Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Biker frischen Erste-Hilfe-Kenntnisse auf

Darf man einem verunglück­ten Motorradfa­hrer den Helm abziehen? Dieser und anderen Fragen rund um das richtige Verhalten nach Unfällen gingen 20 Biker in einem DRK-Kursus nach. Die Auffrischu­ng des Wissens passiert eher selten.

- VON CHRISTOPH BAUMEISTER RP-FOTO: CBA

MEERBUSCH 25.547 – so hoch ist die Zahl der Motorradfa­hrer, die nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts im vergangene­n Jahr auf Deutschlan­ds Straßen verunglück­t sind. Etwa ein Drittel davon wurde schwer verletzt, für 499 endete der Unfall gar tödlich. Wenn es kracht, können die Kenntnisse von Ersthelfer­n über Leben und Tod von Bikern entscheide­n. Bei vielen liegt der letzte Erste-Hilfe-Kursus jedoch etliche Jahre zurück. Deshalb entschloss sich der Motorradve­rein „Urban Bulldogs Against Kids Abuse“(UBAKA) Rheinland, dessen Mitglieder sich gegen Kindesmiss­brauch einsetzen, jetzt zu einer Auffrischu­ng. Der Büdericher Fred Bovensiepe­n alias „Fitti“vereinbart­e aus diesem Grund mit dem Ortsverein Meerbusch des Deutschen Roten Kreuz‘ (DRK) einen Termin. „Es ist selten, dass Motorradfa­hrer Ambitionen haben, sich nachbilden zu lassen. Deshalb war ich begeistert, dass die UBAKA auf uns zugekommen sind“, berichtet Stefan Nürnberg, selbst Biker und beim DRK-Kreisverba­nd Grevenbroi­ch Erste-Hilfe-Ausbilder.

Nach erfolgreic­her Abstimmung mit den Behörden, ob das Seminar trotz Corona stattfinde­n könne, konnte der 34-Jährige am Tag des 100. Geburtstag­s des Deutschen Roten Kreuz mehr als 20 Biker um sich versammeln. Nach einem einstündig­en Theoriepar­t an den DRK-Räumen in Büderich ging es für die Gruppe in den praktische­n Teil über. An drei verschiede­nen Haltepunkt­en in Lank-Latum, Strümp und Osterath zeigte Nürnberg auf, was in einem Notfall zu beachten ist.

Dabei klärte der Erste-Hilfe-Ausbilder

über den immer noch weit verbreitet­en Mythos auf, dass man einem verunglück­ten Motorradfa­hrer den Helm nicht abnehmen solle. Genau das Gegenteil ist richtig, denn bewusstlos­e Unfallopfe­r schweben in akuter Lebensgefa­hr, da die erschlafft­e Zunge die Atemwege blockieren kann. Um diese freizumach­en, müsse der Kopf sanft nach hinten gebeugt und der Mund geöffnet werden, was mit Helm nicht möglich sei, so Nürnberg. Bei Abnehmen des Kopfschutz­es müsse jedoch äußerst vorsichtig vorgegange­n werden, sagte Nürnberg und demonstrie­rte den Prozess vor den interessie­rten Augen der Biker corona-konform an seiner Ehefrau. Im Anschluss sollte der Kopf des Motorradfa­hrers vorsichtig auf dem Boden abgelegt und die Atmung überprüft werden.

„Wenn ein Unfallfahr­er bewusstlos ist, aber selbststän­dig atmet, sollte er an einer sicheren Stelle in die stabile Seitenlage gebracht werden“, empfahl Nürnberg. Diese Position habe den Vorteil, dass Blut und Erbrochene­s abfließen können und die Atemwege frei bleiben. Setzt die Atmung hingegen komplett aus, besteht die Gefahr eines Kreislaufs­tillstande­s. Deshalb muss schnellstm­öglich gehandelt und unverzügli­ch die Herz-Lungen-Wiederbele­bung

eingeleite­t werden. „Beatmung und Herzdruckm­assage müssen im steten Wechsel erfolgen: Erst 30-mal drücken, dann zweimal beatmen“, erklärte Nürnberg und ergänzte: „Falls vorhanden ist die Zuhilfenah­me eines Defibrilla­tors sinnvoll. Er ersetzt die Herzdruckm­assage und Beatmung jedoch nicht.“

Doch nicht bei jedem Motorradun­fall geht es glückliche­rweise um Leben um Tod. Da es – anders als beim Pkw – keine Knautschzo­ne gibt, sind vor allem offene Wunden keine Seltenheit. Obwohl für Biker kein Erste-Hilfe-Set vorgeschri­eben ist, riet Nürnberg dazu, bei jeder Fahrt Dinge wie Wundauflag­en, Pflaster, ein Dreieckstu­ch und Verbandsze­ug dabei zu haben. Ebenso eigne sich das Einpacken einer Rettungsde­cke. „Sie nimmt kaum Platz weg und kann das Warndreiec­k ersetzen. So kann ich andere Verkehrste­ilnehmer trotzdem auf mich aufmerksam machen“, sagt Nürnberg.

Für die Mitglieder des Motorradve­rein UBAKA Rheinland hat sich die Teilnahme am DRK-Kursus allemal gelohnt. „Wir haben viel Neues gelernt, aber auch altes Wissen noch einmal aufgefrisc­ht. Jetzt können wir mit einem deutlich besseren Gefühl in die Motorradsa­ison starten“, so „Fitti“.

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Der Büdericher Fred Bovensiepe­n übt die Herzdruckm­assage unter Anleitung von Stefan Nürnberg, Erste-Hilfe-Ausbilder beim DRK-Kreisverba­nd.

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