Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Im Kröllgeshof ging es früher hoch her
In fast 250 Jahren hat der Osterather Kröllgeshof an der Hochstraße sein Gesicht kaum verändert.
OSTERATH Eine Postkarte aus den 1930er Jahren belegt eindrucksvoll, wie sehr der Kröllgeshof seine Gestalt bis heute bewahren konnte. Nur ganz wenig hat sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Jedem Osterather ist das Haus, das heute ein wenig über Eck in die Straßenflucht hineinragt, bestens vertraut. Fünf Fensterachsen zieren den prachtvollen Giebel zur Straße hin, sechs finden sich an den zweigeschossigen Längsseiten des wuchtigen Baus mit dem zweigeschossigen Krüppelwalmdach. Zum Garten hin sind noch zugemauerte Toreinfahrten zu erkennen, die erahnen lassen, dass es sich bei dem Haus ursprünglich auch um ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude handelt.
Das heutige Baudenkmal wurde 1786 ganz in Backstein erbaut – hier waren keine armen Leute am Werk, sondern jemand, der sich etwas leisten konnte. Schließlich gab es damals sogar noch eine Fenstersteuer, und die Materialien waren nicht billig. Ganz zu schweigen natürlich von dem Bauholz, für das bei einem Gebäude von diesen Ausmaßen große, alte Bäume verarbeitet werden mussten. Denn neben dem mächtigen Dachstuhl war auch die Balkendecke besonders stabil errichtet.
Als Johann Meller und seine Ehefrau Anna Margaretha Gruttorfer 1786 (Jahreszahl und Initialen zeigen die Maueranker zur Straße hin) das heutige Haus erbauten, wurde neben der Landwirtschaft auch eine Gastwirtschaft mit einem großen Saal eingerichtet. Das war an dieser Stelle nicht verkehrt, denn hier war das alte Dorf zu Ende. Damals war Osterath noch von einem Graben und vermutlich auch einer dichten Hecke umgeben, die man hier durchqueren konnte. Daran erinnert noch die Statue des heiligen Nepomuk an der hinteren Hausecke. Johannes von Nepomuk war ein so genannter Brückenheiliger – und zugleich Namenspatron von Johann Meller. Deshalb ist heute nicht mehr zu klären, was letztlich den Ausschlag für den prominenten Platz gegeben hat. Jedenfalls wurde die Nische schon bei Bau mit eingeplant. Auch war es nicht selten, dass an den „Toren“eines Ortes zugleich Gasthäuser waren, die Fremde beherbergen konnten, ohne dass diese gleich in den Ort kommen mussten.
Schließlich wurden im Kröllgeshof auch Feste gefeiert. Dem Lokalforscher und Heimatdichter Johann Peter Lentzen aus Fischeln war darüber noch eine Episode bekannt. Vermutlich waren es die Junggesellenschützen, die hier feierten und tranken, als einer der ihren sich zurückzog und einschlief. Als dieser am Ende des Gelages nicht mehr geweckt werden konnte, weil er unbemerkt inmitten seiner feiernden Kameraden verstorben war, sollen die Junggesellenschützen beschlossen haben, künftig nur noch nacheinander zu trinken, ohne dass einer aussetzen
Einige Nachfahren der Familie Meller, die das Haus errichtete, leben noch heute in Osterath
durfte, um eine Wiederholung zu verhindern. Daher kommt der in Schützenkreisen noch populäre Spruch: „Rey op wie die Jonges von Osterath!“Seit 2008 gibt es unter diesem Titel auch eine Osterather Schützenzeitung. Heute dient das einst gastliche Haus als reines Wohngebäude und bietet bei den Paraden zum Schützenfest ein hervorragender Logenplatz.
Der Kröllgeshof selbst ist übrigens deutlich älter als das erhaltene Haus. Ursprünglich könnte er ein kurkölnisches Lehngut gewesen sein, dessen Inhaber damit einer der wenigen Freibauern in der Gegend gewesen wäre. Der Hof umfasste 42,5 Morgen Land, was seinerzeit durchaus beachtlich war. Im 18. Jahrhundert saß hier wohl die Familie Gruttorfer. Johann Meller, der spätere Erbauer des Hauses, heirate 1765 ein. Letzter Hoferbe war Wilhelm Meller, der in Latum lebte und das Anwesen um 1891 verkaufte. Ein Teil des Landes diente damals zum Aufbau von Werken wie der Osterather Wandplattenfabrik und damit der Industrialisierung in Osterath.
Am 3. Januar 2015 überstand der Kröllgeshof übrigens einen Brand, der rechtzeitig von einer Passantin entdeckt und dann von der Feuerwehr gelöscht werden konnte. Über die Geschichte des Kröllgeshofes ist wenig bekannt, die Suche nach Quellen aufwändig. So taucht die Familie Kreulges nur bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts in wenigen bisher bekannten Urkunden auf.
Besser dokumentiert hingegen ist die Geschichte der Familie Meller. Als Johann Meller aus Allrath am 19. Oktober 1765 Anna Margaretha Gruttorfer, die am 8. Februar 1740 geborene Tochter von Peter und Catharina Gruttorfer aus einer weit verzweigten Osterather Bauernfamilie, heiratete, zog er in den Heimatort seiner Braut. Als sie 21 Jahre später das Haus des Kröllgeshofes errichteten, hatten sie einige Schicksalsschläge
hinter sich. Das Paar bekam zwischen 1766 und 1786 insgesamt 13 Kinder. Von den acht Jungen überlebten vier. Vier Söhne und fünf Töchter starben innerhalb der ersten sechs Lebensjahre, oft schon nach wenigen Tagen oder Wochen. Das „Christkind“Anna Elisabeth etwa wurde am 26. Dezember 1786 schon im neuen Haus geboren und starb dort am 23. Juli des folgenden Jahres. Bauherr Johann Meller selbst konnte sich noch einige Jahre an seinem Besitz erfreuen, bevor er im Alter von 76 Jahren am 27. September 1797 das Zeitliche segnete.
Seine Witwe blieb auf dem Hof, den der älteste Sohn Michael mit 28 Jahren übernahm.
Michael Meller war in französischer Zeit um 1810 auch Kirchmeister und damit für die Finanzen von St. Nikolaus zuständig. Ihm folgte sein Sohn Cornelius, Enkel Wilhelm jedoch heiratete 1851 Maria Agnes Schmitz aus Kaarst und ließ sich in Latum nieder. Von hier aus verkaufte er das Anwesen schließlich. Dennoch hinterließen die Mellers Spuren im Osterath des 19. Jahrhunderts und einige ihrer Nachkommen leben heute noch in Osterath.