Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Der Monat der Wahrheit für Allofs
Fortuna Düsseldorf steht vor wegweisenden Wochen – und der Vorstand spielt eine gewichtige Rolle. Es geht um die Entwicklung des Klubs.
DÜSSELDORF Klaus Allofs hat die Gabe, selbst mit einem Lächeln „Nein“sagen zu können. Bestimmt. Aber immer freundlich. Der 64-Jährige ist seit September zurück bei seinem Verein. Seither war er in ganz verschiedenen Rollen für Fortuna Düsseldorf tätig. Bislang konnte er ganz gut vermeiden, sich entschieden zu positionieren. Er war oft irgendwo dazwischen. Doch der Mai ist der Monat der Wahrheit für den Klub, aber auch für den Funktionär – er wird seine Karten auf den Tisch legen müssen.
Denn es stehen gleich eine Reihe von richtungweisenden Entscheidungen an. Niemand wird ernsthaft den Versuch unternehmen können, die aufgetretenen Baustellen in die Sommerpause zu moderieren. Es war möglich, ein paar Unruheherde etwas leiser zu stellen, der Lautstärkepegel wird aber ansteigen, sobald die Saison für Fortuna de facto beendet sein wird. Vielleicht ist das schon am Sonntag im Heimspiel gegen Erzgebirge Aue der Fall, wenn es nicht zu einem Sieg reicht oder die Spielvereinigung Greuther Fürth mindestens einen Punkt holt. In beiden Fällen müsste man dann die ohnehin nur noch minimale Rest-Hoffnung begraben.
Hinter den Kulissen hat Allofs freilich schon seit Monaten an seinen Ideen für die Zukunft gefeilt – im Team, aber auch auf sein eigenes Ticket. Er hält die Zügel fest in der eigenen Hand, es obliegt ihm, die Signale zu senden, wie er weiter arbeiten möchte. Er selbst dürfte in den vergangenen Wochen erkannt haben, dass es in der Konstellation unter Thomas Röttgermann als Vorstandschef nicht vermittelbar sein wird. Röttgermann hat sich durch wiederholt ungeschickte Äußerungen ins Abseits katapultiert.
Ein Umbau des Vorstands war eigentlich erst für 2022 geplant, doch Aufsichtsratschef Björn Borgerding wird keine Sekunde zögern – wenn er das Signal von Allofs bekommt – schon früher zu handeln. Dabei geht es weniger darum, Röttgermann abzusägen. Es geht vielmehr darum, für sich zu entschieden, wie viel Verantwortung in die persönliche Lebensplanung von Allofs passt. Denn schon jetzt nimmt der Vorstandsjob deutlich mehr Raum ein, als Allofs ursprünglich kalkuliert hatte. Allofs ist Außen-, Innen-, Verteidigungsminister und Kanzler in Personalunion. „Lasst das mal den Klaus machen, denn der Klaus macht das gut“, ist ein Satz, den man so oder ähnlich im Umfeld von Fortuna hört.
Doch will er das überhaupt? Will er noch einmal bedingungslos an der Spitze eines ambitionierten Projektes stehen? So wie bei Werder Bremen oder zuletzt beim VfL Wolfsburg? Allofs hätte ohne Probleme schon bei seiner Inthronisierung im September vergangenes Jahres an die Spitze rücken können – entsprechende Bestrebungen gab es auch. Doch Allofs zögerte. Auch aus Verbundenheit gegenüber seinem alten Weggefährten Röttgermann, aber vor allem, weil er erst einmal wieder ins Geschäft schnuppern wollte. Mehr Zeit mit seiner
Frau, wieder mehr Treffen mit seinem Bruder Thomas – Dinge, die nun wieder hinten anstehen müssen.
Allofs ist gefragt. Allofs muss entscheiden. Er wird natürlich öffentlich nicht einmal den Anschein erwecken wollen, als eine Art Alleinherrscher über den Dingen zu schweben. Aber er ist eben in diesem Vorstand nicht einer unter vielen. Er ist Klaus Allofs. Die Blicke werden also stets auf ihn gerichtet sein – im Erfolg, aber und vor allem auch bei Rückschlägen. Er kennt die Mechanismen der Branche nur zu gut.
Das gilt zuvorderst für seine eigene Person. Aber natürlich auch für zentrale Personalien im Verein. Die drängendste: Wer wird neuer Trainer? Hält er an Uwe Rösler fest oder entscheidet er sich für einen Neuanfang? Allofs hat lange Rösler das Vertrauen ausgesprochen, vieles spricht nun aber dafür, dass er für die neue Saison einen Trainer installiert, der hundertprozentig seinen Vorstellungen entspricht. Rösler hatte er schließlich „nur“übernommen und man sieht schon, dass es gehörige Unterschiede in der Interpretation des Spiels zwischen beiden gibt. Bei allen Beteuerungen gegenseitiger Wertschätzung.
Und auch beim Kader konnte er nur leichtere Einflüsse nehmen. Sportvorstand Uwe Klein hat bislang die Zusammenstellung alleine verantwortet und das durchaus beachtliche Kunststück fertiggebracht, 16 offene Planstellen so neu zu besetzen, dass die Saison nicht in einem Desaster endete. Freilich gibt es noch einige Zonen, auf den denen nachgeschärft werden muss. Allofs wird zwangsläufig auch darauf Einfluss nehmen.
Gleichwohl ist er geschickt genug, auch seinen Vorstandskollegen genug Raum zu geben. Mit seiner Erfahrung braucht er nicht mehr den größten Applaus, weil er ganz oben steht. Es geht ihm nicht um den Titel. So pathetisch es klingt, er will noch einmal etwas im deutschen Fußball bewirken. Er selbst entscheidet, wie groß die Bühne für ihn wird.