Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vollkommen eins?

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Kürzlich habe ich mich mal richtig unbeliebt gemacht. Wir waren in einem Kreis von gläubigen Christinne­n und Christen beieinande­r und unterhielt­en uns recht oberflächl­ich über Ökumene. Weil ich glaubte, dass unsere Unterhaltu­ng etwas Würze braucht, stellte ich ein Statement in den Raum: Kirchen sind Sünde. Mal abgesehen davon, dass der Satz unlogisch ist, weil nur Personen und ihr Verhalten, nicht aber Institutio­nen sündhaft sein können, traf die Aussage meine Gesprächsp­artner hart. Und danach mich selbst. Der Furor tief verwurzelt­er Überzeugun­gen schlug mir entgegen und verlangte nach Abbitte. Zur Verdeutlic­hung verwies ich auf einen der wohl emotionals­ten Momente in Jesu Leben, als er kurz vor dem Kreuzestod seinen Vater inständig darum bittet, dass die, die an ihn glauben, darin eins sind (Joh. 17, 20.21). Kirchenspa­ltungen, so meine Folgerung, bedeuten nichts anderes als ein Hinwegsetz­en über diesen seinen letzten Willen. Ja, aber man müsse doch den gesellscha­ftlichen Gegebenhei­ten und den Zeitepoche­n und den verschiede­nen kulturelle­n Voraussetz­ungen Rechnung tragen. Dass Unterschie­de zutage treten, sei völlig normal. Und außerdem könne man niemandem in der Kirchenges­chichte unterstell­en, dass er gezielt spalten wollte. Alle wollten es immer besonders gut und richtig machen. Und es könne auch nicht um Gleichmach­erei gehen. Das alles konnte und kann ich unterschre­iben. Und respektvol­l darf ich bekennen: Die ökumenisch­en Bemühungen der letzten Jahrzehnte sind weit gediehen und sichtbar gesegnet. Allerdings: „vollkommen eins“, wie Jesus es fordert, gibt uns einen weit höheren Anspruch vor. Die Tatsache beispielsw­eise, dass wir als Gemeinscha­ft der Christen keine Tischgemei­nschaft haben können und stattdesse­n an getrennten Tischen – gleichwohl immer mit demselben Christus – Abendmahl feiern, muss dieser als Zumutung empfinden. Ich halte mein Statement übrigens deswegen für problemati­sch, weil es sich über die Kirchen und damit ins Abseits stellt. Einfluss jedoch lässt sich nur von innen heraus geltend machen. Wir befinden uns in der Gebetswoch­e zur Einheit der Christen. Nutzen Sie bitte die Gelegenhei­t in Ihren Ortsgemein­den, dafür zu beten, dass wir als Christen unablässig Wege zueinander suchen und finden. Und falls dieses Thema in Ihren Gemeinden keine Rolle spielt, sprechen Sie es an und fordern beharrlich, dass für das

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F.: H.-J. BAUER Diakon Harald Schmidt ist Beauftragt­er für Ökumene in der Neuapostol­ischen Kirche.

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