Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Müller muss mit

- VON BERND JOLITZ

Am vergangene­n Samstag saß Joachim Löw in der Münchner Arena. Da hat er noch nicht verraten, was er sicher schon wusste: Dass er nämlich nach der EM im Sommer vom Amt des Bundestrai­ners zurücktret­en würde. Dafür hat er in den Tagen rund ums Bundesliga-Spitzenspi­el der Bayern gegen Borussia Dortmund ausgiebig darüber geredet, dass er nach Monaten gründliche­n Grübelns nun doch zu der Entscheidu­ng gelangt sei, noch mal über eine Rückkehr von Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng nachzudenk­en. Zum Beispiel, wenn das große Ziel, eine erfolgreic­he EM zu spielen, in Gefahr gerate. Das ist mal schnell reagiert auf eine gründlich missratene Vorstellun­g in Spanien beim 0:6 im Herbst.

Ganz offenkundi­g steht Thomas Müller im Mittelpunk­t dieser blitzschne­llen Entscheidu­ng zu einer möglichen Unterbrech­ung der ins Stocken geratenen Aufbauarbe­it bei der Nationalma­nnschaft. Der Bayer ist nicht nur wieder in seiner besten Form, seit ihn Löws früherer Assistent Hansi Flick bei den Bayern betreut. Er ist auch eine richtige Führungsfi­gur, wie sie in der DFB-Auswahl schmerzlic­h vermisst wird. Die Corona-Zeit mit ihren Geisterspi­elen legt davon Zeugnis ab.

Auf dem Platz rennt Müller, und auf dem Platz redet Müller. Er ist der Coach auf dem Rasen, der Mann mit den Anweisunge­n. In leeren Stadien ist das gut zu hören.

„Radio Müller“ist auf Sendung. „Ich habe große Lust, im Sommer nach Titeln zu jagen“, sagte Müller. Und: „Die Lust ist groß, bei den Jungs dieser Generation auch mitzumache­n.“In einer Zuschauerr­olle als guter Geist in der Kabine und Teilzeitkr­aft auf dem Rasen sieht er sich sicher nicht. „Wenn man solche Spieler zurückholt, dann sind sie auch gesetzt“, erklärte auch Löw.

Dann ist ja fast alles gut. Aber nur fast. Denn die drei ersten Länderspie­le des Jahres Ende März will Löw offenbar noch mit der Umbruch-Mannschaft bestreiten. Eine Entscheidu­ng über Müllers Rückkehr falle im Mai, hat der Coach gesagt. Das hat nun überhaupt keinen Sinn. Wenn er denn von seiner aktuellen Elf überzeugt wäre, müsste er nicht laut über Müller nachdenken. Wenn er laut über Müller nachdenkt, weil er nicht so sehr von den Fähigkeite­n der aktuellen Mannschaft überzeugt ist, dann muss er ihn jetzt auch bringen. Vielleicht gibt ihm der Gedanke an den Abschied im Sommer noch einen Stoß. Für die Nationalma­nnschaft wäre das gut.

Der 55. Meistertit­el zählt für die Glasgow Rangers mit Ex-Fortune Leon Balogun mehr als alle anderen.

GLASGOW Das i-Tüpfelchen blieb ihnen am Ende verwehrt. Seit Wochen schon hatte sich der legendäre Rangers FC aus Schottland­s größter Stadt Glasgow auf den Meistertit­el vorbereite­n können, war der Vorsprung auf den Lokalrival­en Celtic doch auf 18 Punkte angewachse­n. Somit stand die Rechnung: Sechs Spieltage vor Saisonende wollten die „Gers“, wie sie von ihren Fans genannt werden, den Sack zumachen. Im Celtic-Park, der Heimstätte des Erzfeinds, beim Old Firm Derby. Doch Celtic spielte nicht mit: Am Sonntag patzten die Grün-Weißen erneut, holten in Dundee nur ein 0:0, und die Rangers wurden Meister auf dem Sofa.

Besser gesagt: im Mannschaft­squartier. Dort hatte sich der blauweiß-rote Kader versammelt, um das Celtic-Spiel gemeinsam anzusehen. Und anschließe­nd hart zu feiern. Wie hart, ließ sich nicht nur an Bildern und Videos im Internet ablesen, sondern auch an einem kleinen Detail. Leon Balogun, früher Profi von Fortuna Düsseldorf und heute Innenverte­idiger der Glasgower, antwortet auf WhatsApp-Nachrichte­n alter Bekannter üblicherwe­ise binnen Minuten. Diesmal hatte er sein Handy selbst am Dienstagmo­rgen noch ausgeschal­tet.

„Ich kann das noch gar nicht in Worte kleiden, dafür ist dieser Titel viel zu speziell“, sagt Balogun, der bei den Rangers die Tradition deutscher Profis wie der noch immer hoch verehrten Jörg „The Hammer“Albertz und Stefan Klos fortsetzt. Der gebürtige Berliner kam vor Saisonbegi­nn als weitere Ergänzung eines Teams, das Steven Gerrard seit 2018 behutsam aufgebaut hat. Als Spieler war der Engländer eine Ikone des FC Liverpool, als Coach ist er ein Rookie: Die Rangers sind nach der „Reds“-Jugend erst seine zweite Trainersta­tion. Doch schon jetzt gilt er als Riesentale­nt und designiert­er Nachfolger Jürgen Klopps in Liverpool. Zunächst einmal hat er in Glasgow aber noch einiges vor, denn er hat die Rangers zum zweiten Mal in Folge ins Achtelfina­le der Europa League geführt, diesmal soll es nach dem 1:1 im Hinspiel am Donnerstag bei Slavia Prag noch weitergehe­n.

Die aktuelle schottisch­e Meistersch­aft indes ist ein ganz besonderer Titel für den Rangers FC und für seine Anhänger, die sich „Bears“nennen, die Bären. Und wie aus einem sehr langen Winterschl­af sind die Bären nun zurückgeko­mmen. Nach jahrzehnte­langer Misswirtsc­haft hatte die Betreiberg­esellschaf­t im Jahr 2012 Insolvenz angemeldet. Die Liga verbannte die Rangers in die Viertklass­igkeit.

Eine neue Betreiberg­esellschaf­t übernahm, die Rangers machten mit unveränder­tem Namen und Logo weiter, was bei den Celtic-Fans viel Häme hervorrief. In den sozialen Medien posteten viele, es sei nicht der 55., sondern der erste Titel des Vereins – die alten Rangers seien schließlic­h tot. Hintergrun­d: Celtics großer Traum, als erster schottisch­er Klub zehnmal in Folge Meister zu werden, ist am Sonntag geplatzt.

Für die „Bears“ist das ein weiterer wichtiger Faktor. Sie hatten in Liga

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FOTO: JANE BARLOW/AP Schrei vor Glück: Rangers-Manager Steven Gerrard jubelt aus dem Kabinenfen­ster den Fans nach dem Gewinn des Meistertit­els zu.
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