Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Volle Innenstädte vor Lockdown
Für Weihnachtseinkäufe kamen bis zu 30 Prozent mehr Besucher als sonst. Auch in Supermärkten war der Andrang groß, obwohl sie weiterhin geöffnet sind.
DÜSSELDORF Weil am Mittwoch der Großteil des Handels in den Lockdown gehen muss, strömten am Montag viele Menschen in die Innenstädte in NRW, um Weihnachtsgeschenke zu besorgen. „Die Innenstädte waren voll, die Frequenz in Düsseldorf, Köln und anderen NRW-Städten liegt um 20 bis 30 Prozent über den Werten des Vorjahres“, sagte Peter Achten, Chef des Handelsverbands Nordrhein-Westfalen. In Mönchengladbach bildeten sich morgens vor Parkhäusern und vielen Geschäften Warteschlangen. „Wir haben noch mehr zu tun gehabt als am dritten Adventssamstag“, sagte Buchhändlerin Iris Degenhardt. In Düsseldorf hatten viele Händler vorsorglich die Öffnungszeiten verlängert. Der Modehändler P&C etwa hatte von neun bis 22 Uhr geöffnet. Auch viele Friseure verlängerten ihre Öffnungszeiten, um noch möglichst viele Kunden zu bedienen, erklärte der Zentralverband des Friseurhandwerks. Es habe einen „riesigen Kundenansturm“gegeben.
Aus Sicht der Pandemie-Bekämpfung gehe der Schuss nach hinten los, meint Verbands-Chef Achten: „Die Politik hat einen Run auf die Geschäfte ausgelöst, was sie doch gerade verhindern wollte.“Und nicht nur das: „Wir beobachten auch wieder den Run auf die Lebensmittelgeschäfte, obwohl diese ebenso wie Drogeriemärkte und viele Mischbetriebe geöffnet bleiben.“
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die 16 Ministerpräsidenten hatten am Sonntag die Schließung aller Geschäfte vereinbart, die nicht dem täglich Bedarf dienen. Demnach müssen unter anderem Baumärkte, Möbelhäuser, Mode- und Buchläden ab Mittwoch in den Lockdown gehen. Der Verkauf von Autos wird eingestellt, Kfz-Werkstätten dürfen dagegen offen bleiben. Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogeriemärkte und Banken bleiben ohnehin geöffnet. Auch der Verkauf von Weihnachtsbäumen geht weiter. Daneben gibt es aber viele Detailfragen, die nun in der Corona-Schutzverordnung des Landes geklärt werden müssen. „Ich hoffe, wir können uns mit wichtigen Forderungen durchsetzen: das Abholen bestellter Ware auf Termin muss in NRW möglich bleiben“, sagte Achten.
Gleichwohl bedeutet der Lockdown einen Schlag. „Den Handel mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft zu schließen, ist eine Katastrophe. Das macht vielen Händlern in NRW, die schon jetzt um das Überleben kämpfen, den Garaus“, sagte Achten. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln rechnet bundesweit mit einem Schaden von bis zu 13,5 Milliarden Euro im Dezember und noch einmal bis zu 8,7 Milliarden Euro im Januar. Der Handelsverband erwartet eine Pleitewelle für die deutschen Innenstädte, die bis zu 250.000 Jobs kosten kann.
Enttäuscht sind die Händler auch, dass sie weniger Hilfe bekommen sollen als Gastronomen, die bereits im November schließen mussten. „Der Einzelhandel bringt ein Sonderopfer für die Gesellschaft – genau wie die Gastronomie. Umso ärgerlicher ist es, dass wir keine Dezemberhilfe bekommen sollen, bei der 75 Prozent des Umsatzausfalls erstattet werden, sondern nur mit der Überbrückungshilfe III abgespeist werden sollen“, kritisiert Peter Achten. Dabei würden in einem hochkomplizierten Verfahren nur 40 Prozent der Fixkosten erstattet – und das auch nur, wenn mindestens 30 Prozent Umsatz wegfallen. Gleiches müsse gleich behandelt werden.
Wirtschaft