Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Geschäfte dürfen vorerst weiter öffnen
Einzelhändler in Büderich waren am Wochenende verunsichert, ob sie am Montag wieder Kunden empfangen dürfen. In Meerbusch gilt: So lange die Sieben-Tage-Inzidenz im Rhein-Kreis-Neuss unter 100 liegt, bleibt alles wie gehabt.
BÜDERICH Das Telefon von Stephan Benninghoven stand in den vergangenen Tagen nicht still. Zahlreiche Einzelhändler riefen Meerbuschs Wirtschaftsförderer an, um sich zu erkundigen, wie es denn nun für sie weitergehe. „Da die neue Corona-Schutzverordnung noch nicht vorlag, musste ich die Leute zu meinem eigenen Bedauern erst einmal vertrösten“, berichtet Benninghoven. Erst als das Land NRW die neue Verordnung am Freitagmittag endlich veröffentlichte, war klar: Trotz der bundesweiten Verschärfungen dürfen die Einzelhändler in Meerbusch weiterhin zum Terminshopping öffnen.
Diese Regelung gilt, weil die Sieben-Tage-Inzidenz im Rhein-KreisNeuss momentan unter dem kritischen Wert von 100 liegt. Steigt der Wert an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf über 100, tritt die Notbremse in Kraft. Dann gäbe es zwei Szenarien: Entweder müssen alle Kunden einen tagesaktuellen negativen Schnelltest vorlegen oder die Geschäfte müssen wieder komplett schließen. Bei den Einzelhändlern sorgt das undurchsichtige Prozedere für Kopfschütteln.
„Bei diesem Hin und Her blickt doch niemand mehr durch. Es zehrt sowohl an meinen Kräften als auch an denen meiner Kunden“, sagt Rafaela Aziz, Inhaberin von Campus Damenmoden. Ebenso wie alle übrigen Einzelhändler hatte sie vor drei Wochen ihren Laden an der Dorfstraße in Büderich wieder öffnen dürfen. Nun sah alles danach aus, dass das damit vorerst wieder Schluss ist. Stammkundin Gudrun Jeude hatte deshalb am Wochenende extra noch einen Termin vereinbart, um die vermeintlich letzte Möglichkeit des Terminshoppings zu nutzen. „Ich bin Büdericherin und stehe zu meiner Heimat. Daher ist es für mich selbstverständlich, die Einzelhändler im Ort zu unterstützen“, sagt Jeude. Für das ständige „Auf-zu-Auf-zu“hat sie wenig Verständnis: „Dieser Laden hier ist beispielsweise so klein, dass wir ohnehin nur mit zwei Personen gleichzeitig rein dürfen. Da beide eine Maske tragen, ist das Risiko einer Ansteckung wesentlich geringer als in einem vollen Supermarkt.“
Nebenan, im Gente Fashion Room, nahm man die Entscheidung, weiter öffnen zu dürfen, glücklich, aber mit einer gewissen Verwunderung auf. „Für die Kunden ist das alles ein ziemliches Chaos. Während in anderen Städten alles geschlossen ist, darf in Meerbusch alles auf bleiben“, sagt Verkäuferin Gisela Tolksdorf. „Dennoch freuen wir uns natürlich und drücken jetzt die Daumen, dass die Inzidenzwerte möglichst nicht steigen.“Jutta Schaller, Shopleiterin im Modegeschäft Prange, war gerade dabei, die Schilder neu zu beschriften, die über die erneute Schließung informieren sollten, als sie erfuhr, dass das gar nicht mehr notwendig war. „Ich war sehr überrascht über diese Entscheidung“,
sagt Schaller. Sie hatte ihren Mitarbeiterinnen bereits mitgeteilt, dass sie ab Montag nicht kommen müssten. Dann gab es kurzerhand die Rolle rückwärts. „Planungssicherheit sieht anders aus, aber wir halten unsere Fahne weiter hoch und machen das Beste aus der Situation“,
sagt Schaller. Sie hatte befürchtet, dass sie das Ostergeschäft verpassen und so auf einem großen Teil der frisch eingetroffenen Sommerware sitzen bleiben würde. „Gerade jetzt, wo das Wetter besser wird und die Leute ferienbedingt mehr Zeit haben, haben sie Lust, wieder rauszugehen. Da wäre es sehr bitter gewesen, schon wieder schließen zu müssen.“
Spielzeughändler Alexander Mous nahm die neue Schutzverordnung mit einem gequälten Schmunzeln hin. „In der aktuellen Situation muss man mit allem rechnen“, sagte er. Grundsätzlich befürworte er die weitere Öffnung, die Entschlüsse der Bundesregierung und Ministerpräsidenten gingen jedoch an der Realität vorbei. „Ich habe sieben Mitarbeiter, die ich in Schichten einteilen muss. Wie soll das aber gehen, wenn ich nicht weiß, ob ich in ein paar Tagen noch öffnen darf oder nicht?“, fragt Mous. Jedoch hätten ihm die vergangenen drei Wochen etwas neue Kraft gegeben. „Wenn man sieht, wie glücklich manche Kinder aus dem Laden gehen, dann ist das den ganze Ärger und die Mühen wert.“