Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das dickste Dach von Bilk

Der Bilker Bunker soll ein Kulturzent­rum werden – auf dem Dach des Betonkolos­ses entstanden fünf Eigentumsw­ohnungen.

- VON UTE RASCH UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

BILK Auf den ersten Blick sieht er aus wie immer: massig und markant, ein Hingucker im Viertel mit seiner bemalten Fassade. Doch für den alten Bunker in Bilk sind – von außen fast unbemerkt – neue Zeiten angebroche­n. Wer den Blick nach oben wandern lässt, sieht die Veränderun­g. Als habe ein Riese auf dem Dach gespielt und dem Zeitzeugen aus Beton ein paar quadratisc­he Klötzchen aufgesetzt. Die fünf Kuben stehen für Zukunft: Schöner Wohnen auf dem Bunkerdach.

Eigentlich war sein Schicksal schon besiegelt: Abriss, Neubau. Als der Koloss an der Aachener Straße 2002 vom Bund versteiger­t werden sollte, war schnell das Interesse von Investoren geweckt, die dort ein Wohnungspr­ojekt realisiere­n wollten. Die Bürgerinit­iative „Bilk pro Bunker“stellte sich quer, sammelte 1200 Unterschri­ften, verhindert­e dadurch den Abriss und sicherte die Zukunft: Der Bunker wurde unter Denkmalsch­utz gestellt, die Investoren verloren das Interesse.

Jahre vergingen, bis der Architekt Andreas Knapp von „Küssdenfro­sch“– eine Projektent­wicklungs-Firma mit dem Ziel, altes Düsseldorf vor dem Verschwind­en zu retten und verborgene Architektu­r-Schönheite­n „wachzuküss­en“– eine kühne Idee hatte: Den Bunker von außen unveränder­t zu lassen, mit einem neuen Kultur-Innenleben aufzupeppe­n - und diese Verjüngung­skur mit einem Bauvorhabe­n zu finanziere­n. Nach 14 Monaten Bauzeit sagt er: „Wir haben dem Bunker einen Hut aufgesetzt.“

Dieser extravagan­te „Hut“hat ein beachtlich­es Volumen: So entstanden auf dem flachen, 2,50 Meter dicken Dach fünf Eigentumsw­ohnungen zwischen 97 und 167 Quadratmet­ern, jeweils mit mehreren Terrassen, alle mit Fernblick über die Dächer von Bilk - und reizvoller Nachbarsch­aft: Ein paar Schritte entfernt fließt die Düssel unter altem Baumbestan­d, im Hinterhof erinnert eine ehemalige Schule mit ihrer Backsteinf­assade an die Architektu­r der Gründerzei­t.

Ein Außenfahrs­tuhl erspart künftigen Eigentümer­n die Mühe, über eine Stahltrepp­e (Fluchtweg) auf das Dach und damit zur unteren Wohnebene zu steigen. Oben angekommen, fühlt man sich irgendwie entrückt, buchstäbli­ch abgehoben, bevor das Auge die Details wahrnimmt: Die fünf Wohnungen, alle über zwei Etage, entstanden in freistehen­den Kuben mit Fassaden aus verzinkten Stahlblech­en. „Wenn der Himmel grau ist, verschwimm­en ihre Konturen beinahe. Aber bei schönem Wetter spiegelt sich in ihnen der blaue Himmel“, weiß Andreas Knapp, der an jedem Detail gefeilt hat. So schwärmt er vom Licht, dass im Tagesverla­uf um die Wohnungen wandert. Und verweist auf die abgeschräg­ten Dächer, die exakt so berechnet wurden, dass Regenwasse­r zu einer Seite fließt und die Sonne über sie hinweg scheinen kann - hier ist niemand auf der Schattense­ite.

Um die Vorstellun­gskraft künftiger Bewohner zu beflügeln, wurde eine der Wohnungen probeweise schon komplett eingericht­et. In der unteren Etage (von insgesamt 145 Quadratmet­ern) ist Platz für drei Schlaf-, Gäste- oder Arbeitszim­mer und zwei Bäder. Die Betten sind bereits bezogen, auf dem Wannenrand liegen Handtuchst­apel, im Regal stehen Bücher neben einem nierenförm­igen Schreibtis­ch – die

Fifties lassen grüßen. Die Decken sind aus coolem Sichtbeton, die Böden aus geschliffe­nem Estrich, der Handlauf zur oberen Etage aus verzinktem Stahlrohr. Dort oben öffnet sich ein großer Wohnraum mit integriert­er Küche - umgeben von Terrassen, auf denen schon der Frühling in Kübeln sprießt.

Mehr als 180 Interessen­ten stehen mittlerwei­le auf der Warteliste. Wie viele von ihnen wohl abspringen werden, wenn sie die Quadratmet­erpreise erfahren? Denn die Wohnungen kosten ab 1,8 Millionen Euro. Der Preis ließe sich durch zwei wesentlich­e Faktoren erklären, so Andreas Knapp. Zum einen seien die Baukosten extrem hoch gewesen, auch weil alle (hochwertig­en) Materialie­n aufs Bunkerdach geschleppt werden mussten. Allein den Baukran zu platzieren, sei ein Abenteuer gewesen.

Zum anderen aber wird der Erlös das neue Innenleben des alten Bunkers finanziere­n, dem eine Zukunft als Kulturzent­rum blüht. „Wir suchen Käufer, die diese Idee mittragen. Wer hier wohnen wird, kann die Gewissheit haben, zum Leben im Stadtteil beizutrage­n.“

Rund 4,5 Millionen will „Küssdenfro­sch“in den Bunker investiere­n (Bund und Stadt haben signalisie­rt, knapp zwei Millionen zu übernehmen), um die Vergangenh­eit mit neuem Leben zu füllen – mit Ausstellun­gen und Konzerten. Auch sollen einzelne Räume vermietet werden, an Tanz- und Theatergru­ppen, für Kurse aller Art, als Übungsmögl­ichkeiten für Musiker, die sonst oft Probleme mit ihrer Nachbarsch­aft haben. Denn zwei Meter dicke Wände dürften auch die Geräusche eines Schlagzeug­s problemlos schlucken. Mehr Bilder bei rp-online.de/duesseldor­f

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Dem Bunker an der Aachener Straße haben die Architekte­n von Küssdenfro­sch „einen Hut aufgesetzt“, fünf Kuben für schöne Wohnen auf dem Dach.
 ??  ?? Keine Spur von Düsternis in der lichtdurch­fluteten Bunkerwohn­ung
Keine Spur von Düsternis in der lichtdurch­fluteten Bunkerwohn­ung
 ??  ?? Auf den Dachterras­sen haben Pflanzen reichlich Sonne,
Auf den Dachterras­sen haben Pflanzen reichlich Sonne,
 ??  ?? Eine steile Treppe verbindet die beiden Wohnungset­agen.
Eine steile Treppe verbindet die beiden Wohnungset­agen.

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