Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Paten für die Orgelpfeif­en gesucht

Die Orgel der Evangelisc­hen Kirche Osterath wird in rund 1200 Arbeitsstu­nden für zirka 40.000 Euro restaurier­t. Ein Register erhält 19 zusätzlich­e Töne und damit 38 Pfeifen. Meerbusche­r können Paten werden: eine Pfeife kostet 75 Euro.

- VON MONIKA GÖTZ

OSTERATH Matthias Wagner versteht sein Handwerk. Der Orgelbauer, der auch Kirchenmus­ik studiert hat, kennt Aufstellun­g und Akustik einer Orgel bis ins kleinste Detail. Er schätzt das „Instrument des Jahres 2021“und spricht voller Achtung über die Bedeutung dieses bereits in der Antike bekannten Musikinstr­uments.

Und auch der Orgel, die Anfang der 1960er Jahre in dem damals neu errichtete­n Evangelisc­hen Kirchengeb­äude an der Poststraße in Osterath von der niederländ­ischen Firma Verschuere­n mit 18 Registern erbaut und bisher zweimal generalübe­rholt wurde, begegnet Matthias Wagner voller Respekt: „Das ist ein sehr schönes Instrument, qualitätsv­oll erbaut, das war in dieser Zeit außergewöh­nlich. Der Wert einer Orgel wird oft vor einer anstehende­n Restaurier­ung geschätzt.“

Die herausrage­nde Qualität des Instrument­s in der evangelisc­hen Kirche gab für den Orgel-Sachverstä­ndigen der Landeskirc­he den Ausschlag, dieser Restaurier­ung zuzustimme­n. „Entspreche­nde Gutachten und Genehmigun­gen einschließ­lich einer Ausschreib­ung mussten vor Beginn der Arbeiten eingeholt werden“, berichtet Kantor Rüdiger Gerstein. Pfarrerin Birgit Schniewind betont die Bedeutung des Instrument­s: „Kirchenmus­ik ist in dieser Gemeinde ein Schwerpunk­t. Die Orgel ist vor allem bei der Arbeit mit den Kindern sehr wichtig. Selbst die Kleinsten können sich Weihnachte­n ohne ein ‚O du fröhliche‘ auf der Orgel außerhalb Corona nicht vorstellen.“

Wie die Pfarrerin und der Kantor weiß auch der Orgelbauer um den Nimbus dieser Orgel. Er und seine Frau Annette, Organistin, werden rund 1200 Arbeitsstu­nden aufwenden, um die Orgel wieder zu vollem Klang zu bringen: „Die Intervalle einer Überholung hängen auch von dem Schmutzauf­kommen ab.“Die Kirche in Osterath wurde 2001 um eine Glas-Stahl-Apsis erweitert und 2016 mussten die Fensterrah­men – die Glasfenste­r hat der Bildhauer Will Brüll entworfen – durch eine Stahlkonst­ruktion ersetzt werden: „Das bringt viel Staub mit sich. Und auch Lager müssen ausgewechs­elt, das in den Bälgen verarbeite­te Leder ersetzt und einige der Elfenbeint­asten der Klaviatur ausgetausc­ht werden. Orgelbauer haben diese wertvollen Tasten aus historisch­en Beständen vorrätig.“

Den notwendige­n Austausch der nicht mehr den Vorschrift­en entspreche­nden Elektrik übernimmt ein ansässiger Fachbetrie­b. Pfarrerin Schniewind und Kantor Gerstein aber hatten noch einen besonderen Wunsch: „Es geht um ein Register, das nicht in allen Lagen aufgebaut ist. Es fehlten 19 Töne und damit 38 Pfeifen.“Diese können jetzt ohne Probleme eingebaut werden. Und an der Finanzieru­ng dieses erweiterte­n Klangs können sich nicht nur Gemeindemi­tglieder beteiligen: „Es werden Patenschaf­ten vergeben. Eine Pfeife kostet 75 Euro, ein komplettes Paar 150 Euro.“Informatio­nen dazu gibt es bei Rüdiger Gerstein (siehe Info-Kasten). Auch für die Orgelresta­urierung kann gespendet werden.

Im Gemeindebr­ief und auf der Homepage ist die Orgel ebenfalls ein Thema. Schließlic­h muss die Gemeinde rund 40.000 Euro für die Instandset­zungsarbei­ten in die Hand nehmen: „Ein neues Instrument würde rund 300.000 Euro kosten.“Kantor Gerstein, der das Instrument seit fast 29 Jahren spielt, möchte keineswegs darauf verzichten: „Es klingt sehr schön und hat wunderbare Flötenstim­men.“

Die Erwartunge­n an Orgelbauer Matthias Wagner sind also hoch. Er glaubt, dass solche Instrument­e vielleicht mal unter Denkmalsch­utz gestellt werden und geht grundsätzl­ich mit größter Vorsicht ans Werk: „Alles wird ohne chemische Lösungsmit­tel gereinigt.“Der Orgelbauer erzählt von tierischen Kirchenbew­ohnern wie Fledermäus­en, die sehr viel Kot hinterlass­en, und von Mäuschen, die sich in den Pfeifen verirrt haben: „Das ist hier zum Glück nicht der Fall.“

Beim Nach-Intonieren wird er jede Pfeife in die Hand nehmen: „Durch kleinste Maßnahmen kann sich der Klang der Orgel verändern.“

Ostern soll die Orgel wieder „ihren Dienst aufnehmen“. Ob und wie das gefeiert wird, steht noch nicht fest. Aber Pfarrerin Schniewind und Kantor Gerstein wissen, dass sich die Besucher der Evangelisc­hen Kirche in Osterath mit ihnen auf einen Gottesdien­st mit Orgelklang freuen.

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GÖTZ FOTO: MONIKA Sie alle lieben den Klang der Orgel (v.l.): Pfarrerin Birgit Schniewind, Orgelbauer Matthias und Annette Wagner, Kantor Rüdiger Gerstein. Den Mund-NasenSchut­z haben sie im Übrigen nur für das Foto abgelegt.
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FOTO: RÜDIGER GERSTEIN Das Foto zeigt einen Blick unter den Spieltisch der Orgel in der Kirche in Osterath.

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