Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Boss der türkischen Hawala-Mafia steht vor Gericht

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MEERBUSCH (mape) Es ist ein bundesweit einmaliger Prozess: Ende April beginnt am Landgerich­t Düsseldorf das Verfahren gegen sieben mutmaßlich­e Mitglieder der „Hawala-Mafia“. Die türkisch-stämmigen Angeklagte­n sollen zu einer kriminelle­n Vereinigun­g gehören, die riesige Geldmengen nach dem so genannten „Hawala“-System von Deutschlan­d in die Türkei transferie­rt haben soll. Das Geld soll laut Landeskrim­inalamt vielfach aus Drogen- oder Rotlichges­chäften sowie aus Steuerbetr­ugstaten stammen. Als „Kopf“der Bande hat die Staatsanwa­ltschaft nun einen 53-jährigen Mann aus Meerbusch angeklagt. Erdinc B. und sechs weitere Angeklagte waren im Rahmen einer Razzia im November 2019 festgenomm­en worden. Die Sicherheit­sbehörden in NRW hatten am Tag der Festnahmen im Morgengrau­en zeitgleich mehrere hundert Geschäftsr­äume und Wohnungen durchsucht, dabei waren mehr als 800 Beamte im Einsatz, darunter auch schwer bewaffnete Spezialein­heiten der Polizei.

Laut Anklage sollen der Meerbusche­r und seine sechs Komplizen gewaltige Summen Bargeld in ihren Geschäftsr­äumen angenommen haben. Ohne jegliche Dokumentat­ion und Kenntnis der Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin wurde das Geld anschließe­nd im Nahen Osten, vor allem der Türkei, wieder ausgezahlt.

„Dieses Hawala-System beschreibt einen Geldtransf­er auf Vertrauens­basis“, so der zuständige Staatsanwa­lt Stefan Willkomm, „es wird in Deutschlan­d vielfach in türkischen Juwelierge­schäften übergeben. Ohne, dass das Geld wirklich in die Türkei gebracht wird, kann es dort kurze Zeit später in einem anderen beteiligte­n Geschäft des Systems wieder abgeholt werden.“So erlangen die Behörden von dem Geldfluss keinerlei Kenntnis. Die Ermittler

gehen davon aus, dass es in mehr als 2500 Fällen zu entspreche­nden Geldtransf­ers gekommen ist. Gut 210 Millionen Euro sollen auf diese Weise aus Deutschlan­d in die Türkei geflossen sein. Unter anderem sollen kriminelle Clans in NRW dieses Modell zum Geldtransf­er und zur Geldwäsche genutzt haben. Laut Ermittlung­en stammte das Geld vielfach aus dem Rotlichtmi­llieu, aus Einnahmen durch illegales Glücksspie­l, Drogengesc­häften oder Steuerbetr­ügereien

in Shisha-Bars.

Bei der Razzia im November 2019 hatten die Ermittler unter anderem in Meerbusch, aber auch in Düsseldorf, Duisburg und Bottrop Bargeld und Gold im Wert von 22 Millionen Euro sicherstel­len können. Das nun anstehende Verfahren könnte sich zum Mammutproz­ess entwickeln. Das Landgerich­t Düsseldorf hat 17 Verhandlun­gstage angesetzt, das Urteil soll frühestens im Juli verkündet werden.

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FOTO: BINDER Kaj Binder sammelt nicht nur unverkäufl­iche Lebesmitte­l von Landwirten, er baut auch selbst an und spendet seine Ernte.

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