Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Saarländer verblüfft Darts-Welt
Gabriel Clemens steht als erster Deutscher im Achtelfinale der WM in London.
LONDON Mit den Händen an den Wangen und glasigen Augen blickte Gabriel Clemens durch den Londoner Alexandra Palace zu seiner Freundin Lisa. Auch sie war den Tränen nah. Sekunden zuvor hatte der Saarländer für die Sensation bei der Darts-WM gesorgt und deutsche Darts-Geschichte geschrieben. In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Spiel schlug „Gaga“den amtierenden Weltmeister Peter Wright und zog als erster Deutscher bei der WM ins Achtelfinale ein.
Die deutschen TV-Kommentatoren überschlugen sich, in den Sozialen Medien wurde der 37-Jährige wie ein Held gefeiert. Auch viele Fans schrieben, dass ihnen die Tränen übers Gesicht liefen. „Bei mir war das eher die Erleichterung. Ich kann mich an die Momente direkt nach dem Spiel eigentlich gar nicht so richtig erinnern. Es war alles so überwältigend“, sagte Gabriel Clemens am Montagmorgen, als unsere Redaktion ihn im Hotel erreichte. Emotionen zeigen – das ist eben nicht so das Ding des „German Giant“.
Auch während der Begegnung ballte Clemens nur hier und da mal die Faust – mehr nicht. Andere Darts-Profis zeigen übertriebene Gesten und brüllen in Richtung TV-Kameras – der Saarwellinger hat an solchen Spielchen, die in erster Linie zur Einschüchterung des Gegners dienen sollen, nichts. „Das ist nicht meins. Ich konzentriere mich lieber auf mein Spiel“, sagt er.
Und das war im Londoner Ally Pally auch der Schlüssel zum grandiosen Erfolg. Weltmeister Wright holte sich zwar den ersten Satz, doch dann drehte „Gaga“auf und spielte Weltklasse-Darts. Er ging mit 2:1 Sätzen in Führung, führte im vierten Satz schon 2:0 und hatte zwei Satz-Darts auf sein Lieblings-Doppel, die Doppel 16, zur 3:1-Satzführung. Doch er verpasste die Vorentscheidung. Das Spiel kippte.
„Natürlich ist das jetzt das Größte, aber das Spiel ist jetzt vorbei und es gibt ein neues Ziel. Ich werde mich etwas ausruhen, denn so ein Spiel kostet mental wahnsinnig viel Kraft. Und am Nachmittag wird wieder trainiert“, erklärte „Gaga“seinen Tagesablauf. An diesem Dienstag (20.15 Uhr/Sport1) geht es für den 37-Jährigen schon wieder weiter. Dann spielt er im Achtelfinale gegen den Polen Krzysztof Ratajski. Der 43-Jährige ist die Nummer 15 der Welt und so etwas wie der Angstgegner von Clemens. Fünf Mal trafen die beiden bislang aufeinander – und fünf Mal gewann Ratajski. „Ich mache mir um Statistiken keinen großen Kopf“, sagt Clemens zum bevorstehenden Duell.
Mit dem Erreichen des Achtelfinals hat der Saarländer bereits 35.000 Pfund (knapp 39.000 Euro) Preisgeld sicher und wird in der Weltrangliste auch deutlich unter die besten 30 rücken. Gewinnt er auch im Achtelfinale, hätte er schon 50.000 Euro sicher, müsste dann aber auch Silvester in London verbringen. „Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. In diesem Jahr ist sowieso alles anders. Ich hätte nichts gegen Silvester in London“, sagt der „German Giant“, der am Montagabend für den Dartssport in Deutschland wahrhaft etwas Gigantisches geleistet hat.