Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Warum gibt es nur so wenige Impfdosen?
Die Corona-Impfungen sind bundesweit angelaufen. Bis der Impfstoff für alle verfügbar ist, werden noch Monate vergehen. Wir beantworten wichtige Fragen zum Start, zur Zahl der Geimpften und dazu, wie schnell es nun weitergeht.
BERLIN 18.454 – mit dieser Zahl ging das Robert-Koch-Institut am Montagmorgen in einer neuen Statistik-Übersicht auf seiner Website an den Start. So viele Corona-Impfungen waren bis dahin in Deutschland registriert worden – mit dem Hinweis, dass aus Hessen die Zahlen noch fehlten. Dass diese kräftig stiegen, dafür sorgte auch Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) persönlich. Er ist Arzt und impfte eigenhändig am Gießener Universitätsklinikum. Die wichtigsten Fragen rund ums Impfen.
Wie ist der Impfstart verlaufen?
Bundesweit fiel am Wochenende der Startschuss für die Corona-Impfungen. Vor allem Gefährdete in hohem Alter und Mitarbeiter in medizinischer Versorgung und Pflege gehörten zu den Ersten. Mobile Impfteams suchten allein in NRW 80 Einrichtungen auf und impften dort 9500 Bewohner und Mitarbeiter. „Wir sind sehr froh, dass der Auftakt geglückt ist und wir damit ein positives Zeichen setzen können für die Mammutaufgabe – zunächst in den Pflegeeinrichtungen, ab Januar auch in den Impfzentren“, sagte Frank Bergmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein.
Wie viele Menschen können nun bald geimpft werden?
„Es wird am Anfang nicht genügend Impfstoff für alle geben“, erklärte das Bundesgesundheitsministerium. Angesichts von 82 Millionen Bewohnern sind die 1,3 Millionen Impfstoffdosen, die der Hersteller Biontech bis Ende dieses Jahres liefern will, eine sehr überschaubare Menge. Im ersten Quartal 2021 sollen es dann elf bis 13 Millionen Dosen werden. Da jeder zweimal geimpft werden muss, werden bis Ende März also rund 6,5 Millionen Bürger geschützt sein. Bekommt Anfang Januar auch der Impfstoff des US-Konzernes Moderna die Zulassung und kommen im weiteren Verlauf auch noch die Stoffe von Astrazeneca und Curevac dazu, würden Deutschland im nächsten Jahr insgesamt 300 Millionen Dosen zur Verfügung stehen – genug für jeden, der will. Die Impfung bleibt freiwillig.
Hätte es am Anfang nicht mehr Impfstoff geben können?
FDP-Chef Christian Lindner regte an, mit der pharmazeutischen Industrie zu prüfen, an welchen Standorten auch andere Firmen in Lizenz schnell größere Mengen produzieren können. Es gebe einen krisenhaften Zustand, da werde auch eine Krisenproduktion gebraucht. Der Linken-Gesundheitsexperte Achim Kessler wies darauf hin, dass es die Gesetzeslage Gesundheitsminister Jens Spahn ermögliche, Unternehmen zu zwingen, anderen Unternehmen eine Lizenz zum Nachproduzieren zu überlassen.
Wie geht der Gesundheitsminister mit Lizenz-Produktionen um?
Spahn äußerte sich skeptisch und warnte davor, die Komplexität der Produktion zu unterschätzen. Es sei gerade für das Vertrauen in den Impfstoff wichtig, hohe Anforderungen an die Qualität des Impfstoffs aufrechtzuerhalten. Da baue auch ein Pharmaunternehmen nicht mal eben in einer Halle binnen drei Tagen eine Produktion auf. Spahn setzt auf zusätzliche Standorte wie den in Marburg, der von Biontech übernommen worden sei, um die verfügbare Menge schnell zu erhöhen.
Was sagt die Pharma-Industrie?
„Wir sehen in Deutschland sechs Tage nach der Zulassung erste Corona-Impfungen, und wir werden im Januar noch deutlich mehr Impfungen haben, weil immer mehr der vom Staat bestellten Mengen geliefert werden“, sagte Han Steutel, der Präsident des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller. Das funktioniere nur, weil die Hersteller vorproduziert hätten. „Jeder weitere Hersteller, der eine Zulassung erhält, wird ebenfalls mit vorproduzierten Chargen schnell im Markt sein“, prophezeite Steutel. Er verwies darauf, dass gerade überall in Deutschland Produktionskapazitäten für den Impfstoff hochgefahren würden, etwa in Mainz, Idar-Oberstein, Marburg, Laubheim, Dessau, Brehna und Tübingen.
Wer wird zuerst geimpft?
Generell diejenigen, die besonders gefährdet sind, und diejenigen, die diese Menschen betreuen. Höchste Priorität haben über 80-Jährige sowie Bewohner und Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen. Hinzu kommen Ärzte und Pfleger von Notaufnahmen und Covid-Stationen.
Was ist mit Pflegebedürftigen daheim?
Solange es nur den Biontech-Impfstoff der ersten Generation gibt, der bei minus 70 Grad gelagert werden muss, ist eine Verimpfung über den Hausarzt kaum möglich. Die Firma Biontech erläuterte, dass sich das Vakzin bis zu 15 Tage bei minus 70 Grad hält und nur für einen kürzeren Zeitraum in den Impfzentren Kühlschrank-Temperaturen ausreichen. Es laufen in einzelnen Städten Überlegungen, Transporte zu Impfzentren zu organisieren. Menschen in häuslicher Pflege sollen laut KV jedoch vor allem zu Hause geimpft werden, wenn ein leichter zu verarbeitender Impfstoff verfügbar ist.
Wie erfährt man, dass man an der Reihe ist?
Laut NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sollen die Berechtigten informiert werden, wenn es für sie losgeht. Dann müssen sie sich einen Termin geben lassen, in NRW unter der Rufnummer 116117. Noch aber ist der Start in den Impfzentren nicht erfolgt, sollte die Nummer daher auch nicht blockiert werden. Und auch ein Aufsuchen der Impfzentren ohne Termin sollte man vermeiden.