Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Suchmaschine für lokalen Handel gestartet
Das regionale Online-Angebot soll mit der Internetseite besser zu finden sein. Für Macher Till Breckner geht’s um Grundsätzliches.
DÜSSELDORF Mit einer Suchmaschine für den deutschen Einzelhandel sagt der Düsseldorfer Galerist und Unternehmer Till Breckner den Internet-Giganten Google und Amazon den Kampf an. „Shoptimist.de“heißt die Internetseite, die ab sofort für die Recherche nach Produkten aller Art (keine Lebensmittel) genutzt werden kann. Das Besondere: Nach Eingabe des Suchbegriffs werden Treffer in Online-Shops von lokalen Händlern in der eigenen Stadt oder der unmittelbaren Umgebung ganz oben angezeigt. Kleinere Geschäfte sollen in einem nächsten Softwareupdate Vorrang vor Filialisten haben. Über einen Klick auf ein Feld mit Produktfoto sowie Angabe des Händlernamens und Preis landet der Kunde auf der Internetseite des anbietenden Shops.
Breckner verfolgt das Projekt seit Anfang des vergangenen Jahres mit den zwei Mitgründern Thomas Janson und dem Entwickler Florian Schneider. Das Trio stemmt laut Breckner bislang auch die Finanzierung. Ein Haus in Meerbusch hätte er sich von seiner Investition sicher kaufen können, scherzt Breckner. Tragen soll sich das Unternehmen künftig über Provisionen, die Händler an Shoptimist zahlen, wenn Kunden den Weg zum Einkauf über die Seite fanden. „Fair“solle diese Provision sein. Und hier sieht der 43-Jährige den Unterschied zu den Internetgiganten aus den USA.
Ihr Vorgehen sei die Motivation für Breckner gewesen, etwas dagegen zu setzen. „Wir glauben, die Gesellschaft ist aufgrund der raubtierartigen Plattform-Ökonomien in Gefahr.“Er persönlich habe sich vor längerer Zeit entschieden, nicht mehr bei Amazon einzukaufen. „Es geht um eine Grundsatzentscheidung darüber, wie wir leben wollen. Von jedem Euro, der im Online-Kauf an die global agierenden Suchmaschinen und Marktplätze abwandert, verliert unsere Gemeinschaft bis zu 30 Cent.“Vor allem die von den Plattformen und vertretenden Händlern nicht in der Kommune entrichteten Steuern spricht er hier an. Dem Einzelhandel vor Ort wiederum gingen Einnahmen verloren, was Arbeitsplätze kosten werde. „Das beste Konjunkturprogramm ist, bei den in Deutschland angesiedelten Unternehmen zu kaufen, sogar möglichst lokal.“Über die Hälfte der Händler bei Amazon käme aber nicht mal aus der EU. Zudem würden auch bei Google vielfach die Anbieter nach einer Suche oben angezeigt, die dafür bezahlten. „Ich wollte nicht länger tatenlos dabei zu sehen, wie selbst lokale Händler, die das Thema Digitalisierung ernst nehmen und ein super Angebot haben, darum kämpfen müssen, im Internet überhaupt sichtbar zu sein.“
Anders bei Shoptimist, dort stehen die oben, die in der Stadt oder zumindest in der Region sitzen. Die ersten acht Plätze seien in der Ergebnisanzeige für sie reserviert. Auftauchen sollen möglichst viele verschiedene Anbieter mit ihren Online-Shops.
Aber ganz so einfach ist die technische Umsetzung nicht. Im Gegenteil. Ein Team aus fünf Rechercheuren und acht Entwicklern ist mittlerweile Tag für Tag dabei, Online-Shops anzubinden und die digitale Suche zu optimieren. Und Breckner gibt zu, oft die Angst gehabt zu haben, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Zumal er sich angesichts der schier übermächtig wirkenden „Gegner“wie Amazon und Google immer wieder anhören müsse: „Till, du bist irre!“
Von seinem Weg abgebracht haben ihn die Zweifel allerdings nicht. Das Angebot ist jetzt für Düsseldorf und eine Umgebung von rund 20
Kilometern gestartet. 414 Händler sind aktuell dabei, mit insgesamt neun Millionen Angeboten. Voraussetzung zur Aufnahme ist ein echter Online-Shop mit Kauffunktion. In Kürze sollen es laut Breckner knapp 700 Online-Shops in der Stadt sein. Zur Einordnung: Es gibt rund 3000 Einzelhändler (inklusive Kioske) in Düsseldorf, doch selbst vom relevanten Teil verfügt längst nicht jeder über einen echten Online-Shop. „Ein Kardinalfehler“, sagt Breckner.
In 14 Tagen soll das Ruhrgebiet mit der Stadt Essen folgen, noch bis zur Jahreshälfte ganz Deutschland abgedeckt werden. Für das Endstadium geht Breckner von mehr als 15.000 eingepflegten Händlern aus und mehr als 50 Millionen Angeboten. 6000 Händler seien bereits vorbereitet. Pro Tag könne sein Team etwa 30 bis 60 weitere aufnehmen.
Gleichzeitig optimiert das Team die Suche der Software. Noch müssen etwa Schreibweisen des Kunden in der Eingabemaske genau mit dem im Online-Shop hinterlegten Stichwort übereinstimmen. Wenn dort „Hose“hinterlegt ist, wird der Artikel bei der Suche nach „Hosen“nicht gefunden, wie ein kurzer Test der Seite zeigt. Auch Schreibfehler können zum Beispiel noch nicht ausgeglichen werden. „Da hat Google natürlich einen Vorsprung“, sagt Breckner. Auch bei der Wartezeit für ein Suchergebnis können schon mal mehr Sekunden verrinnen als gewünscht oder von der Google-Nutzung her gewohnt. Hier wolle Breckners Team zügig nachbessern.
Aber jeder Konsument müsse sich auch die Frage stellen, ob er nur bequem einkaufen wolle, oder auch lokal.