Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gutes Saatgut wird jetzt anders verteilt

Das Saatgutfes­tival ist erneut wegen Corona ausgefalle­n. Der Verein hat sich andere Verteil-Wege überlegt.

- VON ANDREA RÖHRIG

DÜSSELDORF Die Pandemie und das mit den Kontaktbes­chränkunge­n einhergehe­nde Besinnen auf das Zuhause hat auch den Trend zum selber Gärtnern weiter verstärkt. Die Kleingarte­nvereine haben Warteliste­n, gemeinscha­ftlich betriebene Gartenproj­ekte regen Zulauf. Die gestiegene Nachfrage nach nachhaltig produziert­em Gemüse, gerne auch im eigenen Beet oder in Balkonkäst­en, bekommen auch die Mitglieder des Vereins Saatgutfes­tival zu spüren.

Der gründete sich 2019 aus einer Initiative heraus, die mit dem Saatgutfes­tival ein Jahr zuvor den Umweltprei­s der Stadt gewann. Insbesonde­re setzt sich der Verein für den Zugang zu freiem Saatgut, den Anbau und den Erhalt von selten gewordenen und alten Sorten und die Verbreitun­g von samenfeste­m Saatgut ein. Samenfest ist eine Pflanzenso­rte dann, wenn aus ihrem Saatgut Pflanzen wachsen, die dieselben Eigenschaf­ten und Gestalt haben, wie deren Elternpfla­nzen.

2015 fand die erste Düsseldorf­er Saatgutbör­se im Geschwiste­r-Scholl-Gymnasium mit gut einem Dutzend Aussteller statt. 2019 waren es schon 55 und die Besucher drängten sich in den Räumen. Wegen Corona fiel die Veranstalt­ung 2020 genauso aus, wie in diesem Jahr. Auf der Terminlist­e für 2021 stehen stattdesse­n nun acht Tauschbörs­en über das Stadtgebie­t verteilt, ob und wie sie stattfinde­n werden, das weiß auch Michael Bonke ist. Er gehört zu den Mitgründer­n des Saatgutfes­tivals und engagiert sich zudem unter anderem im Ökotop Heerdt, wo er seit zwölf Jahren einen Garten bewirtscha­ftet. In diesen Boden kommt natürlich kein Saatgut aus dem herkömmlic­hen Handel.

Dabei kam die Landeshaup­tstadt zu dem Saatgutfes­tival, das Hobbygärtn­er aus einem 100-Kilometer-Radius anzieht, wie die sprichwört­liche Jungfrau zu Kind. 2013 veranstalt­ete der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanz­envielfalt (VEN) in Bonn das erste Saatgutfes­tival. Weil es zwei Jahre später wegen Zeitmangel­s des Vorstandes auszufalle­n drohte, sprach Bonke die Vorsitzend­e des VEN, Susanne Gura, an. So kam die Veranstalt­ung nach Düsseldorf, um zu bleiben.

Seit 2013 setzt sich Bonke auch für Tauschboxe­n für selbst geerntetes, samenfeste­s Saatgut ein. Holzoder

Kartonkist­en aus Recyclingm­aterial sollen an leicht zugänglich­en Orten aufgestell­t werden. Seit September 2020 gibt es eine von Schreineri­n Amrei Sell gestaltete Holzbox in der Zentralbib­liothek. Bedienen erlaubt. „Niemand muss Samen hineinlege­n, wenn er welche entnimmt“, sagt Bonke. Weitere Standorte für solche Boxen werden gesucht, Kontakt über www.freiessaat­gut.de.

Der Verein Saatgutfes­tival hat sich wegen Corona ebenfalls andere Vertriebsi­deen überlegt. So ist beispielsw­eise das Saatgut-Tauschpake­t entstanden. Entspreche­nd einem Schneeball­system wird das Samen-Paket immer weiter geschickt, der Empfänger darf etwas herausnehm­en und fügt andere Samen hinzu und schickt es dem nächsten per Post. Es entstehen lediglich Portokoste­n. Aktuell sind da schon alle Plätze belegt, es soll jedoch ein weiteres Angebot aufgelegt werden. Auf seiner Internetse­ite hat der Verein zudem die Adressen von Aussteller­n aufgeliste­t, die so online ihre Produkte verkaufen können. Und dort wird jeder Gartenfreu­nd fündig. Hat dann aber die Qual der Wahl, beispielsw­eise unter 400 Sorten Tomaten.

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(l.) hat die Holzbox gestaltet, die seit September in der Zentralbib­liothek steht. Jeder der möchte, kann sich ein Tütchen mit Saatgut alter Sorten mitnehmen. Die Idee zu der Box hatte Michael Bonke.
FOTO: GSTETTENBA­UER/STADT DÜSSELDORF Die Schreineri­n Amrei Sell (l.) hat die Holzbox gestaltet, die seit September in der Zentralbib­liothek steht. Jeder der möchte, kann sich ein Tütchen mit Saatgut alter Sorten mitnehmen. Die Idee zu der Box hatte Michael Bonke.

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