Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wirbel um Rettungswagen-Durchsage
Ein DRK-Mitarbeiter bezeichnet Corona-Demonstranten über den Lautsprecher eines Rettungswagens als „Spinner“. Ein Video des Vorfalls sorgt deutschlandweit für Aufsehen – und brachte dem Mann ein unangenehmes Gespräch ein.
DÜSSELDORF Ein wenige Sekunden langer Videoclip aus Düsseldorf hat für riesiges Aufsehen im Internet gesorgt. Zu sehen ist ein Rettungswagen, der an einer Demonstration der „Corona-Rebellen“am Kirchplatz in Unterbilk vorbeifährt. Die Gruppe demonstriert seit dem Frühjahr gegen die Corona-Schutzmaßnahmen und steht wegen verschwörungstheoretischer Positionen und der Mitwirkung von Radikalen in der Kritik. „Ihr seid doch Spinner“, tönt es aus der Lautsprecheranlage – die Demonstranten sind empört, wenig später landet der Clip im Internet.
Am Freitagabend ist klar: Der Mitarbeiter des Roten Kreuzes (DRK) muss keine dienstrechtlichen Konsequenzen fürchten. „Er hat einen Einlauf von uns bekommen und damit ist das Thema für mich auch erledigt“, sagt der Düsseldorfer DRK-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Olaf Lehne. Das DRK sei politisch neutral, das habe man dem Mitarbeiter in aller Deutlichkeit mitgeteilt. „Für politische Äußerungen oder Meinungen ist bei uns kein Platz“, sagte Lehne unserer Redaktion. Weitere Folgen wird der Vorfall seinen Angaben nach nicht haben.
Das DRK betreibt mit anderen Hilfsdiensten und der Feuerwehr den Rettungsdienst in Düsseldorf. Eine Sprecherin hatte die Aktion des Mitarbeiters zuvor öffentlich kritisiert. „Wir haben ihm deutlich gemacht, dass es nicht mit unseren professionellen Ansprüchen vereinbar ist, wenn über die Sprechanlage eines Einsatzfahrzeuges nicht einsatznotwendige Kommentare oder Aussagen, welchen Inhalts auch immer, abgegeben werden.“
Die Düsseldorfer Feuerwehr hatte die Durchsage in einer Stellungnahme am Donnerstagabend ebenfalls kritisiert, den Urheber aber auch in Schutz genommen: „Es kann sich hierbei um eine Reaktion aus einer sehr belastenden Situation heraus gehandelt haben: Die Mitarbeitenden des Rettungsdienstes erleben die Pandemie nun seit mehr als zwölf Monaten hautnah mit.“Die
Frage nach dienstrechtlichen Konsequenzen habe man dem DRK als Arbeitgeber überlassen.
Bei Twitter zeigten sich derweil viele Menschen mit der Aussage des DRK-Mitarbeiters solidarisch. Der Hashtag #IhrSeidDochSpinner war mit mehr als 8000 Erwähnungen einer der meistbenutzten am Freitag. Es gibt Kritik an dem Verhalten des Mannes, aber auch viel Lob und Solidaritätsbekundungen. Manche verweisen auch darauf, dass bei den Demonstrationen der „Corona-Rebellen“und der „Querdenker“teilweise ein sehr harter Ton gegen politische Gegner gepflegt wird – dagegen sei die Äußerung aus Düsseldorf recht harmlos.
Justiziar Eckhard Schwill von der Gewerkschaft Komba, zuständig für den Fachbereich Feuerwehr und Rettungsdienst, hatte am Freitagmorgen auf Anfrage unserer Redaktion gesagt, er sehe in dem Spruch eine „persönliche Meinungsäußerung eines Beschäftigten aus dem Affekt heraus, die toleriert werden muss“. Arbeitsrechtlich liege keine Verfehlung oder Verletzung vor – zu diesem Urteil kam offenbar auch das DRK. Dass die Meinung über den Lautsprecher des Rettungswagens abgegeben wurde, sei jedoch „grenzwertig und unglücklich gewählt“gewesen.
Schwill zeigt Verständnis für den Mann: „Tagtäglich erleben die Mitarbeiter im Rettungsdienst, wie Menschen wegen Corona um ihr Leben kämpfen. Dann kann vielleicht so ein Satz aus dem Affekt herausrutschen, wenn man eine Gruppe sieht, die seit Monaten die Vorschriften missachtet.“