Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mieter können immer öfter nicht zahlen

Die Folgen der Krise schlagen auch auf die Mietverhäl­tnisse in der Stadt durch, was Folgen für beide Vertragspa­rteien hat.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die wirtschaft­lichen Folgen der Coronakris­e sind so massiv, dass mehr und mehr Düsseldorf­er ihre Mieten nicht zahlen können. Sowohl der Mietervere­in als auch die Interessen­vertretung der Vermieter von „Haus und Grund“erkennen den Trend und fürchten sogar eine Verschärfu­ng der Lage.

„Noch kratzen viele Mieter ihre Ersparniss­e zusammen, um ihre Wohnungen unter allen Umständen halten zu können, aber die Mittel auch aus den Hilfspaket­en sind begrenzt“, sagt Hans-Jochem Witzke, Vorsitzend­er des Mietervere­ins. Johann Werner Fliescher, Vorstand von Haus und Grund, sieht das genau so. Er weist zudem darauf hin, dass auch Vermieter hart getroffen würden, da sie oft auf die Einnahmen – etwa zusätzlich zur Rente – angewiesen seien. Die Hälfte aller Vermieter in Düsseldorf käme nicht über Mieteinnah­men von 5000 Euro im Jahr hinaus. In einem Beispielfa­ll habe ein Düsseldorf­er Vermieter sogar das Pech gehabt, dass die Bewohner zweier Wohnungen in seinem Haus nicht mehr zahlen konnten – und auch noch die Heizung kaputtgega­ngen sei.

Noch handelt es sich laut Witzke zwar nicht um einen „Flächenbra­nd“, in den nächsten Monaten werde sich die Lage allerdings verschlech­tern, glaubt sein stellvertr­etender Geschäftsf­ührer Claus Nesemann, da sich die Wirtschaft nur sehr langsam erhole. Schon heute drehten sich ein Drittel der rund 4000 Beratungen pro Monat um Coronafolg­en.

„Das Thema fährt jetzt hoch, es ist erst der zweite Monat und die Fälle häufen sich schon“, stimmt Fliescher zu. Dazu passt, dass laut Stadtwerke­n eine vierstelli­ge Zahl von Kunden um eine Abschlagsa­npassung gebeten habe. „In der Regel haben wir dem Wunsch entsproche­n“, sagt Sprecher René Schleucher. Auch Stundungen seien vereinbart worden, diese Zahl liege allerdings geringer als bei den Abschlagsa­npassungen.

Sowohl Mietervere­in als auch Haus und Grund fordern aufgrund der zunehmende­n Zahlungssc­hwierigkei­ten einen „Sicher-Wohnen-Fonds“, wie Fliescher ihn nennt. 200 bis 300 Millionen Euro solle das Land aus Sicht von Witzke in die Hand nehmen und in Härtefälle­n keine Rückzahlun­g fordern. Für Düsseldorf wären diesen Mittel wichtig, da hier ein besonders hoher Anteil des Einkommens für die Miete aufgewende­t werden müsse. Witzke lobt zudem den Hilfsfonds, den die Stadt Düsseldorf für soziale Härtefälle aufgelegt hat.

Uneinig sind sich die beiden Organisati­onen allerdings in der Frage, ob der Kündigungs­schutz verlängert werden sollte. Bis Ende Juni darf Mietern nicht gekündigt werden, wenn sie aufgrund der Pandemie Zahlungssc­hwierigkei­ten haben. Witzke will die Regelung auf drei Monate bis Ende September ausdehnen. Fliescher sieht jedoch nicht, dass damit irgendjema­ndem geholfen wäre, da den Vermietern weiter wichtige Einnahmen fehlen würden und der Schuldenbe­rg bei den Mietern noch größer werde, da sie die Miete ja nachzahlen müssten.

Tatsächlic­h kann die Miete nur gestundet werden. Hier werden laut Fliescher und Nesemann unterschie­dliche Einigungen zwischen Mietern und Vermietern getroffen. Oft wird ein Teil der Miete weitergeza­hlt, ein anderer gestundet. Der Mietervere­in weist darauf hin, dass es sehr wichtig sei, frühzeitig auf den Vermieter zuzugehen. „Manche ergeben sich da in ihr Schicksal und stecken den Kopf in den Sand“, sagt Nesemann. Er verweist auf einen Vordruck für eine Stundungsv­ereinbarun­g auf der Internetse­ite des Vereins mit 32.000 Mitglieder­n. Denn erst nach dieser schriftlic­hen Einigung sei man als Mieter auf der sicheren Seite. Der Vermieter kann nämlich anzweifeln, dass der finanziell­e Engpass coronabedi­ngt ist und trotzdem kündigen. Der Mieter muss dann die nötigen Nachweise erbringen, was laut Nesemann für Selbststän­dige oft nicht einfach ist.

Noch sei die Kooperatio­nsbereitsc­haft aber auf beiden Seiten hoch, sagen Haus und Grund sowie der Mietervere­in. Witzke erlebe sogar Vermieter, die auf Mieten verzichtet hätten. Nesemann warnt jedoch: „Die Interessen der beiden Seiten laufen auseinande­r.“Fliescher glaubt an das weiterhin „partnersch­aftliche Verhältnis“beider Seiten. Er glaube auch, dass mancher Vermieter die Miete senken könnte, um Mieter zu halten. Allerdings sieht er auch, dass sich manche Mieter irgendwann von ihrer Wohnung trennen müssten, wenn sie schlichtwe­g zu teuer werde. „So hart das klingt.“

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