interessen der beiden Seiten laufen auseinander.“Fliescher glaubt an das weiterhin „partnerschaftliche Verhältnis“beider Seiten. Er glaube auch, dass mancher Vermieter die Miete senken könnte, um Mieter zu halten. Allerdings sieht er auch, dass sich manche Mieter irgendwann von ihrer Wohnung trennen müssten, wenn sie schlichtweg zu teuer werde. „So hart das klingt.“